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Christliche Lobbyarbeit: „Mehr ‚Wumms‘ als man wahrnimmt“

Nach sechseinhalb Jahren beendet Uwe Heimowski seine Arbeit als Politischer Beauftragter der Evangelischen Allianz in Deutschland (EAD). Er erzählt, was ihn im Bundestag überrascht hat und welche politischen Erfolge die EAD feiern konnte.

Uwe, du hast einige Jahre im Bundestagsbüro von Frank Heinrich gearbeitet. Warum hast du dich dann als Politischer Beauftragter der EAD beworben?

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Uwe Heimwoski: Ich war immer schon „Allianz-Mensch“, durch meine geistliche Prägung und die Zusammenarbeit in Gemeinden und Organisationen. Ich war im Jugendarbeitskreis und im Konferenzausschuss der Allianz aktiv. Und dann lag es, nach 15 Jahren in der Gemeinde, in der Luft, dass nochmal was Neues kommt. Für mich total spannend war: Mich haben viele, ganz unterschiedliche Leute angesprochen, als die Stelle ausgeschrieben war, die alle sagten: Uwe, wir haben den Eindruck, du wärst genau der Richtige!

Ungefragt?

Heimwoski: Ja. Von linksevangelikal bis eher konservativ haben mich Leute angesprochen, angerufen oder angeschrieben. Und so habe ich dann auch versucht, meine Rolle auszufüllen: Ich wollte Brückenbauer sein, zwischen Christ und Politik und auch in unsere Szene hinein sagen: Leute, wir sind gemeinsam für Jesus unterwegs, in aller Unterschiedlichkeit!

Warum ist diese Aufgabe so wichtig?

Heimwoski: Weil es Themen gibt, die nicht vertreten wären, wenn wir sie nicht vertreten. Zum Beispiel der Einsatz für verfolgte Christen: Wenn die Evangelische Allianz das nicht zum Thema gemacht hätte, dann wäre es bis heute in Berlin kein Thema. Dass es einen Beauftragten für Internationale Religionsfreiheit gibt, geht auf ein langfristiges Bemühen der Evangelischen Allianz zurück.

Ein zweites Thema: Menschenhandel. Wir setzen uns ein für das sogenannte „Nordische Modell“, das Prostitution verbietet, aber nicht die Prostituierten bestraft, weil in der Prostitution das Menschenrecht von Frauen mit Füßen getreten wird. Freiheit von Sklaverei war seit der Gründung immer ein Riesenthema der Evangelischen Allianz!

Dann sind wir im Bereich Lebensrecht, Lebensschutz eine konservativ-christliche Stimme, die sich für das Lebensrecht von Ungeborenen oder Menschen am Lebensende ausspricht. Das sind mal drei Bereiche, wo wir im besten Sinne Lobbyismus betreiben: also den Abgeordneten die Interessen von Menschen zur Kenntnis bringen.

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Die Evangelische Allianz ist demnach in Berlin ein Faktor?

Heimwoski: Der frühere CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder hat bei seinem Ausscheiden gesagt, die „Evangelische Allianz ist in Berlin nicht mehr wegzudenken“. Oft werde ich gefragt: Für wen stehen Sie denn? Wir haben 370 Werke, 900 Ortsallianzen, ungefähr sind es gut eine Million Wählerinnen und Wähler, die wir vertreten. Wir haben schon mehr „Wumms“ als man selber manchmal wahrnimmt. Wo findest du sonst Interessenvertreter, die so große Gruppen vertreten? Im Vergleich zu den großen Kirchen sind wir klein, im Vergleich zu anderen Interessenverbänden und auch den Parteien sind wir ganz schön groß.

Für die inhaltliche Schlagkraft ist wichtig, dass man sich nicht verzettelt. Wenn wahrgenommen wird: Allianz steht für Religionsfreiheit, hat klare Positionen zu Menschenhandel oder Lebensschutz, steht an der Seite Israels, setzt sich dezidiert für die Aufnahme von Flüchtlingen ein … okay. Wir müssen uns aber nicht zwingend zur Frage äußern, ob man Tempo 130 auf Autobahnen fahren sollte.

Was waren denn im Rückblick besondere Herausforderungen?

Heimwoski: Es war ein klarer Wunsch derjenigen, die mich berufen haben: Lass uns parteipolitisch bitte nicht einseitig sein, sondern mit allen Fraktionen ins Gespräch kommen. Wir mussten uns fragen: Wie nahe wollen wir einer AfD sein, die uns fast umklammert? Wie kriegen wir Kontakt zu Parteien, die uns irgendwie gar nicht mögen? Wo grenzt du dich sinnvoll ab? Wie erweiterst du den Kreis von Ansprechpartnern? Das ist, glaube ich, insgesamt gelungen. Und dazu musst du viele Gespräche führen.

„Wenn wir einfach in eine Ecke, als Evangelikale bevorzugt in die rechte, gesteckt werden, ärgert mich das fürchterlich.“

Uwe Heimowski

Gab es Dinge, die unnötig ärgerlich waren?

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Heimwoski: Ich hab’s tatsächlich eine ganze Legislatur nicht geschafft, ein Gespräch mit dem Religionspolitischen Sprecher einer Fraktion zu führen, der mich immer wieder vertröstet hat. Mit den Beauftragten aller Fraktionen gab es Gespräche, sie sind in unseren Arbeitskreis gekommen, haben mit uns diskutiert. Ein super Dialog! Nur das Gespräch mit diesem einen hat nicht stattgefunden.

Ich fand’s auch ärgerlich, wie manche Journalisten über die Evangelische Allianz berichten, wenn Leute dir Etiketten ankleben, statt dir zuzuhören. Ich hab mich sehr bemüht, mit verschiedenen Menschen im Gespräch zu bleiben, wir haben differenzierte Stellungnahmen herausgebracht, uns für Flüchtlinge eingesetzt … Wenn wir dann einfach in eine Ecke, als Evangelikale bevorzugt in die rechte, gesteckt werden, ärgert mich das fürchterlich.

Wie gut ist es gelungen, in der Wahrnehmung aus der parteipolitischen Einseitigkeit herauszukommen?

Heimwoski: Wir haben viele Gespräche geführt, vielen christlichen Initiativen Türen geöffnet und uns verschiedentlich öffentlich geäußert, eine Reihe differenzierter Verlautbarungen herausgebracht. In der christlichen Szene kriegst du dann manchmal von links und rechts aufs Dach – wo ich denke: Leute, lest doch bitte die Stellungnahme ganz durch!

Vor kurzem haben wir etwas veröffentlicht zum Bibelvers, der als Inschrift am neuen Berliner Schloss angebracht ist. Da sagen viele: Vielen Dank, dass ihr euch differenziert zu Wort meldet und nicht pauschal draufhaut, dass hier das christliche Abendland untergeht. Andere Leute wollen es immer klarer, plakativer. Aber generell sind wir im politischen Berlin gut angekommen, werden weit über Parteigrenzen hinweg wahrgenommen.

Welche Höhepunkte hast du erlebt: Gab es politische Durchbrüche, motivierende Erfahrungen?

Heimwoski: Auf der inhaltlich-politischen Ebene möchte ich zwei Themen herausgreifen. Eins habe ich schon erwähnt: Einen Beauftragten für Internationale Religionsfreiheit hätte es nicht gegeben ohne uns. Die Große Koalition hat das 2018 beschlossen – vor allem, weil die Evangelische Allianz lange gedrängelt hat. Die Ampel-Regierung wollte das Amt eigentlich einstellen, aber wir haben uns deutlich dagegen geäußert. Mit dem neuen Beauftragten, Frank Schwabe von der SPD, sind wir intensiv im Austausch.

Eine ganz andere Sache: Ich war mit in dem Arbeitskreis, der das Gesetz zum Verbot von „Konversionstherapien“ an Homosexuellen erarbeitet hat. Dabei konnte ich die Perspektive einbringen von Menschen, die aus geistlichen Gründen sagen, ich möchte meine Homosexualität nicht ausleben und den Beistand von Seelsorgern suchen. Wäre Seelsorge unter das Verbot gefallen, und das stand im Raum, hätte das dazu führen können, dass die Seelsorger, die homosexuelle Menschen begleiten, kriminalisiert worden wären.

In den Beratungen sagte dann ein schwuler Jurist: Da haben Sie recht, diese Perspektive ist nicht abgebildet. Im Gesetz steht jetzt: Seelsorge ist keine Konversionstherapie. Das war eine tolle Sache. Ansonsten sind viele neue Formate entstanden, die sehr gut angenommen werden: unser Adventsempfang etwa, den wir im November zum fünften Mal organisiert haben, da kommen 90 Leute, 10, 15 Abgeordnete sind mit dabei.

„Es hat mich wirklich überrascht, wie viel geistliches Leben es im Bundestag gibt.“

Uwe Heimowski

Du bist beim Start kein Neuling gewesen im Berliner Politikbetrieb. Hast du im Bundestagsbüro etwas gelernt, das du vorher nicht wusstest?

Heimwoski: Als erstes: An einem Tag im Bundestag bist du oft von morgens sieben manchmal bis nachts um zwei unterwegs, dann gehts im Wahlkreis weiter. Politik ist ein Knochenjob! Die Leute haben großen Respekt verdient – bekommen ihn aber häufig nicht.

Das zweite: Abgeordnete müssen zu fast jedem Thema sprachfähig sein. Dauernd hast du ein Mikro vor der Nase. Plötzlich schwappt Verkehrspolitik hoch – und du sollst auch als Menschenrechtler dazu was sagen. Und wenn du dich mal versprichst, wird das medial noch ausgeschlachtet. Das hätte ich mir so heftig nicht vorgestellt.

Und es hat mich wirklich überrascht, wie viel geistliches Leben es im Bundestag gibt. Jeden Freitag treffen sich 25, 30 Abgeordnete zum Gebetsfrühstück, beten miteinander, lesen die Losung. Jeden Donnerstag und Freitag gibt es eine Andacht im Bundestag, einmal in der Woche eine katholische Messe, jährlich ein Adventssingen und und und …

„AfD-Fraktion ist nicht besonders kirchlich aufgestellt“

Welche Personen waren in den Jahren als Beauftragter wichtig für deine Arbeit?

Heimwoski: Unterschiedliche, aus fast allen Fraktionen. Ein wirklicher Freund der Evangelischen Allianz und Experte für christliche Fragen ist Hermann Gröhe von der CDU. Ein sehr feiner, kluger Mann ist der Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU, Thomas Rachel, bis 2021 Staatssekretär im Bildungsministerium, der jetzt auch im Rat der EKD sitzt. Bei manchen unserer Broschüren hat sich Lars Castellucci, religionspolitischer Sprecher der SPD, viel Zeit genommen, die Inhalte mit uns durchzugehen, wo er gestolpert ist.

Ein paar Mal haben wir Sachen zusammen gemacht mit Petra Pau (Linke), am Anfang meiner Zeit auch mit Volker Beck (Grüne). Bei mehreren Veranstaltungen war der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) unser Gast. Und viele mehr …

Bei der AfD waren wir mit dem religionspolitischen Sprecher Volker Münz, einem Christen, im Austausch. Seit er weg ist, ist das übrigens komplett weggebrochen. In dieser Legislaturperiode hat die AfD als letzte Fraktion dieses Amt besetzt. Die AfD-Fraktion ist nicht besonders kirchlich aufgestellt, auch wenn sie sich manchmal so darstellt, als sei sie für Evangelikale als Einzige wählbar.

„Sprachfähig zu sein, bedeutet immer im Blick zu haben, welche Leute ich anspreche. Da gehts nicht in erster Linie darum, bibelfest zu sein, sondern Inhalte zu transportieren.“

Uwe Heimowski

Zum Thema: „Sprachfähig“. Wie gut verstehen Politiker fromme Menschen – und wie gut verstehen die Frommen die Politiker?

Heimwoski: Ein Beispiel: Wir haben vor Jahren ein Papier gemacht zum Thema Ehe. Damit bin ich zu Volker Beck gegangen, dem Initiator der „Ehe für alle“. Der hat sich viel Mühe gemacht und mir Rückmeldung gegeben. Unserer Arbeitsgruppe war es wichtig, dass da ein Zitat aus Matthäus 19 auftaucht.

Und Volker Beck fragt: „Herr Heimowski, warum steht da ein Bibelvers? Das ist für die Abgeordneten des Bundestags überhaupt nicht relevant. Das ist eine Selbstvergewisserung in Ihre Szene hinein. Wenn Sie Abgeordnete überzeugen wollen, nehmen Sie besser sachliche Argumente!“

Das fand ich wichtig. Sprachfähig zu sein, bedeutet immer im Blick zu haben, welche Leute ich anspreche. Da gehts nicht in erster Linie darum, bibelfest zu sein, sondern Inhalte zu transportieren.

Zuhören als A und O

Wie ist es denn um die Sprachfähigkeit seitens der Christen bestellt?

Heimwoski: Viele neigen dazu, eine häufig nicht verständliche Binnensprache zu sprechen. Das gilt aber auch für andere Gruppen. Im Kern geht es immer darum, zuzuhören und die Argumente des Gegenübers zu verstehen. Wenn die religionspolitischen Sprecher in unseren Arbeitskreis kommen, ist uns wichtig, sie kennenzulernen und ihnen zuzuhören.

Das wünsche ich mir auch für Gemeinden vor Ort. Wenn du mit dem Landtagsabgeordneten, dem Bürgermeister und dem Stadtrat nicht im Gespräch bist, dann weißt du auch nicht, was eigentlich deren Anliegen sind.

Welche Veränderungen in Gemeinden wären aus deiner Erfahrung gut?

Heimwoski: Gemeinden müssen wahrnehmen, dass Politik ein Auftrag ist, der auch Christen betrifft. Im politischen Leben tun ganz viele Menschen etwas für uns. Wir brauchen ein anderes Bild: Politik ist nicht in erster Linie korrupt und schmutzig. Und wir brauchen die Bereitschaft mitzuwirken. Wenn immer nur die anderen Elternsprecher sind, Trainer im Fußballverein oder diejenigen, die in die Parteien gehen – und wir uns dann beschweren, dass die alle nicht christlich sind – das ist ja absurd!

Das zweite ist, dass Politik ganz viel mit Engagement zu tun hat. Ich sehe mittlerweile viel gesellschaftspolitisches Engagement: Gemeinden gründen Kitas, Schulen oder eine Micha-Lokalgruppe, starten Flüchtlingshilfen. Ich würde mich freuen, wenn einzelne auch sagen: Ich engagiere mich in einer Partei. Und was Gemeinden natürlich machen können, ist Beten, gerne auch öffentlich.

„Wir müssen entdecken, was wir für Schätze haben! „

Uwe Heimowski

Eine tolle Erfahrung: Im März letzten Jahres war ein Abgeordneter zu Gast in einem Friedensgebet im Bundestag. Wir haben uns hinterher gesprochen. Er hatte mit Glauben nicht viel am Hut. Aber er sagte zu mir: „Mich hat total beeindruckt, dass Sie als Christen eine Sprache gefunden haben, die ich als Nichtchrist nicht habe. Sie haben in Psalmen die Klagen ausgedrückt, mit Ihren Gebeten Hoffnung; und Sie hatten Leute aus der Ukraine und aus Russland dabei – die haben gemeinsam ein Bild der Versöhnung abgegeben.“ Der, der nichts von Gott weiß, kommt aus diesem Friedensgebet und ist beeindruckt. Wir müssen entdecken, was wir für Schätze haben!

Nimmst du mit einem lachenden oder mehr mit einem weinenden Auge Abschied?

Heimwoski: Beides. Ich mache das gerne, habe eine Leidenschaft für Politik, aber ich schaffe es nach meinem Herzinfarkt 2021 nicht mehr. Ich fühle mich ein bisschen wie ein Sportler, der gerne noch Bundesliga spielen würde, aber sein Knie macht’s nicht mehr.

Das lachende Auge: Ich habe noch ein knappes Jahrzehnt bis zum Ruhestand, bin einigermaßen genesen und hab auch Lust, noch was Neues zu machen. Und ich habe Erfahrungen sammeln können, die für das, was als Nächstes kommt, sicher hilfreich sind. [Nach dem Gespräch wurde bekannt, dass Uwe Heimowski zum 1. Mai neuer Leiter der Entwicklungsorganisation Tearfund Deutschland wird; Anm. d. Red.]

Auch politisch gilt beides. Manches im Bereich von Lebensschutz oder Familienpolitik ist zum Weinen. Anderes ist beeindruckend: Der Bundestag hat sich deutlich verjüngt. Da muss man schon sagen, grade die Grünen haben es geschafft, viele junge Leute zu gewinnen.

Ich finde beispielhaft, dass eine exponierte Person wie Robert Habeck angesichts der Weltlage in der Öffentlichkeit darüber nachdenkt, dass bisherige Positionen vielleicht ganz neu gedacht werden müssen. Wer sich selbst hinterfragen kann, hat meinen Respekt.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Jörg Podworny.


Ausgabe 1/23

Dieses Interview ist im EiNS-Magazin der Evangelischen Allianz in Deutschland (EAD) erschienen. EiNS wird in Teilen vom SCM Bundes-Verlag produziert, zu dem auch Jesus.de gehört.

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2 Kommentare

  1. Danke lieber Uwe Heimowski für Ihre Arbeit und für das Teilhaben daran. Sehr gutes und informatives Interview. Viele wertvolle Informationen.

  2. Christinnen und Christen sind Brückenbauer

    „Ich wollte Brückenbauer sein, zwischen Christ und Politik“! Uwe Heimowski beschreibt hier einen wichtigen Grundsatz: Politik und christlicher Glaube stehen sich nicht – gewissermaßen unvereinbar – gegenüber. Sie ergeben sich nach meiner Meinung auch nicht auseinander. Aber sie sind in Jesu Sichtweise: „Dem Kaiser was des Kaiser`s ist und Gott was Gottes ist“ zu geben. Allerdings gehört hier dazu, dass Jesu vertreten hat, wir sollten „Salz der Erde sein“, da wie logischerweise das Essen ohne Salz geradezu ungeniesbar wird. Um beim Bild zu bleiben, sind wir das Salz in der Suppe der Gesellschaft. Womöglich ist dies auch deshalb richtig, weil Welt und Gesellschaft nicht von oben her veränderbar ist. Nicht also wenn wir die Mächtigen, Einflussreichen und Richtigdenkenden durch andere Mächtige, Einflussreiche und Richtigdenkende austauschen. So auch nicht in in der Demokratie jene Parlamentarier durch andere, Parteien durch andere Parteien in Regierungsmacht: Das mag manchmal sinnvoll sein, es ist aber nicht der Königsweg wirklicher Veränderung. Der bessere, sinnvollere und nachhaltigere Weg besteht darin, unsere Fundamente in unseren Seelen zu zementieren und damit Gesellschaft und Welt von innen her mit mehr Menschlichkeit (und auch Christlichkeit) zu versehen. Bei einer Tagung von Sozialarbeitenden sagte einmal der Referierende: Eine ganz wichtige Entscheidung für mich – und für uns alle ist – zu wissen und zu wollen, auf welchem Fundament wir unser Leben aufbauen. Also konkret: Ob ich ein Christ bin, oder ob ich es nicht bin. Am schlimmsten sei es, so dazwischen zu lavieren: Dies macht nur unglücklich. So gesehen, mit dem richtigen Fundament, sind Christen auch für die Politik bestellt, in den Parteien zu wirken, Brückenbauer zu sein, die Welt gemeinsam menschlicher zu machen und sich einer bösartigen sowie unsachlichen Sprache in keinem Falle zu bedienen. Jesus hat die Tische der Verkäufer vor dem Tempel umgestoßen, und seine Feinde geliebt. Für ihn gab es auch keine Unberührbaren: Wer dies nicht politisch nennt, in einem positiven und konstruktiven Sinne, dem ist nicht mehr zu helfen. Christliche Politiker und politische Christen sind immer Brückenbauer. Im Gegensatz zu jenen, die das oberste Ziel darin sehen, Unfrieden und Feindschaft zu säen. Für mich als immer unvollkommener Jesusnachfolger ist wichtig, dass ich überhaupt nicht glaube, dass Nichtchristen nicht genauso freundliche und zugewandte Zeitgenossen sein können wie wir Freunde des Mannes aus Nazareth. Und dass der Heilige Geist wirkt wo er will, also durchaus nicht nur in unseren Heiligen Hallen. Manchmal dort, wie wir dies nie vermutet hätten.

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