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All Morgen ist ganz frisch und neu

Der Jurist und Theologe Johann Zwick schrieb das Lied während der Reformationszeit. Die Morgenhymne wurde nach 400 Jahren „wiederbelebt“.

1) All Morgen ist ganz frisch und neu
des Herren Gnad und große Treu;
sie hat kein End den langen Tag,
drauf jeder sich verlassen mag.

2) O Gott, du schöner Morgenstern,
gib uns, was wir von dir begehrn:
Zünd deine Lichter in uns an,
lass uns an Gnad kein Mangel han.

3) Treib aus, o Licht, all Finsternis,
behüt uns, Herr, vor Ärgernis,
vor Blindheit und vor aller Schand
und reich uns Tag und Nacht dein Hand,

4) zu wandeln als am lichten Tag,
damit, was immer sich zutrag,
wir stehn im Glauben bis ans End
und bleiben von dir ungetrennt.

Text und Melodie: Johannes Zwick(1541) &  Johann Walter 


„Jeden Morgen geht die Sonne auf“ – dieses mittlerweile als Volkslied geltende Lied erinnert uns daran, womit der Tag beginnt. Und was erwarten wir sonst noch am frühen Morgen? Dass uns jemand ganz frische Brötchen besorgt? Und die neue Tageszeitung? Das Lied „All Morgen ist ganz frisch und neu“ weist uns darauf hin, dass Gott uns etwas noch viel Wichtigeres frisch anbietet, an jedem Tag neu. Also nicht nur das tägliche Brot, um das wir unseren Vater im Himmel bitten dürfen. Er macht uns Tag für Tag aus Gnade ein ganz besonderes Angebot: Wir können uns an jedem Tag auf ihn verlassen. Wir dürfen ihn jederzeit um Hilfe bitten, um Licht angesichts aller Finsternis um uns herum. Man spürt: Der Dichter hat selbst schwere Zeiten durchlitten.

Das Lied ist vor langer Zeit entstanden. Der Verfasser Johannes Zwick war eine der prägenden Gestalten der Reformation, speziell in Oberdeutschland und der Schweiz. Er hat sich mutig für die Verbreitung der evangelischen Botschaft eingesetzt. Er selbst verlor seine Stelle als Priester, aber er gab nicht auf. Hervorgetreten ist er als Bahnbrecher des Kirchengesangs im oberdeutsch-schweizerischen Raum. Und er engagierte sich besonders im Schulwesen, um den jungen Leuten die biblische Botschaft, das Evangelium zu vermitteln. Unser Liedtext findet sich in seinem Büchlein „Christlicher ganz tröstlicher Unterricht“, das allerdings erst drei Jahre nach seinem Tod erschienen ist. Er war gebeten worden, die vakante Pfarrstelle in einer Konstanzer Nachbarstadt zu übernehmen, denn die beiden dortigen Pfarrer waren aufgrund der akuten Pest-Epidemie verstorben. Und bald traf es auch ihn. In der ersten Strophe klingt deutlich ein Bibelwort aus dem Buch der Klagelieder Jeremias an. Aber in diesem Falle erklingt nicht ein Seufzer. Nein, dort steht: „Die Güte des Herrn ist‘s, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern …“ Wenn Sie dieses Bibelzitat weiter fortsetzen, dann können Sie sicher auch bald das Lied anstimmen. Nein, kein Klagelied, sondern – so die Überschrift im Erstdruck – ein „Morgengesang“. Voller ermutigender Bitten um Licht für „Tag und Nacht“, bis zum Lebensende. Und darüber hinaus!

Und noch eine Überraschung: Das Lied wurde erst gut 400 Jahre später „wiederbelebt“. Zwei Hymnologen haben 1927 den Text aus einer Quellensammlung ausgegraben. Sie kürzten ihn von acht auf vier Strophen. Der entscheidende Schritt folgt: Sie haben dem Text die bis heute dazu verwendeten Melodie unterlegt. Seitdem ist das Lied neu belebt und beliebt. Die Melodie stammt ebenfalls aus der Reformationszeit. Komponiert wurde sie von einem bedeutenden Kantor. Er hat sie für „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ geschaffen, Martin Luthers Weihnachtslied. Luther hatte ja seinen Text zunächst mit einer damals populären „weltlichen“ Melodie erklingen lassen. Diese Volksweise wurde aber bald von einer anderen, wohl von Luther selbst stammenden neuen Melodie abgelöst. Das ist der Grund dafür, dass unsere fast zeitgleich entstandene Melodie keine Verwendung als Weihnachtslied finden konnte. Doch nun können wir die Melodie getrost an jedem Morgen frisch und neu singen! Unser Lied ermutigt und ermuntert uns, ganz gleich, in welcher Situation wir uns gerade befinden: Auf Gott können wir uns Tag für Tag verlassen, bis ans Lebensende – und darüber hinaus! Übrigens hat der Liedtext in den derzeitigen Gesangbüchern unterschiedliche Fassungen. Die Sprache und die uralte Schreibweise mussten natürlich schon 1927 aktualisiert werden. In einigen Fällen ist dies unlängst erneut geschehen. Im Evangelisch-reformierten Gesangbuch der Schweiz finden sich neuerdings auch noch zwei weitere Strophen aus alter Zeit.

Text: Günter Balders


Hier findest du gute Gedanken zu weiteren altbekannten Chorälen und christlichen Liedern.

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