Christianity Today:

David war kein kleiner Hirtenjunge

David wird beim Kampf gegen Goliat häufig fälschlicherweise als Kind dargestellt, sagt Alttestamentler Jordan Monson. Dadurch würden zwei wichtige Lektionen vernachlässigt.

Egal ob Kinderbibel oder in der Kunst: David wird beim Kampf gegen Goliat oft als kleiner Junge dargestellt. Siehe den David von Renaissancekünstler Andrea del Verrocchio oder von Donatello. Michelangelo präsentiert ihn dagegen als muskulösen Olympioniken. Wer liegt richtig?

Alles nur ein Missverständnis

Jordan K. Monson, Professor für Altes Testament an der Huntington Universität (USA), ist überzeugt: David war ein Mann, als er Goliat auf dem Schlachtfeld begegnete. Seine Argumente führt er in einem Artikel für das US-amerikanische Magazin Christianity Today aus. Die Schuld für das Missverständnis sieht er bei einem uneindeutigen hebräischen Wort und den daraus folgenden Übersetzungen. In 1.Samuel 17,32 sagt Saul zu David: „Du kannst nicht hingehen zu diesem Philister, mit ihm zu kämpfen; denn du bist ein Knabe, dieser aber ist ein Kriegsmann von Jugend auf.“ Im Hebräischen steht dort anstatt „Knabe“ „na’ar“. Dieses Wort kann sich laut Monson „auf einen Teenager, einen Jungen oder sogar einen kleinen Jungen im Mutterleib beziehen. Oder auf einen (unverheirateten) kriegführenden General von Mitte 20, wie Absalom.“

Michelle E. Knight, Assistenzprofessorin für Altes Testament und Semitische Sprachen an der Trinity Evangelical Divinity School, schätzt David zum Zeitpunkt des Kampfes auf Anfang 20. Monson führt in seinem Artikel mehrere Gründe an, die für diese Sicht sprechen.

In 1.Samuel 16,18 heißt es: „Ich habe gesehen einen Sohn Isais, des Bethlehemiters, der ist des Saitenspiels kundig, ein tapferer Mann und tüchtig zum Kampf, verständig in seinen Reden und schön, und der HERR ist mit ihm.“ Hier ist von einem Mann und Kämpfer die Rede, nicht von einem kleinen Jungen. Der auch schon mit Bären und Löwen gekämpft hatte. Zudem wurde David mit 30 Jahren König. Es sei schwer zu argumentieren, dass zwischen dem Kampf mit Goliat und der Krönung mehr als zehn Jahre liegen, schreibt Monson.

David war fit wie ein Soldat

Ein weiterer Punkt: Die Front lag rund 24 Kilometer von Betlehem entfernt. David brachte im Auftrag seines Vaters etwa 20 Kilogramm Essen dorthin – und das rennend. Im Hebräischen steht laut Monson an dieser Stelle das Wort „rûṣ“, was „rennen“ bedeutet. Zum Vergleich: US-Soldaten tragen dieses Gewicht in einem langsamen Lauf für etwa 13 Kilometer.

Saul hätte außerdem niemals ein Kind für sich kämpfen lassen, meint Monson. Das wäre eine Schande gewesen. Saul übe auch keinerlei Kritik an Davids Statur, sondern einzig und allein an seiner fehlenden Kampferfahrung (1.Samuel 17,33 ff.). Warum hätte Saul ein Kind seine Rüstung anprobieren lassen sollen? Klar, dass die nicht passen würde. David legt in der Geschichte die Rüstung jedoch nicht ab, weil sie ihm nicht passt, sondern weil er es nicht gewohnt ist, sie zu tragen.

Inspiration, Warnung und die wichtigste Lektion

David war kein kleines Kind; er war“furchtlos, sportlich, charismatisch, attraktiv, wortgewandt, ein erwachsener Mann“, schreibt Monson. Diese Richtigstellung unseres David-Bildes verändert auch die Lehre, die aus dieser Geschichte gezogen werden kann: „Wenn wir uns nur an die Lesart ‚Gott kann jeden gebrauchen‘ von Davids Herkunftsgeschichte halten, feiern wir Gottes Erhöhung des Übersehenen und riskieren, Gottes klare Warnung an den Erhabenen zu übersehen: Das kann auch dir passieren.“ Jede große Frau und jeder großer Mann, die in der Kirche an die Macht kommt, sei „nur einen Spaziergang auf dem Dach von einem Absturz in David-Größe entfernt“ [siehe Batseba; Anm. d. Red.].

Gott erwählte und erwählt auch heute noch häufig die Talentierten und Außergewöhnlichen, um seine Leute zu leiten, schreibt Monson. „Aber wie wir immer wieder gesehen haben, sind solche Führungskräfte umso mehr der Versuchung ausgesetzt, zu vergessen, für wen sie arbeiten.“ Selbst die begabtesten Führungskräfte würden von der Sünde überwältigt werden – „vielleicht sogar besonders die begabtesten.“

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Neben der Inspiration und der Warnung gebe es noch eine dritte und wichtigste Lektion, meint Monson. Die alten Israeliten hätten sich in der Geschichte von David und Goliat laut Alttestamentler Matthew Patton nicht mit David identifiziert, sondern mit den zitternden israelitischen Soldaten. Auf uns übertragen bedeute das: Gott hat in Jesus einen neuen und besseren David für uns gesandt. „Er geht uns als unser Vorkämpfer voraus, und wir als Kirche sind aufgerufen, uns ihm anzuschließen.“

Link: „The Sheperd Boy Who Wasn’t“ (Christianity Today; Englisch)

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2 Kommentare

    • Hallo Ulrich,

      danke dir für den Hinweis. Das stimmt. Ich werde es im Text ergänzen.

      Liebe Grüße,
      Pascal vom JDE-Team

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