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Israels Parallelgesellschaft: Frauenfeindlich, staatlich subventioniert, ultraorthodox

Die Männer sind schwarz, die Frauen züchtig gekleidet. Ihre Kinder gehen auf eigene Schulen, sie leben in eigenen Wohnvierteln und lesen eigene Zeitungen. Die ultraorthodoxe Bevölkerung Israels ist eine Gesellschaft innerhalb einer Gesellschaft.

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 Schon die Kleidung der Ultraorthodoxen signalisiert Abgrenzung. Manche Männer tragen einen Frack, andere Fellmützen, Kniehosen und Lackschuhe. Wenn ein Ultraorthodoxer auf der Straße gehe, könne die absolute Mehrheit der anderen Ultraorthodoxen ihn anhand seiner Kleidung zuordnen, meint der israelische Journalist Amon Levy. Hut oder Art des Anzugs signalisiere zu welcher Gemeinde ihr Träger gehört. Mit den übrigen Israelis – den Ungläubigen und den Nichtjuden im Land – wollen die Ultraorthodoxen nichts zu tun haben.

 Die Abgrenzung zeigt sich auch im Straßenbild ultraorthodoxer Viertel wie Mea Schearim, Bnei Brak und Beit Schemesch: «Internet verursacht Krebs», steht dort auf Anzeigentafeln, nichts sei verbotener als der Gebrauch von Computern und: «Wer mit einem unkoscheren Mobiltelefon anruft, tut das auf eigene Verantwortung.» Für die Frommen, die dennoch das Internet nutzen, gibt es «koschere Server», die unzüchtige Informationen und Fotos herausfiltern.

 Auch die Zeitung «Jated Neeman», die der ultraorthodoxen Partei «Degel HaThora» nahesteht, orientiert sich an ihrer Leserschaft: Mit Photoshop etwa werden die zwei Ministerinnen aus dem Gruppenbild des Kabinetts gelöscht. Journalistinnen müssen ihre Namen ändern, wenn sie in dem Blatt veröffentlichen wollen. Komplett frauenfrei ist auch der Radiosender «Kol chai», der weder Zuhörerinnen auf Sendung schaltet, noch Moderatorinnen hat.

 Wo immer Ultraorthodoxe und weltliche Juden aufeinandertreffen, drohen Konflikte. Zu unterschiedlich sind die Weltanschauungen: Die Gleichberechtigung der Geschlechter und sexuelle Freiheit, Fragen von Demokratie und Rechtsstaat oder die Verteilung öffentlicher Ressourcen sind nur einige der Streitpunkte.

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 Schon die Gründungsväter des Staates Israel tragen eine Mitschuld daran, dass es zu keiner stärkeren Durchmischung der Bevölkerung gekommen ist. Der erste Regierungschef David Ben-Gurion (1886-1973) befreite die Orthodoxen von der Armee und ließ sie mit Geldern aus dem Staatshaushalt eigene Schulen finanzieren. Heute dient ein Siebtel der Ultraorthodoxen in der Armee, wo extra frauenfreie Einheiten und strikt koschere Kantinen eingerichtet wurden sowie die Möglichkeit zum Talmudstudium besteht. Weniger als die Hälfte der ultraorthodoxen Männer arbeitet.

 Ultraorthodoxe zahlen in den eigens für sie errichteten Wohnvierteln billige Mieten. Talmudschulen mit einem Minimum von 15 Schülern bekommen Finanzhilfe aus dem öffentlichen Haushalt. Umgerechnet 80 Euro zahlt eine ultraorthodoxe Familie für die monatliche Betreuung ihres Vorschulkindes. Preise, von denen andere Israelis nur träumen können. Sie müssen rund das Fünffache dafür auf den Tisch legen.

 Der Unmut vieler weltlicher Steuerzahler richtet sich daher nicht nur gegen die Vertreibung von Frauen von den vorderen Sitzen im Bus, sondern auch gegen die wachsende Bürde für den staatlichen Haushalt. Die Geburtsrate bei den Ultraorthodoxen ist doppelt so hoch wie beim Rest der Nation. Parteien, wie einst die antireligiöse «Schinui» oder die «Israel Beteinu» des heutigen Außenministers Avigdor Liebermann, sind so populär, weil sie den Frust der weltlichen Israelis aufnehmen.

 Die gerechtere Verteilung der öffentlichen Gelder war eine Forderung des landesweiten Zeltprotestes im vergangenen Sommer. Die Hunderttausenden Demonstranten erreichten zwar, dass ab dem kommenden Schuljahr die Betreuung für alle Kinder ab dem 3. Lebensjahr vom Staat getragen wird. Kürzungen bei der Finanzierung der Talmudschulen, wie sie von einer Expertenkommission vorgeschlagen wurden, kamen hingegen im Kabinett gar nicht erst zur Debatte.

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(Quelle: epd)

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