- Werbung -

Buddeln mit Rilke: Ausgrabungen einer Nachwuchsautorin

Wer einen Wettbewerben für Nachwuchsautoren gewinnt, genießt eine intensive Förderung. Doch dabei werden nicht nur Fragen nach Stil und Grammatik gewälzt. Irgendwann muss jeder nach der Antwort auf die elementarste aller Fragen graben: Bin ich tatsächlich ein Autor? Lydia Schubert buddelt. Und findet ihre Leser.

- Werbung -

Ich sitze im ICE: Hinter „Porta“ steht ein Ausrufezeichen. Die Graffitis flitzen vorbei – werden zu Streifensalat, geschichtet. Brückenschatten erinnern kurz an die Nacht. Dächer ziehen vorbei, braune Flicken, Bäume: grüne Wipfel. Nur der Himmel steht still, die Wolken unordentlich.

 Ich fahre zu einem Seminar für christliche Nachwuchsautoren. Vor nicht mal einem Jahr hat mich meine Schwester überredet, einige meiner Texte beim „Nachwuchsautorenwettbewerb der Stiftung Christliche Medien“ einzuschicken. Damals konnte ich mich höchstens mit dem Wort „Nachwuchs“ identifizieren. So ging es den meisten Gewinnern, damals beim ersten Seminar vor einem dreiviertel Jahr, als alle Sieger des Wettbewerbs Referate übers Schreiben und Veröffentlichen von Bestsellern hörten und sich heimlich fragten, ob sie hier richtig waren in ihrem Leben. Mir geht es immer noch so.

 Anfang Juni war nun das zweite Seminar in Holzgerlingen – wieder zwei voll gepackte Tage. Eine Nachwuchsautorin hat schon den ersten Roman veröffentlicht, manche stehen kurz davor, andere schreiben mal mehr, mal weniger. Wir sitzen beim Italiener und reden zwischen „Pizza Rucola“ und Panna Cotta über Fragen wie „Wann schreibst du? Und wie oft?“, „Willst du mal ein Buch veröffentlichen?“ oder „Welches Buch hat dich eigentlich so voll beeindruckt?“ Wer redet schon übers Wetter?

 Und zwischen all dem leckeren Essen gibt’s „Ernst-des-Schreibens“ – Seminare im Hänssler-Verlag, der auch zur Stiftung gehört: Warum Lesen schlau macht, dass der Lektor gar nicht so böse ist, was man außer Büchern noch in der Stiftung machen kann. Friedrich Hänssler, dessen Vater den Hänssler-Verlag gründete, erzählt die Höhepunkte aus 90 Jahren Verlagsgeschichte. Theologie-Professor Eckstein kommt extra aus Tübingen, um uns zu erklären, dass die Gute Nachricht immer noch so sprudelnd wie vor 2.000 Jahren durch uns hindurch zu unseren Lesern fließen kann. Und dass man mit Büchern Menschenleben verändern kann.

- Werbung -

 Und mit Autorin und Pastorin Christina Brudereck schreiben wir „Theopoesie“ in sieben Minuten, also Lyrik über Gott. Und sie liest für uns, von der Annika, die ein bisschen mehr wie Pippi Langstrumpf werden sollte. Da denke ich mir: Es ist toll, Nachwuchsautorin zu sein!

 Und mit all diesen Eindrücken sitze ich dann wieder im ICE, diesmal in die andere Richtung. Und ich merke: ich habe mehr Fragen als vorher. Was ist eigentlich „Christliche Literatur“? Haben nicht viele Bücher eine christliche Botschaft, ohne direkt christlich zu sein? Wie viel will ich eigentlich in ein eigenes Buch investieren? Will ich den Menschen eigentlich was sagen? Was ist mein Thema? Und wenn ja: Wen interessiert das dann? Soll ich nach Zielgruppe schreiben oder einfach nach dem, was mir wichtig ist? Gibt es darauf überhaupt endgültige Antworten oder ist alles Prozess?  Und: Bin ich eigentlich ein Autor?

 Das, meine Damen und Herren, ist die elementarste Frage. Rilke schrieb dazu mal: „Fragen Sie sich in der tiefsten Stunde der Nacht: Muss ich schreiben? Graben Sie in sich nach einer tiefen Antwort.“ Also ziehe ich los, frage mich – und grabe dabei die Erkenntnis aus: Wo ein Leser ist, muss auch irgendwo ein Autor stecken. Deshalb an Sie erstmal: Danke!

(Quelle: jesus.de)

Konnten wir dich inspirieren?

Jesus.de ist gemeinnützig und spendenfinanziert – christlicher, positiver Journalismus für Menschen, die aus dem Glauben leben wollen. Magst du uns helfen, das Angebot finanziell mitzutragen?

NEWSLETTER

BLICKPUNKT - unser Tagesrückblick
täglich von Mo. bis Fr.

Wie wir Deine persönlichen Daten schützen, erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.
Abmeldung im NL selbst oder per Mail an info@jesus.de

Zuletzt veröffentlicht