Acht Jahre lang saß die pakistanische Christin Asia Bibi wegen angeblicher Beleidigung Mohammeds in der Todeszelle. Nun hat sie der Oberste Gerichtshof ihres Landes trotz des Drucks islamistischer Gruppen von allen Vorwürfen freigesprochen. In Pakistan wird Asia Bibi allerdings nicht bleiben können.
Im Jahr 2010 hatte ein Distriktgericht in der Stadt Punjab Asia Bibi, die eigentlich Asia Noreen heißt, zum Tod durch den Strang verurteilt. Das Urteil löste international Empörung aus. Rechtsgrundlage für die Verurteilung war Paragraf 295 des pakistanischen Strafgesetzbuches. Dort ist für die Beleidigung Mohammeds die Todesstrafe festgeschrieben. Genau dies soll die gläubige Katholikin laut Zeugenaussagen im Juni 2009 im Laufe eines Streits mit muslimischen Frauen aus ihrem Heimatdorf Ittanwali in der Provinz Punjab getan haben. Die Christin hatte die Vorwürfe stets bestritten (Jesus.de berichtete).
2014 rief Asia Bibi nach einer Bestätigung des Todesurteils durch ein Provinzgericht den Obersten Gerichtshof in der Hauptstadt Islamabad an. Dieser sprach die Christin nun frei. Die Richter seien zu der Auffassung gekommen, dass die Vorwürfe juristisch nicht ausreichend seien, die Schuld von Asia Bibi somit nicht zweifelsfrei nachweisbar, berichtet der Guardian (Englisch).
Pakistanische Menschenrechtler feierten das Urteil als „Meilenstein“ in der Geschichte des Landes. Auch Vertreter von Hilfsorganisationen reagierten erleichtert. „Das ist ein großer Tag für Asia Bibi und ihre Familie, für die Religionsfreiheit und auch für das ganze Land Pakistan“, kommentierte Prälat Klaus Krämer, Präsident des katholischen Hilfswerkes missio Aachen, die Aufhebung des Todesurteils. Das Hilfswerk hatte 2014 für ihre Freilassung 18.425 Unterschriften gesammelt und an die damalige Bundesregierung übergeben, die die Petition an die verantwortlichen Politiker in Pakistan weiterleitete. Auch Open Doors und andere internationale Hilfswerke hatten immer wieder auf das Schicksal von Asia Bibi hingewiesen. Darüber hinaus hatten sich die UNO, der Papst und Politiker weltweit für die Freilassung der Katholikin eingesetzt.
Keine Zukunft für Asia Bibi in Pakistan
Wie wird es nun weitergehen? In Pakistan wird Asia Bibi nach ihrer Freilassung nicht bleiben können. Dies hatte ihr Anwalt schon vor der Urteilsverkündung klargestellt. Er rechne mit Protesten und Toten. Islamistische Gruppierungen hatten vor dem Urteil für den Fall eines Freispruchs „furchtbare Konsequenzen“ angekündigt. Es hatte auch Morddrohungen gegen die beteiligten Richter gegeben. Laut der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) hatte das Oberste Gericht deshalb vorsorglich in einer Mitteilung an wichtige Medien des Landes die Presse dazu aufgefordert, nicht über den Freispruch zu berichten. Trotzdem ist es nach übereinstimmenden Medienberichten bereits zu Protesten gekommen. Bilder zeigen aufgebrachte Demonstranten auf der Straße.
Über den Gesundheitszustand von Asia Bibi ist nach acht Jahren Isolationshaft nur wenig bekannt. Ihr Mann erklärte vor der Urteilsverkündung gegenüber dem Guardian, dass seine Frau nach wie vor „geistlich stark sei“ und bereit, für ihren Glauben zu sterben. Dagegen berichtete ein Journalist, der die Christin vor kurzem im Gefängnis besuchen durfte, Asia Bibi habe Erinnerungsprobleme und wirke verwirrt.
Empörung bei Blasphemievorwürfen ist groß
Rund 97 Prozent der knapp 200 Millionen Einwohner Pakistans sind Muslime, die meisten von ihnen (rund 80 Prozent) praktizieren einen konservativen Islam. Etwa zwei Prozent der Pakistanis sind Christen. Der Blasphemieparagraf im Strafrecht ist in seiner jetzigen Form seit 1986 in Kraft, geht aber auf die Kolonialzeit zurück. Vorwürfe der „Gotteslästerung“ sollten nach dem Willen der Briten vor Gericht geklärt werden, nicht in persönlichen Auseinandersetzungen.
Knapp 20 Menschen sitzen in Pakistan derzeit wegen Blasphemie in Todeszellen. Zwar ist bislang noch kein Todesurteil vollstreckt worden, Fälle von angeblicher „Gotteslästerung“ lösen in dem streng islamisch geprägten Land aber regelmäßig öffentliche Empörung aus, teilweise verbunden mit Gewalttätigkeiten und auch Lynchjustiz. Zwei prominente Politiker, die sich öffentlich gegen den Blasphemieparagrafen ausgesprochen hatten, wurden 2011 ermordet. Die Mörder wurden von vielen Pakistanis als Helden gefeiert.