Die Evangelische Kirche von Westfalen will bei der Leitung der Kirchengemeinden völlig neue Wege gehen. Ein Grund dafür ist der Mangel an theologischem Nachwuchs.
Die Gemeinden sollen nicht mehr nur von Presbyterien geleitet werden können, sondern alternativ auch von einer kleinen Gruppe von drei bis zehn Menschen. Das Landeskirchenparlament beschloss am Mittwoch in Bielefeld ein Gesetz, nach dem bis zu zehn Prozent der 431 westfälischen Gemeinden dieses Modell vom kommenden Jahr an ausprobieren können, bis es möglicherweise dauerhaft und flächendeckend etabliert wird.
Voraussetzung für die Mitgliedschaft im neuen Leitungsorgan soll nur noch die Mitgliedschaft in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sein – man muss also nicht unbedingt der Gemeinde angehören. Mehrere Kirchengemeinden können auch ein gemeinsames Leitungsorgan bilden, zudem ist die Mitgliedschaft in mehreren Gemeindeleitungen möglich.
Pfarrerinnen und Pfarrer sind in den Gemeinden, die bei der Erprobung mitmachen, nicht mehr von Amts wegen in der Gemeindeleitung. Diese kann auch rein ehrenamtlich besetzt sein. Die Pfarrpersonen könnten sich also bei einem Verzicht auf Mitgliedschaft in der Leitung auf andere Aufgaben konzentrieren. Hintergrund ist auch ein Mangel an theologischem Nachwuchs.
Die Neuerung wird in Zeiten sinkender Mitgliederzahlen als Chance gesehen, Leitungsgremien zu verkleinern oder für mehrere Kirchengemeinden zusammenzulegen und so Entscheidungsprozesse zu beschleunigen. Für die Presbyterien ist es zudem immer schwerer, genügend ehrenamtliche Mitglieder zu finden. Das Modell soll ferner verlässliche Regelungen für sogenannte „Interprofessionelle Teams“ erleichtern, bei denen Pfarrleute mit anderen Berufsgruppen wie Gemeindepädagogen zusammenarbeiten, die auch pfarramtliche Aufgaben übernehmen.
Die Einsetzung der neuen Gemeindeleitungen kann durch eine Wahl oder durch Berufung erfolgen. Die Erfahrungen mit dem alternativen Modell sollen während der Erprobung, die bis Ende 2032 befristet ist, evaluiert und gegebenenfalls dauerhaft umgesetzt werden.
Ich stehe hier etwas auf dem Schlauch und es wäre nett, wenn mir das jemand näher erläutern könnte.
Gibt es nicht bereits jetzt als Gemeindeleitung den Kirchenvorstand, der in regelmäßigen Abständen von allen Gemeindemitgliedern gewählt wird?
Gut, den gehört auch immer der Pastor an.
Aber wo soll da jetzt der große Unterschied sein, außer dass sich jetzt mehrere Gemeinden verwaltungsmäßig zusammenschließen können?
Auf die Idee einer Gemeindeversammlung, bei der sich alle Interessierten beteiligen könnten, kommen sie immer noch nicht …
Gremien nur in absoluten Notfällen einsetzen
Aber lieber Herr Wößner: Ich glaube allerdings, daß es kirchenrechtlich gar nicht möglich ist, so einfach eine Gemeindeversammlung über alles entscheiden zu lassen. Das kann man in organisatorischen Fragen so machen, aber da wo es sich um Verwaltungsakte handelt, geht das auch nicht anders. Und jeder Insider weiß, dass es vorallem in größeren Gemeinden ganz viele solche Angelegenheit gibt. Ich halte aber dieses neue (Notfall-)Gremium, das anstelle der Kirchenvorstände agiert, nicht für der Weisheit letzter Schluß, allenfalls wenn alle Stricke reißen und man wirklich keine Wahlbereiten findet. Denn Kirchenvorsteher:innen haben ja auch andere wichtige Aufgabe und sie sind u.a. doch sehr wichtige persönliche Ansprechpartner in den Gemeinden. Pfarrer:innen und Kirchenvorsteherinnen – sind auf beiden Seiten miteinander KollegInnen, aber sie spiegeln ein wenig auch das protestantische Prinzip wieder der Priesterschaft aller Gläubigen. Also einfach dann Leute ggfls. fast nur noch so zu berufen, wäre fatal und würde falsche Signale senden. Wir können immerhin stolz sein, daß unsere Ev. Kirchen doch demokratische Strukturen haben. (Im übrigen ist die Bereitschaft für Wahlämter wahrscheinlich nicht nur in der Kirche, sondern auch in anderen Bezügen immer schwierig, oder wird schwieriger. Die verbindliche Bereitschaft auch im Ehrenamt bröckelt)
Das heißt, die Unmündigkeit der „Laien“ bleibt festgeschrieben …