- Werbung -

Klinikseelsorger: Sterbende nicht alleine lassen

Klinikseelsorger Matthias Struth will Menschen Berührungsängste im Umgang mit Sterbenden nehmen. Viele seien in ihrer letzten Lebensphase dankbar für eine offene Begegnung.

Von Stephan Cezanne (epd-Gespräch)

«Die meisten sterbenden Menschen sind unsagbar stark und können selbst in der Sterbesituation den Angehörigen noch einmal Kraft geben», sagte der Pfarrer und Buchautor («Letzte Fragen. Was Sterbende wissen wollen») dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sterbende könnten meist deutlich machen, was sie brauchen.

Am wichtigsten sei, dass «Sterbende nicht alleingelassen werden», fügte Struth hinzu, der seit zehn Jahren am Universitätsklinikum in Frankfurt am Main tätig ist. Viele seien in ihrer letzten Lebensphase dankbar für eine einfühlsame und offene Begegnung. Vielleicht könnten dabei auch «die Schätze des Lebens noch einmal gehoben und präsent gemacht werden». Dabei gehe es um ein «absichtsloses Angebot», das Aushalten der Situation, nicht immer um ein Miteinanderreden.

„Gibt es da noch mehr?“

Der Sterbeprozess verlaufe in der Regel sehr leise und unspektakulär, sagte der 1970 geborene Struth. Die großen Fragen nach einem Weiterleben nach dem Tod oder Gott könnten bei manchen Menschen in dieser Lebensphase jedoch durchaus eine Rolle spielen. Viele hätten die Frage «Gibt es da noch mehr?» ihr Leben lang hintangestellt.

Es gebe auch Menschen, denen es wichtig ist, zu sagen, was sie noch belastet und quält. Diese Ängste müsse man zulassen und nicht aus guter Absicht wegreden. «Aber das ist wirklich ein sehr geringer Prozentsatz.» Auch wer Dinge im Leben – verpasste Chancen, unerfüllte Träume oder ungelöste Konflikte – nicht bewältigen konnte, sei am Ende nicht selten dann doch versöhnt. Im Vordergrund stehe die Stille, «das Leben wird langsam weniger».

Sterben im engsten Kreis

Aus seiner Sicht sei das Sterben zunehmend aus dem öffentlichen Raum herausgenommen worden, sagte Struth. Früher sei der Umgang mit dem Tod und dem Sterben stärker in eine Gemeinschaft eingebunden gewesen, etwa in einem Dorf: «Die Leute sind zu Sterbenden nach Hause gegangen. Der Tote wurde im Haus aufgebahrt.» Dass Sterbende alleingelassen werden, habe er jedoch auch heute nie wirklich erlebt. Der engste Kreis der Familie oder professionelle Kräfte seien immer da.

Die Zeit der Corona-Pandemie bezeichnete Struth in diesem Zusammenhang als beispiellose Herausforderung: «In der ersten Welle sind die Menschen, die mit dem Virus infiziert waren, sehr einsam gestorben.» Da sind Menschen ins Krankenhaus gekommen, die ihren Angehörigen entzogen wurden, sagte Struth: «Es war für die Angehörigen genauso schlimm wie für die Sterbenden selbst. Traumatisch war es auch für die Mitarbeiter auf der Station.» Später, in der zweiten Welle, konnten sich Angehörige wieder verabschieden.

Die Schwerpunkte von Struths Arbeit sind die Seelsorge auf chirurgischen Intensivstationen und priesterliche Dienste im gesamten Klinikum. Der Ethikberater im Gesundheitswesen bildet zudem Ehrenamtliche für die Mitarbeit in der Seelsorge aus.

Quelleepd

Konnten wir dich inspirieren?

Jesus.de ist gemeinnützig und spendenfinanziert – christlicher, positiver Journalismus für Menschen, die aus dem Glauben leben wollen. Magst du uns helfen, das Angebot finanziell mitzutragen?

NEWSLETTER

BLICKPUNKT - unser Tagesrückblick
täglich von Mo. bis Fr.

Wie wir Deine persönlichen Daten schützen, erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.
Abmeldung im NL selbst oder per Mail an info@jesus.de

WICHTIG:
Wenn du einen Kommentar schreibst, erklärst du dich mit unseren Nutzungsbedingungen einverstanden.

1 Kommentar

  1. Jede/r muss sterben und Gott begegnen

    Ich halte es auch für eine persönlich sehr prägende Erfahrung, beim Sterben dabei gewesen zu sein. Leider haben aber davor viele Menschen – eher unbewusst – anscheinend größere Angst. Küchenpsychologisch scheint aber bewiesen, daß fast jede/r und in jüngeren Jahren noch vermehrt – die Frage einer Unausweichlichkeit des eigenen Todes keine Relevanz eingeräumt zu haben – und damit (fast!!) geglaubt, auch lediglich nur die anderen Leute würden die letzte Reise antreten. In immer höheren Altersbereichen, wo uns nahe Menschen einfach wegsterben, erreicht uns dann auch Ahnung davon, daß der letzte ICE (nicht nach Nirgendwo), schon bald in Sicht kommt. Nun glaube ich nicht daß uns eine böse Überraschung begegnet, oder das pure Nichts, sondern wir alle dahin zurück gehen, wo wir eigentlich unsere Heimat haben: Bei Gott. Ich habe mir auch sagen lassen und glaube es auch, daß zwei Gruppen von Menschen oft gelöst und befreit in der letzten Sterbephase dann alles loslassen können: Jene, die an nichts bzw. nur an ein sich Auflösen im Universum glauben. Oder anderen, die intuitiv wissen: Wir können nicht tiefer fallen als in die Hände eines sehr liebevollen Gottes. Aber wenn Gott Liebe ist, dann kann er auch nicht das pure Gegenteil sein. Denn die Hölle halten wir leider selbst auf Dampf. Gott ist gut und damit auch vollkommen gut. Oder macht uns falsche Angst vor Gott auch im Glauben und Hoffen fast schon sprachlos?
    Unzählige Menschen mit Nahtod-Erfahrungen bezeugen uns durch ihre ganz neue Erfahrung, daß der liebende Gott Angst zum Auslaufmodell des Lebens macht. Alle Menschen sind Kinder Gottes und dazu vorbestimmt, Gott zu begegnen. Dafür hat Jesus am Kreuz den Weg geebnet. Es wurden alle unsere Versämnisse (bildlich) an den Stamm des Kreuzes angenagelt und damit vorallem unsere Lieblosigkeit himmlich-notariell durchgestrichen. Gott hat uns immer schon geliebt, weil er uns wie das gesamte unendliche Universum erschuf. Gott ist in allen Dingen und alle Dinge sind in Gott. Wer dies verinnerlicht, kann sogar besser schlafen. Es kann mir einfach nicht etwas vernichtendes passieren, in aller Ewigkeit.

WAS KANNST DU ZUM GESPRÄCH BEITRAGEN?

Bitte gib hier deinen Kommentar ein
Bitte gib hier deinen Namen ein

Die neusten Artikel