Das war einmal: Im Denken der jüngeren Generation kommt Gott nicht vor, glaubt der Theologe Jan Loffeld. Im Interview spricht er über den fehlenden Gottesbezug in der Gesellschaft und warum er sich eine heruntergekommene Kirche wünscht.
Herr Loffeld, Apa-Theismus ist einer Ihrer Schlüsselbegriffe, wenn Sie über die säkulare Gesellschaft sprechen. Was meinen Sie damit?
Jan Loffeld: Apatheisten sind Menschen, die gar keine Fragen mehr an Religion haben. Die also nicht nur die Kirche als Organisation nicht mehr als relevant empfinden, sondern sich auch den Botschaften, den Inhalten keine Bedeutung zumessen. Auch das Thema „Sünde“ spielt für sie überhaupt keine Rolle mehr. Der Begriff „Apatheismus“ kommt übrigens aus dem Angelsäschischen und wird auch vom tschechischen Theologen Tomáš Halík verwendet. Halík allerdings hat dies nicht weiter verfolgt, sondern sich dann eher den „Seekers“, den Suchenden zugewandt.
Das heißt in der Konsequenz: Wo kein Schuldbewusstsein mehr vorhanden ist, gibt es auch kein Erlösungsbedürfnis mehr?
Luther fragte im 16. Jahrhundert nach dem gnädigen Gott, das 20. Jahrhundert ist geprägt von der Frage nach der gnädigen Kirche. Und heute fragen die Menschen nach einem gnädigen Zugang zu sich selbst, zur eigenen Biografie, zum eigenen Körper oder zur Umwelt. Es geht nicht mehr um die vertikale Orientierung zwischen Mensch und Gott, sondern horizontal: der Mensch versöhnt sich mit sich selbst, und so weiter. Da ist vieles gut und richtig, aber es hat eben nichts mit Religion oder Gottvertrauen zu tun.
Wir sind so groß geworden, dass jedem Menschen die Sehnsucht nach Gott irgendwo innewohnt und dass wir diesen Punkt nur finden und berühren und entzünden müssen.
Da gibt es ja lange theologische Traditionen, Schleiermacher und Rahner nenne ich hier
mal stellvertretend. Und nein, wir können den Menschen nichts andrehen oder unterschieben, was nicht mehr da ist. Die Reaktionen auf mein Buch „Wenn nichts fehlt, wo Gott fehlt“ zeigen mir, dass viele das genauso erleben, wie ich es beschrieben habe. Das Buch ist ja nicht für den theologischen Universitätsdiskurs geschrieben, sondern für ganz normale Menschen, die in der Seelsorge tätig sind.
Wie reagieren die denn?
Sie bestätigen, dass sie diese Gottesvergessenheit in ihren Gesprächen so erleben. Übrigens in einem noch größeren Ausmaß als ich es erwartet habe. Sie haben aber Recht, wir sind in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch mit einem ganz anderen Paradigma groß geworden.
„Ich würde es so sagen: Jeder Mensch ist vielleicht gottesfähig, aber nicht jeder fühlt sich gottesbedürftig.“
Noch ein paar Jahrhunderte weiter zurück. Augustinus sagte: „Mein Herz ist unruhig, bis es Ruhe findet in dir.“ Das war einmal?
Zumindest stimmt es für viele Leute nicht mehr. Dass sie nicht mehr schlafen können, weil sie sich sündig fühlen oder von ihrer Schuld verfolgt werden. Ich würde es so sagen: Jeder Mensch ist vielleicht gottesfähig, aber nicht jeder fühlt sich gottesbedürftig.
Was heißt das konkret?
Ich arbeite ja in Holland, und da haben wir neue Theologie-Studenten, die sind ohne Gottesbezug erwachsen geworden. Die stellen jetzt als Studierende allerdings Fragen und wollen dazulernen, und wir merken: Da ist offenbar eine Art „Gottes-Gen“ aktiviert worden. Es ist eine große Freude, das zu sehen. Aber ich glaube nicht, dass es einen Automatismus gibt, dass das bei jedem Mensch so wäre, dass man nur den Schalter suchen muss.
Was sagen Sie jetzt denen, die sagen: Wir müssen einfach nur die Ärmel hochkrempeln, Strukturen verändern, Neuevangelisation betreiben … dann wird das schon?
Wir hätten es gerne so: Ich optimiere und dann kommt dies und das raus. Die 1:1 Rechnung geht nicht auf, weder in progressiver noch in konservativer Richtung. Das funktioniert auch gnadentheologisch nicht, den Gott entscheidet, wann er wirkt und wann nicht. Was ich für mich in diesen Diskussionen entdeckt habe: Es geht auch um Identität. Die Frage der Menschen ist heute nicht mehr, wie kann ich mich – etwa vom Glauben oder von der Kirche befreien, sondern: Wer bist du, wer willst du sein. Dort wo ich weiß, was ich bekomme, bleibe ich, docke ich an. Dort wo Menschen identisch und auch authentisch etwas in der Kirche verkörpern, finden manche Menschen auch heute noch eine Heimat.
Sie stellen den kirchlichen Aktivismus in Frage. Wie sind die Reaktionen darauf?
Auf Fortbildungen mit Seelsorgenden habe ich den Eindruck, dass die Anwesenden es ein wenig als Entlastung erfahren. Es ist für sie entlastend, wenn ich mit Zahlen und Fakten untermauere, was viele erleben und fühlen. Sie merken, sie haben erst mal nichts verkehrt gemacht. Nicht wir machen in erster Linie etwas falsch, sondern auch die Rahmenbedingungen haben sich geändert. Dies zu verdeutlich ist auch das Anliegen dieses Buches.
Wer war denn am kritischsten?
Die Optimierer, also diejenigen, die daran glauben, dass man vor allem die bestehenden Angebote optimieren muss. Denen gefällt meistens die Radikalität meines Ansatzes nicht wirklich. Wir sind uns einig in der Analyse. Aber was wir danach dann tun, da geht es ein wenig auseinander. Ich habe mich aber gefreut, dass der Ansatz sowohl von Theologinnen und Theologen sowie pastoralen Kolleginnen und Kollegen ernst genommen und diskutiert wird.
Zu Ihrem Ansatz gehört der Satz: Lernt es, neu Fragen zu stellen. Welche denn?
Wir müssen vor allem erst mal verstehen, welche Fragen die Leute um uns herum haben. Das Thema Altern wird heute ganz anders gesehen, wenn in der Vorstellung eben nicht mehr der Himmel auf mich wartet. Das Thema Post-Kolonialismus, verbunden mit der Frage von Schuld und Vergebung. Dieselben Fragen wie früher werden auf einer ganz anderen Perspektive betrachtet. Darin möchte ich wachsam dafür sein, wenn oder wo ein Gottes-Gen aufploppt und vielleicht auch wieder verschwindet.
Sie schreiben Religion wird „diverser, hybrider und pluraler“. Ist das ein Wunsch, dass es so werden möge oder die These, dass es schon so ist? Und was heißt das für eine ganz normale katholische, evangelische oder freikirchliche Gemeinde vor Ort?
Wir haben die Eindeutigkeit ein bisschen sehr hoch gehalten. Gerade wir Katholiken mit den Konzilien oder in der Moderne. Heute brauchen wir ein bisschen mehr Leben in der Grauzone, in der Uneindeutigkeit. Ich liebe das Gleichnis von Jesus, wo er sagt: Lass das Unkraut und den Weizen aufwachsen. Reiß nicht vorzeitig irgendwas raus, du könntest auch den Weizen rausziehen. Und vielleicht hängen die Wurzeln noch aneinander. Lass es erst mal wachsen.
„Ich habe keine bessere Hoffnung gefunden als die christliche. Ich bin aufgehoben, versöhnt.“
Grauzonen?
Ja, diese Graubereiche sollte man auch nicht heilig sprechen, aber sie sind nun mal da. Manche kommen zum Weihnachtsliedersingen, manche wollen nur den Segen haben – es ist alles nicht so eindeutig, wie wir es gerne hätten und idealisiert haben.
Sie schreiben, dass es keinen Grund zur Resignation gibt. Ich zitiere mal: „Es gibt keinen Grund, resigniert zu denken, Gott sei heute überhaupt nicht mehr zu finden oder unwirksam. Der Clou scheint zu sein: Er ist auf andere Weise und woanders präsent.“ Meinen Sie damit: jenseits der Kirchen?
Ich würde mich nicht auf eine Entweder-Oder-Konstellation einlassen. Ich geh nochmal in die Niederlande. Die Leute machen ihre Gotteserfahrungen, ihre Bekehrungserfahrungen, die nennen das auch so, aber sehr unterschiedlich. Die einen finden das über Social Media, die anderen werden mitgenommen in Gebetsgruppen und die dritten fangen an zu studieren, weil sie Thomas von Aquin lesen wollen. So unterschiedlich sind die Wege. Das ist manchmal komplett unabhängig von den klassischen Kirchen, aber es gibt in der Regel ein Rückbindungsbedürfnis an eine wie auch immer geartete Erzählgemeinschaft. Bei meinen Studenten in Utrecht merke ich, dass sie kompetente Auskunft haben möchten, und dann wird die Kirche in einem weiten Sinne wichtig.
Sie sind Priester, hoffnungsvoll auf der einen Seite. Aber auch mit vielen Fragen. Wie leben Sie Ihren Alltag in diesem Zwiespalt?
Ich habe keine bessere Hoffnung gefunden als die christliche. Ich bin aufgehoben, versöhnt.
Die Hoffnung, meinen Vater, der vor kurzem gestorben ist, wieder zu sehen. Für mich gibt
es keine Alternative, was die Hoffnung angeht. Das ist meines Erachtens die beste Hoffnung, die man haben kann, wohl wissend, dass das nicht mehr so viele teilen. Man ist dann eben eine „singuläre Existenz“ und für viele mit dieser Einstellung, diesem Glauben, auch ein Exot.
Wie hat Kirche für Sie Zukunft?
In der Kirche braucht es wieder einen Erzählraum für Geschichten. Klar braucht es auch Argumente, Bekenntnisse, das kritische Hinterfragen. Doch die Andockpunkte sind wie bei Jesus auch Gleichniserzählungen und das Teilen von Versöhnungs- und Hoffnungegeschichten.
Sie schreiben von Ihrem Wunsch nach einer heruntergekommenen Kirche.
Ich wünsche mir Nähe und mehr Bodenhaftung. Das hat Jesus uns vorgelebt. Ich mache mal an einem Beispiel deutlich, was mich stört. 1.000 kirchliche Hauptamtliche aus dem Bistum Münster arbeiten den Missbrauch auf. Alle Bischöfe kamen mit dem 5er BMW und dem Fahrer. Das geht so nicht mehr. Die wohnen in Münster, warum kommen die nicht mit dem Fahrrad? Heruntergekommene Kirche, das heißt für mich auch, dass wir Statussymbole aufgeben. Man lässt sich in Deutschland noch die Illusion eines flächendenken Christentums doch gut bezahlen. Die Herrlichkeit der 50er ist vorbei. Zudem werden Menschen zukünftig nicht mehr durch die Familie in die Kirche hinein geboren. Gott gibt nicht seine Göttlichkeit, aber seinen Status auf (Philipper 2). Darum geht es.
„Wir arbeiten immer noch als Optimierer an der Kirche, statt die Gottesfrage in den Mittelpunkt zu stellen.“
Sie wünschen sich eine demütigere Kirche?
Ja, in dem Sinne: Kann man an unserem Lebensstil ablesen, dass der Glaube eine Bedeutung für uns hat?
Sie beschließen Ihr Buch mit einem Gedanken von Karl Rahner. Warum?
Weil er für mich programmatisch ist. Im 19. Jahrhundert galt im katholischen Bereich der Glauben als das Bollwerk gegen die Moderne. Anfang des 20. Jahrhunderts propagierte die Bewegung um Romano Guardini, dass die Kirche in den Seelen der Menschen erwacht, dass die Menschen merken: Hey, wir sind selber Kirche. Hier grätschte Karl Rahner auf dem Zweiten Vatikanum rein. Nein, es geht nicht um die Kirche, sondern um Christus als das Licht der Welt. Die Funktion der Kirche ist es, auf ihn hinzuweisen, Möglichkeiten zu schaffen, damit Gott Menschen berührt. Meine These ist: Wir haben diesen Paradigmenwechsel noch nicht verstanden. Wir arbeiten immer noch als Optimierer an der Kirche, statt die Gottesfrage in den Mittelpunkt zu stellen. Wir müssen Kirche von der Frage her denken: Wo wirkt Jesus Christus in ihr und durch sie. Wo wird sie – katholisch gesprochen – zum Sakrament der Gottesbegegnung.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Gespräch führten Rüdiger Jope (Chefredakteur vom Kirchenmagazin 3E) und Martin Gundlach (Chefredakteur AUFATMEN).
Jan Loffeld ist Professor für Praktische Theologie in Utrecht. Der Priester ist Berater der Deutschen Bischofskonferenz.

Dieses Interview ist zuerst im kirchlichen Ideenmagazin 3E erschienen. 3E gehört wie Jesus.de zum SCM Bundes-Verlags.
Warum diese zusätzliche Spaltung durch Genderismen „Studierende“, „Kolleg::Innnen“???
Vielleicht sollten wir weder „Kanaanäisch“ noch „Gendernäisch“ mit unseren Mitmenschen sprechen, sondern – wie Luther – „rein und klar deutsch“?
Danke für die kritische Rückmeldung, gerade auch für den Hinweis auf Luther. Das ist ein gutes Beispiel, denn: Was wir heute von Luther lesen, entspricht eben nicht (!) dem Deutsch, das er genutzt hat. Luther schrieb seine Texte in Frühneuhochdeutsch. Hier ein Beispiel:
„Aber die Oberkeit, so christlich ist und das Evangelion leidet, derhalben auch die Bauren keinen Schein wider sie haben, soll hie mit Furchten handeln und zum ersten die Sachen Gott heimgeben und bekennen, daß wir solchs wohl verdienet haben, dazu besorgen, daß Gott vielleicht den Teufel also errege zu gemeiner Strafe deutschs Lands, darnach demutiglich bitten wider den Teufel um Hülfe. Denn wir fechten hie nicht alleine wider Blut noch Fleisch, sondern wider die geistlichen Bösewicht in der Luft, wilche mit Gebet mussen angriffen werden. Wenn nu das Herze so läßt walten, ob er uns wölle oder nicht wölle zu Fürsten und Herren haben, soll man sich gegen die tolle Bauren zum Uberfluß (ob sie es wohl nicht wert sind) zu Recht und Gleichem erbieten, darnach, wo das nicht helfen will, flugs zum Schwert greifen.“
(Luther, Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern)
Würden Sie (wieder) so schreiben wollen?
Noch deutlicher wird der Unterscheid, wenn wir einen althochdeutschen Text nehmen, zum Beispiel das Ludwingslied (um 881):
„Einan kuning uueiz ih, Heizsit her Hluduig, Ther gerno gode thionot: Ih uueiz her imos lonot. Kind uuarth her faterlos, Thes uuarth imo sar buoz: Holoda inan truhtin, Magaczogo uuarth her sin.“
Ja, das ist „Deutsch“.
Zurück zu Luther. Ab 1650 ging Frühneuhochdeutsch in Neuhochdeutsch über. Aber auch das hat sich seitdem sehr verändert. Sprache uinterliegt Wandlungen. SAchon immer. was nicht bedeutet, dass man alle Veränderungen schön finden muss. Zu den anderen Beispielen: „Kolleg::Innnen“ schreiben wir nicht. Das haben wir im text mittlerweile korrogert. Wohl aber z.B. Schülerinnen und Schüler, was mein Schuldirektor schon vor 40 Jahren so gemacht hat. Das ist nicht neu. Finden wir respektvoll. Als Gendern wurde das jahrzehntelang nicht empfunden. „Studierende“ oder „Teilnehmende“ ist tatsächlich eine deutlich jüngere Variante, die nutzen wir entsprechend der hausinternen Vorgaben.
MfG, Daniel vom JDE-Team
Gottes Augen durchstreifen die Erde, ob er jemanden findet der nach ihm fragt“ Also Gott sucht Gottessucher! Dabei bleibt es aber nicht, weil er auch derjenige ist der Menschen das Herz bewegt und sie suchend macht.
So sind wir alle von der Gnade Gottes abhängig und hoffen, er wird sich nochmal über unser Land erbarmen und eine Sehnsucht nach ihm selbst schenken.
Sollte das passieren, stelle ich mir das als eine Graswurzelbewegung vor, ich kann nicht glauben, dass die Volkskirchen großen Anteil daran haben.
Zu verkrustet, zu verweltlicht, zu abgehoben, die 5er BMW´s sind dafür nur ein kleines symbolisches Zeichen.
Nichtsdestotrotz, werden die Krchen weitermachen als wäre nichts geschehen, Die Katholische wird ihr Brimborium veranstalten, die EKD zur NGO der woken Szene mutieren.
Es wird immer schwieriger werden, eine Ortsgemeinde zu finden, die in groben Zügen den Vorgaben der Apostel entspricht, also werden sich die Christen überkonfessionell finden und in überschaubaren Zirkeln, Gemeinschaft und Glauben leben.
Wir leben in einer Zeit großer Umbrüche, Säkularisierung, Esoterik, KI und politische Zuspitzungen werden die nächsten Jahre prägen, da darf man gespannt sein wie wir aus diesem „Feuerofen“ herauskommen!?
Kein Christ ist ein Superglaubensheld
Liebe Stammtischbrüder, ihr schreibt „Es wird immer schwieriger werden, eine Ortsgemeinde zu finden, die in groben Zügen den Vorgaben der Apostel entspricht, also werden sich die Christen überkonfessionell finden und in überschaubaren Zirkeln, Gemeinschaft und Glauben leben“! Ich habe große Zweifel an der Art und Weise der Lupe, die also hier von dir/euch auf das Kriterium Mensch gelegt wird. Wer so sucht, wird nie finden und dann seinen eigenen Zirkel aufmachen. Aber da wird ihm alles was menschelt immer wieder verstärkt begegnen. Vom Alten bis zum Neuen Testament sind viele der bekannten biblischen Personen überwiegend keinerlei Superhelden, sondern sie haben häufig Fehlhzündungen, Defekte, die bemogeln Gott, die Gemeinde oder sich selbst. Selbst die Jünger:innen Jesu streiten, wer in der Himmlischen Regierung sitzen darf und haben ganz übersehen, daß es beim Reich Gottes nicht um Macht sondern Liebe geht, nicht um Herrschen sondern das Dienen. Wei ihr alle so denkt, was auch sehr bequem und selbstgerecht ist, fühlt ihr euch den Normalchristen katholischer oder evangelischer Art überlegen. Der einzige Weg führt
individuell über den Weg einer eigenen geistlichen Nachhaltigkeit, d. h. jeden Tag aus der Vergebung zu leben. Wir alle sind Sünder:innen, denen vergeben ist, völlig vorbehaltlos und als Geschenk und die aus Dankbarkeit versuchen ihre eigenen Ideale zu erreichen. Und bezogen auf das was Chey schreibt, würde ich einem individualisierten Christentum doch sehr kritisch gegenüber stehen, denn wir brauchen immer als Christen die Mitchristen, das Hören auf andere und auch den Dialog. Denn christliche Gemeinschaft ist immer noch wo zwei oder drei zusammen sind mit dem Geist Jesu in der Mitte. Sonst wird nichts daraus. Die 1-Personen-Firma, die auch noch 1-Personen-Christ:in ist, die gibt es nicht auf Erden und auch nicht im Himmel.
Schon interessant,dass individueller für dich gleichbedeutend zu sein scheint mit ‚keiner Gemeinschaft ‚
Ich denke, Christen, die Hirten suchen, werden auch immer welche finden. Gibt ha genug, die sich als Hirten sehen und anderen sagen wollen, wie die zu glauben haben.
Aber es gibt auch Gemeinschaft, wo alle auf gleicher Augenhöhe sind. Natürlich nicht in Kirche, wie du sie vertrittst.
Dienende Hirten auf Augenhöhe
Kurze Antwort an Chey: Ich glaube daß Christinnen und Christen auf gleicher Augenhöhe durchaus leben können. Das hat die Urgemeinde auch gemacht. Der Hirte war schon damals kein Alleinherrscher, sondern im besten Falle ein Moderator. Jesus ist so gewesen, daß er seinen Jüngern die Füße gewaschen hat, also diente und nicht kam um sich dienen zu lassen. Trotzdem ist aber er dann doch das Leitbild eines dienenden Hirten geworden. Auch der wiederkommende Christus soll sanftmütig regieren, ist also kein Machtmensch. Er kommt nicht um zu richten (ist kein Henker), sondern zu erlösen. Vielleicht auch vom Egozentrismus.
Ein interessantes Interview.
Braucht es die klassischen Kirchen noch? Ich verstehe den Text als ein ‚eher nicht‘.
Das entspricht auch meiner Meinung. Glaube wird individueller.
Aber ich denke nicht, dass Kirchen hier zu einem grundsätzlichen Umdenken fähig sind. Sie werden weiter an kleinen Stellschrauben drehen. Denn andernfalls müssten sie ja bekennen, dass das, was sie verkörpern und Leben, nur wenig mit Jesus zu tun hat. Ich finde, das kommt auch im Interview gut rüber.
Ein uralter Hut
Zitat: „Das war einmal: Im Denken der jüngeren Generation kommt Gott nicht vor, glaubt der Theologe Jan Loffeld. Im Interview spricht er über den fehlenden Gottesbezug in der Gesellschaft und warum er sich eine heruntergekommene Kirche wünscht“! (Zitat Ende). Das mag – teilweise – so sein, aber dann ist dies nicht neu. In einer Studie der 1970er Jahre wurden (noch) bis zu 3% der Menschen von den beiden großen Kirchen als die Kirchensteuerzahlenden erreicht. Sie bildeten die Kerngemeinde und zwar recht stabil. Stabil waren auch die Nur-Kirchensteuerzahlenden von 97%, weil sie von der Wiege bis zur Bahre stets bei der Kirchen blieben, bisweilen jährlich einmal zum Heiligabend am Gottesdienst teilnahmen und manchmal sich auch in den Lebensabschnitten kirchlich kasual betreuen ließen: Taufe, Konfirmation, Heirat und Begräbnis. Dies hat sich aber insofern gewandelt, da die Betreffenden heute ehrlicher zugeben würden, daß sie mit Glaube und Kirche nichts anfangen können. Sie wandern da zumeist mit dem Datum ihrer Volljährigkeit aus der Mitgliedschaft der großen Kirchen ab. Mit den Freikirchen verhält es sich leider ähnlich, denn auch die verlieren aufgrund des Traditionsabbruches Mitglieder bzw. können nur noch weniger Menschen erreichen. Sie klagen, wenn auch hinter vorgehaltener Hand, sehr vernehmlich. Selbst die Anzahl der Köpfe und Seelen in den Kirchen ist kein absolutes Maß dessen, was wir menschlich und theologisch gut begründet als wirklich gläubig einstufen könnten, ohne uns vielleicht auch zu irren. Selbst in Hitlers 1000jährigem unseligem Reich war der Gottesdienst vielleicht noch besser besucht, aber die meisten Menschen waren in des Antichristen Werk gut geschmierte Rädchen und Getriebe, die alleine es möglich machten, daß uns das menschheitlich größe Unrecht aller Zeiten Deutschand bescherten. Zahlen sind kein guter Anhalt für Glaube. Mein eigener Glaube beruht auf der Erkenntnis, dass auch ich ein Sünder bin und jeden Tag aus der Vergebung lebe. Ich bin niemals perfekt, keine Christin und kein Christ kann dies sein. Der eklatante Widerspruch ist auch, daß Jesus für alle Menschen an`s Kreuz ging und nicht zum Gericht, sondern zur Erlösung aller Menschen als Friedefürst wiederkommt. Jesus ist für jeden, noch nicht einmal nur für den Christen, sondern alle Menschen auf unserem Planeten gestorben, auferstanden und hat jederman das Heil erworben, völlig unverdient. Die Liebe Gottes gilt nicht als Verdienst, sondern als Wunder. Und sicherlich müssen wir evangelisieren und wir sollten wir sehr ökumenisch sein. Da die 10 Gebote und die Berpredigt gelten, kann Kirche und Glaube niemals unpolitisch sein, denn Jesus kommt für die Kranken, Abgeschriebenen und Armen zur Erlösung und nicht für die, die meinen ihn nicht zu brauchen.