- Werbung -

Ulrich Eggers: „Die missionarische Priorität ist entscheidend“

Ein klares Bekenntnis zum missionarischen Auftrag und zur aktiven Nachfolge Jesu wünscht sich der ehemalige Vorsitzende von Willow Creek Deutschland für die Kirche der Zukunft – gegen Polarisierung, Bibel-Vergessenheit und Gemeinde-Egoismus.

Uli, du blickst auf über zwei Jahrzehnte prägende Amtszeit zurück, in der du einige Höhen und Tiefen erlebt hast. Woran denkst du gerne zurück?

- Werbung -

Es gibt Glücksfälle der Geschichte wie die friedliche Revolution 1989. So habe ich es für die kirchliche Landschaft auch bei Willow Creek erlebt, Mitte der 90er Jahre war „unsere“ Zeit einfach reif: Viele Leitende in Landes- und Freikirchen wollten einen missionarischen Aufbruch fördern. Beziehungen bei AMD, Lausanner Bewegung und Evangelischer Allianz wuchsen – zu genug Vertrauen und Einsicht, dass das am besten gemeinsam geht.

Und dann eben die Willow-Creek-Gemeinde in den USA mit großer Vision, klarem Fokus und einer Mischung aus Chuzpe und Dienstbereitschaft. Eine Kirche, die sich auch international engagiert: Ich bin super dankbar für dieses glückliche Zusammentreffen und den Einsatz der frühen Pioniere wie Lou Hueneke und Gary Schwämmlein als deutschstämmigen Geburtshelfern bis hin zu Bill Hybels, Nancy Beach, John Ortberg, Greg Ferguson und so vielen anderen. Danke, Gott!

Welche Situationen waren herausfordernd – und für welche bist du dankbar?

Es gab immer Höhen und Tiefen und große wirtschaftliche Risiken durch das schmale „Geschäftsmodell“ der Kongress-Arbeit. Das war immer dünnes Eis und ist durch unser engagiertes Team rund um Wilfried Bohlen, Karl-Heinz Zimmer und heute Thomas Fremdt und Jörg Ahlbrecht gelungen – und natürlich durch die megavielen Ehrenamtlichen und ihre Begeisterung.

- Werbung -

Und klar: Der Absturz durch die Missbrauchs-Affäre rund um Bill Hybels, das war der Tiefpunkt. So viel Vision und Leidenschaft, so viel Genie, Begabung und Frucht. Und dann wird das alles aufs Spiel gesetzt – da bleiben heftige Warum-Fragen an Bill, an gute Leitung und Strukturen – aber auch an Gott selbst. Umso dankbarer bin ich heute, dass wir diese Krise überwinden konnten und mehr und mehr zu einer deutschsprachigen Plattform mit internationaler Offenheit geworden sind.

So viel Vision und Leidenschaft, so viel Genie, Begabung und Frucht. Und dann wird das alles aufs Spiel gesetzt – da bleiben heftige Warum-Fragen.

Ulrich Eggers

Die kirchliche und gesellschaftliche Landschaft hat sich in den letzten Jahren enorm gewandelt. Wo siehst du in diesem Wandel die Kernkompetenzen, die Kirchen und Gemeinden unbedingt bewahren sollten?

Das ist im Kontext von Willow sehr klar: Kern ist der missionarische Auftrag Jesu und die strategische Rolle von Leitung darin. Das wiederum kann nur gelingen durch tiefe Verwurzelung in der Nachfolge Jesu, persönliche Spiritualität. Und alles entscheidend: Wenn man das Ganze nicht nur gut findet und abnickt, sondern aktiv und geduldig und persönlich LEBT. Darin sehe ich so etwas wie eine lebendige Zukunfts-Versicherung – auch gegen die Gefahren von Polarisierung, Bibel-Vergessenheit und Gemeinde-Egoismus.

Wo siehst du für die kommenden Jahre die größten Herausforderungen und Chancen für Leitende und Gemeinden?

- Werbung -

Siehe oben: Die Priorität auf unseren Kern-Auftrag und das persönliche Bleiben in Christus ist ständig in Gefahr und immer umkämpft – vor allem durch die andere gute Sache: Sich als Christen und Gemeinden um sich selbst zu kümmern. Diese Gefahr hat viele überzeugende Verkleidungen – aber gemeindlich vital, persönlich von Jesus abhängig und gemeinsam unterwegs bleiben wir nur, wenn wir die missionarische Priorität in Demut, Kreativität und Klugheit LEBEN, also TUN!

Die Priorität auf unseren Kern-Auftrag und das persönliche Bleiben in Christus ist ständig in Gefahr und immer umkämpft.

Ulrich Eggers

Was möchtest du Willow für die kommenden Jahre mit auf den Weg geben?

Ein Missverständnis und eine Versuchung bei Willow war immer die Faszination von Größe. Aber es geht weder um große Gemeinden noch um große Kongresse – das sind schöne B-Prioritäten. Wir brauchen viele, um finanziell zu überleben – aber das Nadelöhr dafür ist unser Auftrag, nicht eine volle Halle ohne klaren Fokus und egal mit wem. Entscheidend ist missionarische Priorität als Frucht persönlicher Nachfolge und mit Blick auf kluge Leitung, eben dafür Interesse zu wecken und Vitamine zu geben. Und wer sein Kongress-Auto vollpackt, sich auch in Zukunft inspirieren lässt und auch mal unterjährig finanziell unterstützt, der hilft entscheidend mit.

Die Fragen stelle Sarah Kleinknecht.


Das vollständige Interview ist im Willow Creek Magazin erschienen. Die Veröffentlichung auf Jesus.de erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Willow Creek Deutschland.

Weiterlesen:

Konnten wir dich inspirieren?

Jesus.de ist gemeinnützig und spendenfinanziert – christlicher, positiver Journalismus für Menschen, die aus dem Glauben leben wollen. Magst du uns helfen, das Angebot finanziell mitzutragen?

NEWSLETTER

BLICKPUNKT - unser Tagesrückblick
täglich von Mo. bis Fr.

Wie wir Deine persönlichen Daten schützen, erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.
Abmeldung im NL selbst oder per Mail an info@jesus.de

Zuletzt veröffentlicht

WICHTIG:

Wenn du einen Kommentar schreibst, erklärst du dich mit unseren Nutzungsbedingungen einverstanden.

2 Kommentare

  1. Es gab über die Jahre bestimmt viele gute Impulse, Hybels, Ortberg und co hab ich über die eine oder andere Veröffentlichung „kennengelernt“.
    In meinem freikirchlichen Umfeld hatte Willow aber nie wirklich großen Einfluß ausgeübt, das ist jetzt aber eine ganz persönliche Wahrnehmung.
    Den Absturz von Bill Hybels nahm man wohl zur Kenntnis, für Menschen die ihn verehrten mag es ein Ereignis gewesen sein.
    Die Organisation von Mega-Events sehe ich eher kritisch, was beibt von solchen frommen Highlights ?
    Die Musik spielt in der Ortsgemeinde, eine hingegebene Leiterschaft, Bibeltreue, verbindliche Gemeinschaft sind und bleiben vermutlich die Eckpfeiler einer gesunden Kirche. Früher hat man von den 3 G`s gesprochen: Gottes Wort, Gebet, Gemeinschaft.
    Natürlich ist es vernünftig sich erfolgreiche Bewegungen anzuschauen, natürlich kann man davon lernen, ich warne aber davor charismatische Persönlichkeiten zu überhöhen und „Gemeindwachstumssysteme“ einfach auf die eigene Situation zu übertragen.

  2. Es gibt viele Übereinstimmung mit Grundüberzeugung gegenüber der Ev. Freikirche von Willow Creek

    „Ein klares Bekenntnis zum missionarischen Auftrag und zur aktiven Nachfolge Jesu wünscht sich der ehemalige Vorsitzende von Willow Creek Deutschland für die Kirche der Zukunft – gegen Polarisierung, Bibel-Vergessenheit und Gemeinde-Egoismus. Auch die Priorität auf unseren Kern-Auftrag und das persönliche Bleiben in Christus ist ständig in Gefahr und immer umkämpft“! Dem kann ich als landeskirchlicher Christ umfassend folgen. Ich halte für uns Christinnen und Christen, aber auch unseren Theologen, deren Kernpompetenz für wichtig. Auch die Nicht-Berufschristen sollten etwas vom eigenen Glauben (also eines großen Vertrauens in Gott) auch wissen und theologisch informiert sein. Allerdings muss für meine Ev. Kirche, und sicherlich auch für die katholischen Mitchristen, gleichermaßen gelten: Wir müssen von unserer fast vollständigen Komm-Struktur, zu einer Geh-Hin-Struktur kommen. Also da zu arbeiten, wo die Menschen wohnen, arbeiten und ihre Freizeit verbringen. Vielleicht erscheint es da wichtig, aus einer Rolle heraus zu schlüpfen, in der wir die Angebote unserer Kirche nutzen, gerne auch die Gottesdienste und alles was sie bietet, aber auch bei und mit an allen Menschen zu leben. Gemeinsam die Lasten zu tragen, Gemeinschaft anzubieten für alle, scheint mir essentiell zu sein und hier durchaus verbunden mit dem eigentlichen Kernaufttrag, das Evangelium wirklich exemplarisch zu leben. So wird uns vielleicht hier weniger trennen von den Freikirchen, die nicht in gleicher Weise, aber ähnlich den Traditionsabbruch erleben. Ich denke auch an vielfach in die Vergessenheit geratenen Traditionen wie Segnungs- und Salbungsgottesdienste, die größeren öffentlichen Tauffeiern auch an Seen, Flüssen oder im Schwimmbad, und das Leben der Christinnen und Christen, in ökumenischer Verbundenheit, auch mit Armen (wobei in den reichen Ländern Armut nicht unbedingt finanziell und materiell zu verstehen ist). Eigentlich ist m.E. auch die Trennung der Ev. Landeskirchen und der Katholischen Kirche bei der Praktizierung eines gemeinsamen Abendmahles ein schon Jahrhunderte langer Skandal. Dabei liegt die (teilweise gar nicht mehr stark reflektierte) lutherische Auffassung des Abendmahl nicht so unendlich weit von der Katholischen Lehre entfernt. Die Praxis ist aber trotzdem wichtiger als die inneren Bilder und theologisch-philosophischen Vorstellungen. Denn der Einladende zum gemeinsamen Mahl der Liebe ist Jesus selbst, und dessen Anwesenheit beim Mahl kann niemand definitiv analysieren, ohne sich auch ein Bild von Gott zu machen. Es gibt nach meiner Meinung sehr viele Grundübereinstimmung mit der Ev. Freikirche von Willow Creek Deutschland.

    Alle Christinnen und Christen sollten in allen möglichen Kirchen und Konfessionen sich dort stets als gemeinsames Netzwerk zu verstehen und sich gegenseitig in ihren Aufgaben und Engagement ergänzen. Die Kirche Jesu Christi ist eine quer durch alle Kirchen und Konfessionen weltweit gehende Gemeinschaft derjenigen, die mit 2 bis 3 Personen angefangen, da wirkt wo Menschen dem Heiligen Geist Raum geben. Bei Großkirchen ist eine (Re-)Formation immer gleichbedeutend auch mit einer geistlichen Neuorientierung eines jeden Einzelnen. Nicht die Kirche/n glauben und hoffen, wir dürfen diese Hoffnung immer eigenverantwortlich und exemplarisch leben. Dass unsere christlichen Gemeinschaft demokratisch funktionieren (dürfen), halte ich für selbstverständlich.

WAS KANNST DU ZUM GESPRÄCH BEITRAGEN?

Bitte gib hier deinen Kommentar ein
Bitte gib hier deinen Namen ein