Leicht provokant, der Titel. Aber der ist natürlich bewusst gewählt und zeigt, dass man auf beiden Seiten vom Pferd fallen kann. Die ewige Suche nach Glück bringt immer wieder neue Ratgeber hervor. Wir wollen glücklich sein, und was uns unglücklich macht, das muss verbannt werden. Als Menschen einer Freizeitgesellschaft suchen wir krampfhaft nach andauernder Entspannung und verteufeln dabei jegliche Anspannung. Das schafft eine Diskrepanz zwischen Arbeit und Freizeit, die krank machen kann.
Job = böse und Freizeit = gut, Entspannung= Glück??? So einfach wird es in diesem Buch jedenfalls nicht dargestellt.
Die Autorin glaubt nicht daran, das Stress das Gegenteil von Glück ist sondern kommt falschen Versprechungen auf die Spur. Warum haben das Wellnesswochenende oder die Auszeit nur eine so kurze Halbwertszeit? Weil wir dieser Zeit viel zu viel Bedeutung beimessen, schreibt Helen Heinemann. Weil wir erwarten, dass uns solche Zeiten langwertiges Glück und ein in Zukunft verändertes Lebensgefühl bescheren. Dieses Versprechen, diese Erwartung, kann nicht gehalten werden.
In mehreren gut gegliederten und nachvollziehbaren Kapiteln klärt die Autorin darüber auf, worin die eigentliche Lüge besteht. Und das Stress uns nicht krankmacht, sondern eher die falschen Erwartungen, die wir an Arbeit und Freizeit stellen und die vielen Fallen, in die wir in unserem Bemühen um Veränderung tappen.
Da gibt es Kapitel mit Überschriften wie „Work-Life-Balance, das Märchen von der ständigen Erreichbarkeit, Kaputtentspannt oder Lieblingsstress“. Mit Vorurteilen wird gründlich aufgeräumt, mit falschen Werten, mit allem, mit dem wir uns selbst im Weg stehen.
Es muss laut der Autorin mehr darum gehen, unseren eigenen Wert in der Gesellschaft zu definieren und daraus Kraft zu ziehen. Es sind nicht immer Chefs und Kollegen, die uns auslaugen, sondern wir, die sich auslaugen lassen. Wir können stressresistenter sein, wenn wir unseren Wert erkennen und uns abzugrenzen lernen. Dann werden wir nicht unkollegialer sondern achtsamer – uns und den anderen gegenüber.
Helen Heinemann nennt ein eindrückliches Beispiel: Wenn die Dame am Empfang im Frankfurter Bankenhochhaus formuliert, das sie „nur“ die Dame am Empfang ist, dann sei damit der Wert ihrer Tätigkeit nicht annähernd beschrieben. Der könnte z.B. lauten: „Ich sorge dafür, das Menschen, die sich hier nicht auskennen, den richtigen Weg finden und pünktlich zu ihren Terminen kommen!“
Von Cornelia Christophersen