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Margot Käßmann: Mit Gottvertrauen und Respekt in große Fußstapfen

Die kleine Freudenträne blinzelt Margot Käßmann schnell weg und eilt nach vorne zum Podium. Sie hat es geschafft, endlich, als erste Frau. Kurz nach zehn Uhr am Mittwochmorgen steht fest: Die 51-jährige wird für die nächsten sechs Jahre an der Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) stehen.

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 Die Wahl, auch die deutliche Mehrheit – 132 Ja-Stimmen von insgesamt 141 gültigen Voten -, kamen nicht mehr überraschend. War in den Wochen vor der Synodentagung noch gemunkelt worden, ob eine geschiedene Frau tatsächlich EKD-Ratsvorsitzende werden kann, so hatte sich seit Sonntagabend die Waage zugunsten von Käßmann geneigt.

 Die Mutter von vier Töchtern beherrscht die Kunst, zugleich als versierte Theologin, als fromme Christin und als Mensch wie du und ich aufzutreten. Das hatte auch die Synodalen eingenommen. Bei der Kandidatenvorstellung sprach Käßmann offen über ihre Scheidung und fand Worte, die Gänsehaut-Stimmung verbreiteten: «Mit Trauer musste ich mich damit auseinandersetzen, dass mir ein anderes Geschenk, nämlich das einer lebenslangen Ehe, nicht gewährt wurde.»

 Mit der Lebensweisheit ihrer Oma macht die Bischöfin nach ihrer Wahl zur Ratsvorsitzenden mit Augenzwinkern deutlich, dass sie den festen Boden unter den Füßen nicht verloren hat. Ihre Großmutter habe ihr nach ihrer Ordinierung zur Pfarrerin gesagt: «Wem der liebe Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch die Kraft, es auszufüllen.»

 Es ist der zierlichen Frau mit den großen dunklen Augen anzumerken, dass sie mit Elan an die Arbeit gehen wird. Schon vor sechs Jahren war sie für den Posten gehandelt worden. Damals entschieden sich Synode und Kirchenkonferenz für die traditionelle männliche Lösung und wählten Wolfgang Huber an die Spitze.

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 Käßmann ist bewusst, dass sie in große Fußstapfen tritt. Von «allergrößtem Respekt vor der vor mir liegenden Aufgabe» spricht sie, und von den «enormen Maßstäben, die Wolfgang Huber gesetzt hat». Huber war so präsent in der Öffentlichkeit wie keiner seiner Vorgänger. Eine Talkshow meisterte er ebenso gut wie einen Gastvortrag an einer theologischen Fakultät.

 Der Bischöfin der größten evangelischen Landeskirche wird allerdings eine wärmere Ausstrahlung nachgesagt. Sie zeigt auch immer wieder Emotionen. Schon bei ihrer Wahl in den neuen Rat am Dienstag musste Käßmann mit den Tränen kämpfen. Als einzige Kandidatin erreichte sie im ersten Wahlgang die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit. Als sie am späten Abend dann auch noch die Nachricht vom Tod ihres Regionalbischofs aus Stade, Manfred Horch, erreicht, ist es – nach der Anspannung der zurückliegenden Tage – um ihre Fassung endgültig geschehen.

 Manche Kandidaten schafften die Zwei-Drittel-Mehrheit bis in die Nacht hinein nicht. Erst nachts um halb zwei war klar, dass keine Einigung mehr für den letzten freien Platz im Rat zustande kommen würde. Jetzt startet der Rat mit nur 14 statt 15 Mitgliedern in seine sechsjährige Amtszeit. Die verpatzte Wahl wurde kirchenintern als Wermutstropfen empfunden.

 Ohne jede Störung verläuft dafür die Wahl von Käßmanns Stellvertreter, dem 62 Jahre alten Präses der rheinischen Landeskirche Nikolaus Schneider. Käßmann sieht zufrieden aus: «Ich kenne Niko Schneider schon lange und freue mich sehr.»

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 Am meisten aber freut sich die Bischöfin über ihre eigene Kirche – die Wort gehalten hat: Frauen können alle Ämter in der Kirche wahrnehmen. Im Mai wurde Katrin Göring-Eckardt als Präses Chefin der Synode. Ein knappes halbes Jahr später steht Käßmann ganz oben. «Es bewegt mich, dass die evangelische Kirche jetzt diesen Schritt gegangen ist.» Dass just am gleichen Tag auch Angela Merkel zum zweiten Mal zur Bundeskanzlerin gewählt wird, wird da fast zur Randnotiz. 

(Quelle: epd)

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