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„Es war schön, aber…“: Eine persönliche Kirchentagsbilanz

Die Papphocker sind verschwunden, die Kirchen nicht mehr überfüllt. Der dritte evangelische Kirchentag in Hamburg ist Geschichte. Es war ein fröhliches Glaubensfest mit gesellschaftspolitischen Schwerpunkten. Geistliche Themen spielten in den großen Diskussonsforen allerdings eine untergeordnete Rolle.

Von Daniel Wildraut

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Es waren erneut politische Themen, die den Kirchentag dominierten. „Die Frage der Gerechtigkeit wurde in den Mittelpunkt gerückt“, bilanzierte Kirchentagspräsident Gerhard Robbers. „Von Hamburg gehen Signale aus. Das macht sich fest an der Forderung nach gerechtem Lohn und gerechten Arbeitsbedingungen für alle. Von einer Wirtschaft, die sich nach dem Menschen richtet und nicht umgekehrt.“ Global betrachtet solle Deutschland bei der Energiewende Vorbild sein. „Wenn nicht wir, wer dann?“, fragte Robbers.

Tatsächlich hat der Kirchentag, beispielsweise in Sachen Umweltverträglichkeit und Inklusion, hohe Maßstäbe gesetzt. Doch dies sind Themen, die auch andere Organisationen, Verbände oder Parteien auf ihrer Agenda haben. „Wenn nicht ihr, dann wir“, mögen Gewerkschaften, Friedensbewegung oder Umweltschutzverbände entgegnen. Das macht das gesellschaftspolitische Engagement von Christen nicht überflüssig, aber eine alleinige Vorreiterrolle hat der Kirchentag hier nicht (mehr).

Techno-Gottesdienst beim Kirchentag 2013 in Hamburg (Foto: Jesus.de)

Nun war es beileibe nicht so, dass in Hamburg ausschließlich (sozial-)politische Themen auf dem Programm gestanden hätten. Wer es wünschte, konnte sich aus Tageszeitgebeten, Bibelarbeiten, Gottesdiensten, Seelsorgeangeboten und Feierabendmahl ein reichhaltiges geistliches Menü zusammenstellen – und genießen. Doch in Eröffnungs- und Abschlussgottesdienst, den großen Diskussionsforen und Vorträgen, spielten geistliche Themen nur eine Nebenrolle. „Warum gibt es neben guten und wichtigen Themenangeboten, etwa zu ‚Umwelt und Wandel‘ oder ‚Politik und Gesellschaft‘, keine Themenreihe ‚Mission in der postmodernen Gesellschaft'“, fragte Michael Diener, Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz, in seiner Kirchentagsbilanz. Und: „Warum verzichtet der Kirchentag darauf, in einem immer säkulareren und atheistischeren Umfeld missionarisch zu Jesus Christus einzuladen?“

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Tatsächlich ist der Kirchentag nicht als missionarische Veranstaltung konzipiert. Es sei denn, man definiert gelebten, gesellschaftlich engagierten Glauben als Mission: „Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Jesus beruft uns zu Dienst und Diakonie am Menschen. Und so verfolgte auch der Kirchentag in Hamburg in klassischer Kirchentagstradition thematisch eine menschenzentrierte Linie. Für die Befürworter dieser Linie ist sie vom Evangelium her aus dem Glauben heraus begründet und motiviert. Christus selbst jedoch tauchte in vielen Diskussionen gar nicht oder nur am Rande auf – eine Tatsache, die, bei aller Wertschätzung für sozialpolitische Themen, vor allem Pietisten und Evangelikalen innerhalb der Landeskirchen in ihrer Bewertung von Kirchentagen immer wieder Kopfschmerzen bereitet.

Kirchentagsmotto 2013 (Foto: Jesus.de)

Der Kirchentag spiegelt in seiner thematischen Ausrichtung nicht das gesamte evangelische „Kirchenvolk“ wider. Das zeigt sich auch daran, dass manche Themen dort unerwünscht sind („Messianische Juden“), oder, wie beispielsweise bei der Homosexualität, nur aus einem bestimmtem, in diesem Falle theologisch liberalen Blickwinkel betrachtet werden. Da hier jedoch innerkirchlich zumindest an der Basis kein Konsens besteht, könnte der Kirchentag mutig vorangehen und eine konstruktive Diskussion ermöglichen. Dies würde der Sache vermutlich besser dienen als die Beschränkung auf eine bestimmte theologische Position.

In zwei Jahren findet der Kirchentag in Stuttgart statt. Im Schwabendland, einer Hochburg der Pietisten. Es wäre wünschenswert, wenn sich dies in den Gottesdiensten und Diskussionsforen des größten kirchlichen Laientreffens in Deutschland dann thematisch niederschlagen würde.

QuelleJesus.de

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