Eltern, die ihre Kinder nicht zur Schule schicken, dürfen bestraft werden. Eine entsprechende Strafnorm sei mit dem Grundgesetz vereinbar, hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden.
Eine Verfassungsbeschwerde der Eltern gegen eine strafrechtliche Verfolgung dieses Vergehens werde wegen mangelnder Aussicht auf Erfolg nicht angenommen, entschied das Bundesverfassungsgericht. Angestrengt hatte die Beschwerde ein Elternpaar aus Nordhessen, das seinen neun Kindern den Schulbesuch seit Jahren verweigert.
Die Eltern, die ihre Kinder aus Glaubens- und Gewissensgründen nicht zur Schule schicken, sondern zu Hause selbst unterrichten, waren im vergangenen Jahr vom Amtsgericht Fritzlar zu einer Geldstrafe von je 700 Euro verurteilt worden. Berufung und Revision gegen das Urteil waren ohne Erfolg geblieben. Die Eltern hatten mehrfach erklärt, ein Schulbesuch ihrer schulpflichtigen Kinder sei nicht mit ihrer christlichen Überzeugung vereinbar. Sie störten sich etwa am Sexualkundeunterricht in der öffentlichen Schule und daran, dass die Kinder dort in Kontakt mit Alkohol und Drogen kommen könnten. Die Eltern wehren sich bereits seit zwei Jahrzehnten gegen die Schulpflicht und standen deshalb schon mehrmals vor Gericht.
„Berechtigtes Allgemeininteresse“
Das Bundesverfassungsgericht wies demgegenüber darauf hin, dass die Allgemeinheit ein berechtigtes Interesse daran habe, der Entstehung von religiös oder weltanschaulich motivierten „Parallelgesellschaften“ entgegenzuwirken. Selbst ein erfolgreicher Hausunterricht verhindere nicht, dass sich die Kinder einem Dialog mit Andersdenkenden verschlössen. Er sei deshalb nicht geeignet, insbesondere die in einer Klassengemeinschaft gelebte Toleranz zu fördern.
Das Bundesverfassungsgericht bestätigt zudem, dass die Eltern wegen jedes einzelnen Kindes verurteilt werden können. Eine unzulässige Doppelbestrafung liege hier nicht vor. Eltern seien bezüglich jedes einzelnen Kindes gefordert, dessen Teilnahme am Unterricht zu gewährleisten.