Verlag: DROEMER
Seitenzahl: 256
ISBN: 978-3-426-27762-1

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Liane Bednarz: „Die Angstprediger“

Christen und ihr Verhältnis zu AfD, Pegida und Co. – das ist wahrlich ein Thema, über das dringend debattiert werden muss. Liane Bednarz leistet hier einen fraglos wichtigen  und gründlich recherchierten Beitrag, der sich nicht in plumpem Konservativen- und Evangelikalen-Bashing erschöpft, sondern ernsthaft bemüht ist, den Rechtsruck in manchen christlichen Gruppierungen und bei sich als Christen verstehenden Einzelpersonen verstehen zu wollen.

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Auch wird versucht, eine klare Trennlinie zwischen „konservativ“ und „rechts“ zu ziehen, was freilich nicht immer völlig gelingt. Verschiedene von „rechts“ aufgegriffene Themengebiete werden behandelt: Zuallererst natürlich die Flüchtlingsthematik und die Rolle des Islam.

Trotz der fraglos guten Absichten der Autorin ist das Buch selbstverständlich nicht aus politisch neutraler Perspektive geschrieben. Man merkt zwischen den Zeilen deutlich, dass Frau Bednarz, ehemalige Stipendiatin der CDU-nahen Konrad-Adenauer- Stiftung, diesen Wurzeln immer noch treu ist. So sieht sie etwa den der CDU von rechts vorgeworfenen Linksruck als Schritt in die politische Mitte, versucht aber andererseits nicht immer ganz überzeugend nachzuweisen, dass es die „CDU von früher“, wie sie manche AfD-Überläufer öfter verklären, so nie gegeben hat. Das trifft sicher auf Adenauers Politik der Westbindung und die spätere Europapolitik zu, in gesellschaftspolitischen Fragen aber nicht immer.

Außerdem muss man sich fragen, ob Bednarz‘ Definition von „konservativ“ korrekt ist, wenn sie darin hauptsächlich das Phänomen sieht, gesellschaftliche Trends lediglich mit einer gewissen Verspätung zu übernehmen. Was dem Buch fehlt ist eine tiefer gehende Analyse, warum sich viele Konservative in den Unionsparteien nicht mehr heimisch fühlen. Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“, das für die Autorin die Büchse der Pandora geöffnet hat, scheint mir da in seiner Wirkung überschätzt zu sein. Hier hätte eine selbstkritischere Reflexion gut getan, sind doch in den letzten Jahren viele gesellschaftspolitische Haltungen, die früher dem linksliberalen Spektrum zuzuordnen waren, in der politischen Mitte angekommen, was für Konservative vielfach ein ernsthaftes Dilemma genannt werden muss, etwa wenn es um Abtreibung oder „Ehe für alle“ geht und wo konservative Positionen nun durchaus regelmäßig angefeindet und kaum mehr öffentlich verteidigt werden. Sogar die Autorin selbst hat sich etwa, was relativ leicht zu „googlen“ ist, vor einigen Monaten den Vorwurf der Homophobie eingehandelt, nachdem sie sich kritisch zur Kinderwunschpraxis gleichgeschlechtlicher Paare geäußert hat – und hat seitdem anscheinend mehr Verständnis für rechtskonservative Schlagworte wie „Homo-Lobby“.

Auch der Untertitel, der von einer rechten Unterwanderung der Kirchen spricht, ist für mich nicht wirklich zutreffend. Vermutlich war rechtes Denken immer latent vorhanden, gab es doch auch während des Dritten Reiches viele kirchlich engagierte Mitläufer oder gar Täter, von denen sicher nicht alle ihren Irrweg eingesehen haben. Interessanterweise ist von Unterwanderung im Buch selbst dann praktisch nicht die Rede. Neuere Entwicklungen, etwa der Parteiaustritt der ehemaligen „Christen in der AfD“-Sprecherin Anette Schultner, machen zumindest Hoffnung, dass die meisten Christen den Weg ganz nach rechts dann doch nicht mitmachen werden. Aber mit einer politischen Heimat für (Wert-)Konservative ist es in der Tat heute nicht ganz einfach. Es wird darüber sicher weiter debattiert werden.

Von Johannes Renz

ZUSAMMENFASSUNG

Ein gründlich recherchiertes Buch zum Verhältnis zwischen Christen, AfD, Pegida und Co. mit Licht und Schatten: Es wird progressive Christen in ihrer Sichtweise bestätigen, Wertkonservative in die Gefahr bringen nach rechts abzudriften und den einen oder anderen zum Nachdenken anregen, was aber nicht zwingend so sein muss. Sie erhalten von der Autorin zwar Verständnis, aber eben doch wenig Unterstützung für ihre mitunter berechtigten Anliegen.
Ein gründlich recherchiertes Buch zum Verhältnis zwischen Christen, AfD, Pegida und Co. mit Licht und Schatten: Es wird progressive Christen in ihrer Sichtweise bestätigen, Wertkonservative in die Gefahr bringen nach rechts abzudriften und den einen oder anderen zum Nachdenken anregen, was aber nicht zwingend so sein muss. Sie erhalten von der Autorin zwar Verständnis, aber eben doch wenig Unterstützung für ihre mitunter berechtigten Anliegen.Liane Bednarz: "Die Angstprediger"