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Glauben leben in der Ehe: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Unter Christen gilt es als hoher Wert, wenn Paare miteinander beten oder gemeinsam in der Bibel lesen. Doch wie realistisch ist das? Vier Verheiratete erzählen.

Wenn man kirchlich heiratet, ist oft davon die Rede, dass Gott der Dritte im Bunde ist. Inwiefern seht und empfindet ihr das so für eure Ehe?

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Elisabeth: Für mich hat dieses Bild schon immer selbstverständlich dazugehört. Besonders in herausfordernden Situationen war es gut zu wissen, dass wir uns nicht nur auf uns verlassen müssen, sondern Gott mit dabei ist.

Luisa: Wir haben uns nach einer intensiven Freundschaft vorsichtig angenähert und auch geküsst. Beide noch etwas überfordert, haben wir zusammen gebetet. Ich weiß noch, dass ich überrascht war, als er Gott um Segen für unsere Beziehung bat.

Ich dachte: Beziehung? Mich hat noch keiner gefragt. Für ihn war das selbstverständlich: Wir haben uns geküsst, dann haben wir jetzt eine Beziehung und die muss von Gott gesegnet werden.

Veronika: Wir haben uns Anfang der 1990er-Jahre in der christlichen Jugendarbeit kennengelernt, aber da sind wir nicht zusammengekommen. Vor 20 Jahren haben wir uns wiedergetroffen als Mitarbeitende. Gott war uns beiden von Anfang an wichtig.

Im Rückblick merke ich, dass wir uns geistlich unterschiedlich entwickelt haben, aber dass Gott immer eine tragende Rolle gespielt hat – mal deutlicher und mal weniger deutlich, aber immer da.

Moor: Ich habe meine Frau in der Gemeinde kennengelernt. Sie ist in der Gemeinde groß geworden, ich bin Quereinsteiger. Dass Gott das Fundament unserer Beziehung ist, erleben wir im Umgang miteinander, im Entscheiden, im Gestalten, im Alltäglichen. Wir wollen bewusst unser Leben nach dem Herzen Gottes ausrichten.

Christliche Spiritualität, das bedeutet für viele beten und Bibel lesen. Welche Rolle spielt das für euch in der Partnerschaft?

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Luisa: Am Anfang unserer Ehe haben mein Mann und ich regelmäßig ein Gebetsfrühstück mit Freunden veranstaltet. Wir haben für verschiedene Anliegen und füreinander gebetet. Der gemeinsame Gemeindehintergrund war von Anfang an da, aber in den letzten Jahren – seit Kinder da sind und wir auch nicht mehr gemeinsam zum Hauskreis gehen – hat sich das etwas verflüchtigt.

Es kommt selten vor, dass wir gemeinsam beten. Eher, wenn krasse Dinge passieren. Dann setzen wir uns zusammen und beten. Das hilft uns, passiert aber nicht so oft.

Veronika: Bei uns ist das ähnlich. Früher haben wir gemeinsam in der Bibel gelesen, aber eher aus Tradition, und wir lesen die Bibel auch sehr unterschiedlich. Wir beten selten zusammen, eher, wenn irgendetwas ansteht. Ich finde, wenn wir unsere Spiritualität auf Bibellesen und Gebet reduzieren, greift das zu kurz.

Ich habe festgestellt, wenn man den Begriff „Spiritualität“ breiter fasst, bringt das viel mehr Freiheit in die Ehe. Mein Mann und ich haben zum Beispiel ein Herz für Gastfreundschaft und öffnen unser Haus. Das ist für uns eine Form, den Glauben zu leben.

Unterschiedliche Strategien beim Bibellesen

Moor: Ich würde die gemeinsame Spiritualität auch weiter fassen. Bibellesen und Beten halte ich trotzdem für wertvoll. Wir machen zum Anfang eines Jahres immer eine Gebetswoche, in der wir jeden Abend für Anliegen aus dem Freundes- und Familienkreis beten. Uns hilft diese Verbindlichkeit. Das gibt uns Struktur und es verbindet uns mit Freunden und Familie über räumliche Distanz hinweg.

Beim Bibellesen haben wir sehr unterschiedliche Strategien. Einmal sind wir tatsächlich einem Bibelleseplan gefolgt. Mir fällt das schwer, weil ich ein kreativer Mensch bin und mir beim Lesen nicht so gern sagen lasse, wann ich was zu lesen habe. Trotzdem war das eine tolle Erfahrung. Allerdings haben wir das nur einmal gemacht.

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Elisabeth: Für mich ist Spiritualität auch mehr als Beten und Bibellesen. Gemeinsam lesen wir nur im Hauskreis in der Bibel. Außerdem gehen wir zusammen in den Gottesdienst und setzen uns dadurch mit den gleichen Bibeltexten auseinander. Aber ansonsten habe ich meine stille Zeit, so wie es für mich passt.

Was wir machen – schon seit dem Beginn unserer Ehe –, ist: Immer, wenn wir abends im Bett liegen, beten wir kurz zusammen. Ganz einfach, ohne viele Worte. Wir legen Gott den Tag hin, segnen uns und zeichnen einander ein Kreuz auf die Stirn. Das tut uns beiden gut und ist eine unspektakuläre kleine Gebetsinsel. Insbesondere wenn wir miteinander Krach haben – dann klären wir das immer so weit, dass wir miteinander beten können –, hilft uns das sehr.

Spiritualität ist also viel mehr als Bibel lesen und beten. Veronika hat schon die Gastfreundschaft genannt. Gibt es andere Dinge, die euch wichtig sind, wo ihr gemeinsame Spiritualität erlebt?

Elisabeth: Spazieren gehen. Den intensivsten und besten Austausch, auch über geistliche Themen, haben wir beim Spazierengehen. Und dabei findet Spiritualität ganz natürlich statt, sodass wir nicht trennen zwischen „geistlichem“ und „normalem“ Leben. Das gehört einfach zusammen und ist kein „Extra“ in der Ehe, sondern ein Teil davon.

Veronika: Mit allem, was wir uns selbst aufbürden, weil wir denken, dass man das als Christ so machen muss, sind wir gescheitert. Das, was wir machen, muss zu uns und zu unserer Lebensphase passen. Bevor wir Kinder hatten, waren wir in der Jugendarbeit engagiert und haben in diesem gemeinsamen Dienen viel Spiritualität gelebt. Und als dann die Kinder kamen, ist uns das erst mal weggebrochen. Auch der Gang in die Gemeinde. Heute erleben wir das über Gastfreundschaft.

Und wir lesen gemeinsam Biografien von Christen, die uns beeindrucken, und sprechen darüber. Wir hören auch gern theologische Podcasts, weil wir uns beide für Lehre interessieren. Dabei kommen wir ungezwungen ins Gespräch. Und wir gehen ab und zu in den Gottesdienst oder machen mit den Kindern zusammen eine kurze Andacht – nichts Spektakuläres, vielleicht zehn Minuten, aber wir haben das Gefühl, uns dadurch Gott und einander zugewandt zu haben.

Moor: Wir versuchen auch, diese Schere zu vermeiden zwischen „geistlich“ und „nur menschlich“. Dabei hilft es uns, dass wir in vielen Bereichen unseres Lebens versuchen, von der Bibel her zu denken, sie als Grundlage zu nehmen und darin nach Antworten zu suchen. Es prägt unsere Perspektive, unser Denken und die Art, wie wir Umstände bewerten.

„Gemeinsame Projekte sind sehr inspirierend.“

Elisabeth Vollmer

Und ich beziehe meine Frau mit in meine Predigten ein. Es macht uns beiden sehr viel Freude, wenn wir die Dinge, über die ich predigen möchte, gemeinsam besprechen. Das prägt meine Verkündigung, und ich sage immer, dass wir eigentlich zu zweit predigen, weil so viele Inhalte aus den Gesprächen einfließen.

Elisabeth: Ja, gemeinsame Projekte sind sehr inspirierend. Wir haben zusammen mit zwei anderen Paaren den „Beziehungsweise“-Kurs geleitet und das hat uns als Paar gutgetan. Wir machen auch den Begrüßungsdienst und Gebetsdienst in der Gemeinde gemeinsam mit. Wir sind jetzt in der Phase, wo wir keine Kinder mehr haben, die uns am Sonntagmorgen brauchen.

Luisa: Bei uns ist das ganz wenig. Ich habe großes Interesse an geistlichen Themen, höre Podcasts, lese Bücher und habe mich in den letzten Jahren sehr weiterentwickelt. Mein Mann hat hingegen eher ein wenig das Interesse verloren an diesen Themen. Auch den Drang, immer mit Gott in Verbindung zu sein und ihn ins Leben einzubeziehen. Das ist für ihn gerade nicht so wichtig.

Vor großen Entscheidungen gemeinsam beten

Manche Paare machen ihre Entscheidungen stark von Eindrücken abhängig, die sie im Gebet haben. Kennt ihr das auch?

Elisabeth: Wir haben noch nie eine große Entscheidung getroffen, ohne dass wir innerlich übereinstimmend der Meinung waren, dass es so in Ordnung ist. Das ist für uns ein wesentliches Signal, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Es gab allerdings auch schon den Fall, dass wir beide innerlich übereingestimmt haben und sich die Entscheidung im Nachhinein als falsch herausgestellt hat. Das fühlt sich echt blöd an, und wir fragen uns, warum das so passiert ist.

Moor: Wir treffen keine große Entscheidung, ohne dass wir uns die Zeit nehmen, das gemeinsam vor Gott zu bewegen. Wir wollen Dinge tun, die Gott gefallen. Und wir glauben daran, dass Gott das Beste hat für uns. Da finde ich es natürlich, Gott zu fragen, wohin die Reise geht, was unsere Bestimmung ist. Das braucht manchmal Geduld – das ist nicht meine Stärke (lacht) –, aber das ist für uns alternativlos.

Luisa: Wir wollten zum ersten Mal in unserem Leben ein Auto kaufen. Mein Mann hat Wochen und Monate recherchiert. Irgendwann hatte er keine Geduld mehr und hat halt eins gekauft. Da sind wir mächtig auf die Nase gefallen, weil uns dann ein Unfallwagen untergejubelt wurde. Schließlich haben wir beschlossen, dafür zu beten und zu vertrauen, dass das Auto zu uns kommt, und so ist es dann auch passiert.

Elisabeth: Ich tue mich schwer mit diesem Gedanken, dass Gott nur das Beste für uns hat, weil ich es oft anders erlebt habe. Es passieren auch Christen, die es gut meinen, die viel beten und die auf einem guten Weg sind, schlimme Dinge.

„Sich gerade in großer Not und nach schlimmen Erfahrungen mit Zweifel, Wut und Trauer an Gott wenden zu können, ist ein großer Schatz.“

Elisabeth Vollmer

Ich will nicht sagen, dass Gott nicht das Beste für uns will. Ich glaube und ringe immer wieder um dieses Vertrauen, dass Gott es gut machen wird, aber es bleiben Fragen offen und manches wird erst in der Ewigkeit gut sein.

Veronika: Das geht mir ähnlich. Ich glaube, in der Ewigkeit wird alles gut, aber ich glaube auch, dass wir hier eben durch einige Täler gehen müssen. Auch als Ehepaare. Wir beten auch vor großen Entscheidungen. Aber mittlerweile rechne ich auch damit, dass Dinge anders laufen können.

Elisabeth: Ich finde es immens wertvoll, wenn man in Krisensituationen miteinander beten kann. Das wird auch nicht dadurch geschmälert, dass Schlimmes passiert. Sich gerade in großer Not und nach schlimmen Erfahrungen mit Zweifel, Wut und Trauer an Gott wenden zu können, ist ein großer Schatz. Manchmal muss man aber auch aushalten, dass es Fragezeichen gibt, die bleiben. Und selbst wenn wir Entscheidungen im Hören auf Gott fällen, können Dinge schieflaufen.

Moor: Ich kenne das auch. Ich bin seit vielen Jahren Pastor und habe schon sehr viel – auch Schlimmes – gesehen. Das ist tatsächlich so, wie du sagst. Aber die Hoffnung, dass Gott es letztlich gut mit uns meint, trägt mich und uns durch, auch wenn ich Dinge nicht verstehe.

Nicht mit anderen Paaren vergleichen

Es gibt Christinnen und Christen, die Probleme haben mit gemeinsamer Spiritualität. Was würdet ihr denen sagen?

Veronika: Vergleicht euch nie mit anderen Paaren! Das ist für mich immer eine Herausforderung. Es gibt Paare in meinem Freundeskreis, die sind so super kompatibel auf allen Ebenen, auch auf der geistlichen. Da fragt man sich schnell, was denn bei uns nicht stimmt. Aber es gibt keine Blaupause für die richtig gelebte Spiritualität in der Ehe.

Luisa: Jeder geht seinen eigenen Weg mit Gott. Die Beziehung hat ihre Höhen und Tiefen. Man ist sich mal näher, mal weiter weg. Alles hat seine Zeit. Aber wenn wir dann mal zusammen beten, denke ich manchmal, dass es doch schöner wäre, das jede Woche zu machen. Aber wir sind überhaupt nicht die Typen, die einen Termin machen und den dann einhalten.

Moor: Wir raten Paaren, die zu uns in die Ehevorbereitung kommen: „Findet eure eigene Kultur!“ Ich finde dieses Wort „Kultur“ wichtig, weil es auch eine eigene Sprache beinhaltet, eigene Werte, eigene Vorstellungen, und da ermutigen wir dazu, eine eigene Kultur zu entwickeln.

„Fangt mit dem an, was euch guttut! Und entwickelt daraus gute Gewohnheiten.“

Elisabeth Vollmer

Veronika: So eine Kultur kann sich im Lauf der Ehe ändern. Vielleicht glaubt einer eine Weile gar nicht mehr oder findet kaum einen Zugang mehr zu Gott. Das ist eine Übung im Loslassen, also die eigenen Vorstellungen loslassen, wie Partnerschaft oder wie diese Kultur zu sein hat, und auch den Partner im Vertrauen loslassen – los in Gottes Hand.

Elisabeth: Fangt mit dem an, was euch guttut! Und entwickelt daraus gute Gewohnheiten. Das klingt banal, aber ich finde gut, dass wir nicht infrage stellen, dass wir abends gemeinsam beten.

Luisa: Das haben wir früher auch gemacht, abends im Bett vorm Schlafen kurz zusammen gebetet. Das war sehr schön. Aber jetzt schlafen die Kinder bei mir im Bett und mein Mann meistens im Wohnzimmer; da fehlt gerade der Ort. Aber das kommt wieder irgendwann.

Veronika: Mein Mann und ich gehen nie gleichzeitig ins Bett – ich gehe früh schlafen, er ist eine Eule. Wir treffen uns eher beim Mittagessen und starten dann den Tag mit einem kleinen Gebet.

Herzlichen Dank für eure Offenheit und das gute Gespräch!

Die Fragen stellte Christof Klenk.

Luisa möchte anonym bleiben. Veronika Smoor ist Autorin und Referentin. Elisabeth Vollmer ist Religionspädagogin. Moor Jovanovski ist Pastor im Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden und als Redner und Berater tätig.


Dieses Interview ist in der Zeitschrift Family erschienen. Family ist Teil des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört.

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4 Kommentare

  1. Geistliches Leben strukturieren

    Finde die Idee dieses Thema`s gut. Was sich so mit meiner eigenen Erfahrung, oder einer gemeinsamen Erfahrung als Partner ergibt: Egal ob als Single oder Paar erlebte ich die Tendenz, dass christliche Spiritualität zuhause unter der Alltagsroutine zum Erliegen kommt. Weil meine Partnerin verstarb bemühe ich mich wieder darum, mein eigenes geistliches Leben zu strukturieren. Das geht eigentlich nur mit einer Methode wie die Bibel gelesen werden kann, und festen selbst eingeplanten Zeiten. Früher nannte man das mal „stille Zeit“. Meine Erfahrung: Wenn ich mir keine eigene feste Ordnung festlege, kommt meine Seele geistlich zu kurz. Jeden Tag, oder so gar fast immer, mit Gott zu reden ist gut. Aber so wie bei einem gewollten guten Gespräch mit einem Menschen sollte dies auch bezüglich Gottmit viel Liebe geschehen. Es geht ja auch in der himmlischen Kommunikation nicht ums plappern, sondern um ein ernsthaftes Gespräch. Anders kann ich mir gar nicht vorstellen, wirklich möglichst jeden Tag aus der Vergebung zu leben.

  2. Da alle Leute in dem Artikel extram gendern, wollte ich mal fragen, ob die das wirklich so gesagt haben, oder wurde das nachträglich geändert?

    • Den Artikel haben wir bis auf den Vorspann 1:1 aus der Family übernommen. Wir haben nichts geändert. MfG, das JDE-Team

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