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Mir ist Erbarmung widerfahren

Der Verlust der Stimme bedeutet für einen Pfarrer normalerweise das Karriereende. Nicht so für Philipp Friedrich Hiller. Er blieb im Pfarrdienst und schrieb 1073 Lieder, unter anderem „Mir ist Erbarmung widerfahren“.

  1. Mir ist Erbarmung widerfahren,
    Erbarmung, deren ich nicht wert;
    das zähl ich zu dem Wunderbaren,
    mein stolzes Herz hat’s nie begehrt.
    Nun weiß ich das und bin erfreut
    und rühme die Barmherzigkeit.
  2. Ich hatte nichts als Zorn verdienet
    und soll bei Gott in Gnaden sein;
    Gott hat mich mit sich selbst versühnet
    und macht durchs Blut des Sohns mich rein.
    Wo kam dies her, warum geschieht’s?
    Erbarmung ist’s und weiter nichts.
  3. Das muss ich dir, mein Gott, bekennen,
    das rühm ich, wenn ein Mensch mich fragt;
    ich kann es nur Erbarmung nennen,
    so ist mein ganzes Herz gesagt.
    Ich beuge mich und bin erfreut
    und rühme die Barmherzigkeit.
  4. Dies lass ich kein Geschöpf mir rauben,
    dies soll mein einzig Rühmen sein;
    auf dies Erbarmen will ich glauben,
    auf dieses bet ich auch allein,
    auf dieses duld ich in der Not,
    auf dieses hoff ich noch im Tod.
  5. Gott, der du reich bist an Erbarmen,
    reiß dein Erbarmen nicht von mir
    und führe durch den Tod mich Armen
    durch meines Heilands Tod zu dir;
    da bin ich ewig recht erfreut
    und rühme die Barmherzigkeit.

Philipp Friedrich Hiller

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Als Pfarrer die Stimme verloren

Der Dichter des Liedes, Philipp Friedrich Hiller, gehört zu den „Schwabenvätern“. Sein Lehrer war der berühmte Theologe Johann Albrecht Bengel. Als Pfarrer erlebte er im Alter von 51 Jahren ein ebenso schmerzliches wie ungewöhnliches Leid: Er verlor seine Stimme.

Heute würde ein solcher Pfarrer wohl pensioniert werden. Der Liederdichter dagegen blieb im Pfarrdienst. Für die pfarramtlichen Aufgaben stellte Hiller einen Vikar an, während er sich selbst in der Hauptsache dichterischen und schriftstellerischen Aufgaben widmete. So entstanden nicht weniger als 1073 Lieder und die beiden Bände „Geistliches Liederkästlein“.

„Barmherzigkeit“ als Kernwort

Und das Lied „Mir ist Erbarmung widerfahren“? Es beginnt mit einem Pauluswort aus dem ersten Kapitel des ersten Timotheusbriefs (1. Timotheus 1,13), das gleichsam die Überschrift über das ganze Lied darstellt.

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Hier begegnet uns auch gleich das Kernwort des Liedes: „Barmherzigkeit“ (beziehungsweise die Abwandlungen „Erbarmen“ und „Erbarmung“). Insgesamt kommt es in dem fünfstrophigen Gesang nicht weniger als elfmal vor.

Hiller schildert seine Errettung

Zwei weitere Kernworte sind (jeweils am Ende der ersten, dritten und fünften Strophe) die Worte „rühmen“ und „erfreut“. Das Lied ist ein ausgesprochenes Bekenntnislied. In vier Strophen schildert Hiller seine Errettung.

Seine Schilderung kommt aus tiefstem Herzen, sodass er selber sagen kann: „So ist mein ganzes Herz gesagt“. Das Lied endet mit einer Gebetsstrophe, die zugleich ein Ausblick auf die Ewigkeit ist.

Zwei Melodien

Zu dem Lied existieren zwei Melodien. In evangelischen Kirchengemeinden wird es meistens nach der Melodie des Liedes „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ gesungen.

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In dem Gesangbuch „Jesus unsere Freude“ finden wir eine andere, etwas schwungvollere Melodie. Das hat außerdem den Vorteil, dass das Lied so eine eigene Melodie bekommt.

Text: Reinhard Deichgräber


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