Der Göttinger Theologe Gerd Lüdemann ist tot. Er starb bereits am 23. Mai nach schwerer Krankheit im Alter von 74 Jahren, wie seine jetzt Familie mitteilte. Bekannt wurde er durch seine Zweifel an der Echtheit zahlreicher biblischer Texte.
Lüdemann lehrte von 1983 bis 1999 Neues Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Göttingen. Von 1999 an bis zum Eintritt in den Ruhestand 2011 lehrte er dort mit einem Sonderstatus „Geschichte und Literatur des frühen Christentums“ und leitete an der Hochschule die Abteilung „Frühchristliche Studien“ des „Instituts für Spezialforschungen“.
In den 1990er Jahren hatte sich Lüdemann in Büchern und Interviews vom christlichen Glauben losgesagt. Er blieb aber Mitglied der evangelisch-lutherischen Kirche. Wegen seiner öffentlichen Abkehr vom christlichen Glauben gliederte die Universität Lüdemanns Lehrstuhl im Einvernehmen mit der Kirche aus der Fakultät aus. Dieses Fach war nicht konfessionsgebunden und für die Ausbildung der Nachwuchstheologen nicht verbindlich. Es folgte ein Rechtsstreit durch sämtliche Instanzen. 2008 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Umwandlung des Lehrstuhls für rechtens.
In seinen zahlreichen Büchern konzentrierte sich Lüdemann auf eine kritische Betrachtung des Auferstehungsglaubens und äußerte starke Zweifel an der Echtheit vieler überlieferter Bibeltexte, einschließlich der Evangelien. Auch die biblischen Darstellungen von der Geburt Jesu bezeichnete Lüdemann als Erfindungen. Die Veröffentlichungen des Wissenschaftlers führten zu scharfen Kontroversen in Kirche und Wissenschaft.