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Gott vertrauen: In der Werkstatt des Meisters

Oft verdecken die Schrammen des Lebens unsere ursprüngliche Schönheit. Wer sie wiederentdecken will, darf sich den liebevollen Händen unseres Meisters anzuvertrauen, findet Annette Penno.

Von Annette Penno

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Wenn ich als Kind in den Ferien bei meinen Großeltern war, gab es diesen einen Raum, der eine magische Anziehung auf mich ausübte. Mein Großvater, der Bastler, verschwand darin regelmäßig für einige Stunden und kam dann immer mit irgendetwas Großartigem in der Hand wieder heraus.
Seine schmale Werkstatt war bis unter die Decke vollgestopft mit ausrangiertem Kram, mit Dingen, die repariert werden mussten, mit großen und kleinen Metallstücken, verschiedensten Holzteilen und Schrauben. An der Bank am Ende des Raumes saß mein Großvater, der aus diesen kostbaren Rohteilen immer irgendetwas gelötet, geschraubt, gebastelt und geschaffen hat.

Sehen, was nicht zu sehen ist

Diese urige Kellerwerkstatt war der Ort, an dem ich live sehen konnte, wie Neues entstand. Wo Einzelstücke mit viel Zeit, Liebe und Vorfreude aufs Ergebnis handgefertigt wurden. Oft saß er mit einem Lächeln im Gesicht vor seinem Werk, von dem nur er wusste, was es werden würde.

Und wenn ich denke, dass da wirklich nichts mehr zu machen ist, dann erinnert er mich daran, dass er schon aus gar nichts ganze Galaxien erschaffen hat.

Mein Großvater hatte den Schöpfervirus. Und ich habe mich bei ihm angesteckt.
Mein Virus reagiert auf Holz und bricht aus, wenn ich auf Flohmärkte gehe, auf vollgestellten Dachböden stehe, in Bauschuttcontainer spähe oder an Sperrmülltagen um die Häuser schleiche. Mal ist es eine brüchige Leiter, die meine Begeisterung weckt, mal eine ergraute Palette. Oder eine unter diversen Lackschichten und Macken wenig wiedererkennbare Truhe. Dann schlägt meine Fantasie Purzelbäume und ich sehe, was eigentlich nicht zu sehen ist. Vor meinem inneren Auge entfaltet sich die ganze Schönheit, die durch die investierte Idee, Sorgfalt, Liebe und Zeit des Schaffenden hineingeflossen ist – und ich weiß: Ich habe meinen Schatz erkannt! Ich muss ihn mitnehmen und ihm dazu verhelfen, dass der ursprüngliche Glanz neu erstrahlt.

Zeitlos gutes Design

Zu Hause angekommen, weiß ich oft schon, was ich dann zu hören bekomme. „Ach. Was hast du denn daaamit wieder vor?“
Wann immer ich solch verständlichem Unverständnis begegne, taucht in meiner Erinnerung das vorfreudige Gesicht meines Großvaters auf. Und dann stelle ich mir vor, wie mich der Designer meines Schatzes im Geiste anlächelt. Weil er sich freut, dass jemand seine Idee hinter dem Meisterstück erkannt hat. Dass jemand sehen kann, was er Gutes im Sinn hatte. Egal, wie viele Furchen sein Werk mittlerweile aufweist, ob das Material noch hält oder ob die Lackschicht nun trendig ist oder nicht. Denn der besondere Grundriss, das hervorragende Design und die wunderbare Idee an sich sind zeitlos. Sie bleiben. Daran können auch noch so viele Brüche, Schrammen und die falsche Farbe nichts ändern.

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Im (Wieder)Herstellungsprozess

Wenn ich dann vor meinen erbeuteten Schätzen sitze und ihre Farbschichten abtrage, an ihnen herumschleife oder etwas repariere und umfunktioniere, freue ich mich auf das, was ich sehen werde: die typische Maserung des Holzes, die so einzigartig wie ein Fingerabdruck ist, das neue Farbgewand oder die alte atemberaubende Ausstrahlung auf neuen Füßen.

Wenn es dann keinen Meister gäbe, der mich liebevoll ansieht und wiederherstellen will – dann würde ich mich vermutlich ab und zu selbst aussortieren.

Und dann habe ich das Gefühl, mich in die Werkstatt meines Schöpfers schleichen und ihm über die Schulter schauen zu können. Ich merke, mit welcher Hingabe und Vorfreude er an uns am Werk ist. Denn das ist sein Business: Er zaubert mit Zerbrochenem. Er verleiht Fehlerhaftem Flügel. Was schambehaftet und schmutzig ist, stellt er wieder her. Und wenn ich denke, dass da wirklich nichts mehr zu machen ist, dann erinnert er mich daran, dass er schon aus gar nichts ganze Galaxien erschaffen hat … Er ist der Urheber des Unmöglichen.

Auf seiner Werkbank

Das macht mir Hoffnung. Denn manchmal fühle ich mich selbst wie ein mehrfach übertünchtes, verdrecktes Stück Holz mit Kerben, Rissen und Löchern. Dann erkenne ich mich selbst nicht mehr, weil so viel auf mir drauf ist, an mir haftet und mir zugesetzt hat. Das Leben hinterlässt seine Spuren und kann die typische Maserung, Farbe und Ausstrahlung meiner Seele verdecken, verzerren oder verletzen. Wenn es dann keinen Meister gäbe, der mich und den royalen Grundriss meines Wesens, sein Gütesiegel auf mir, immer noch erkennt, liebevoll ansieht und wiederherstellen will – dann würde ich mich vermutlich ab und zu selbst aussortieren.
Stattdessen überlasse ich mich seinen Händen. Auf seiner Werkbank. Weil er mich wieder hinkriegt – wenn ich ihn lasse.

Denn alles, was aus seinem Herzen kommt und durch seine Hände geht, ist gut und auf Freude ausgelegt.

Natürlich könnte ich ihm auch von der Werkbank springen. Aber selbst wenn ich nicht alles über Holz weiß, weiß ich, dass Holz nicht springt. Jedenfalls nicht von sich aus. Nur wenn ich mit zu viel Druck feile, den falschen Winkel beim Leimen wähle oder achtlos bin, kann es passieren, dass ein Holzstück bricht oder aus der Hand springt. Gott sei Dank weiß Gott besser Bescheid, wenn wir auf seiner Werkbank liegen. Er weiß, aus welchem Holz wir sind und wie viel Geschleife unsere jeweilige Holzart verträgt. Er kennt die unterschiedlichen Weichheiten seiner Geschöpfe und wie sie auf Druck reagieren. Und er weiß, wie lange es dauert, bis sich manche Lackschichten von unserer Seele ablösen lassen. Er behandelt uns genauso, wie wir es brauchen, damit unsere ganze Schönheit (wieder) sichtbar wird. Wir sind seine Werke. Seine Meisterstücke. Deswegen können wir stillhalten und ihn an uns arbeiten lassen, damit er unsere Schichten abträgt, repariert und heilt, zum Kern vordringt, bis unser ganz eigener Glanz hervorbricht. Denn alles, was aus seinem Herzen kommt und durch seine Hände geht, ist gut und auf Freude ausgelegt. Es ist deswegen wunderschön.

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Materialpflege

Beim täglichen Blick auf die stumpfen, abgenutzten Stufen der alten Holztreppe, die zu meiner Wohnungstür führen, denke ich immer wieder: Da müsste sich mal jemand ab und zu mit Holzpolitur ans Werk machen … Das täte der Treppe gut. Dann würde ihr Holz länger gesund und tragfähig bleiben – und nebenbei wie von alleine strahlen.
So, wie ich dafür sorgen kann, dass meine Holztreppe die regelmäßige Pflege bekommt, die sie braucht, kann ich auf mein Inneres achten. Ich kann mich regelmäßig fragen:
• Welche Schicht muss runter?
• Was verdreckt meine einzigartige Natur?
• Welche Schrammen tun weh und müssen geheilt werden?
• Welche Wandlung könnte diese Wunde in Gottes Werkstatt erleben?
• Und welche Erfahrungen meines Lebens geben mir persönlich eine besondere Tiefe – so wie manche Gebrauchsspuren dem Holz so viel mehr Ausstrahlung geben als es Makellosigkeit je könnte?
Mit diesen Fragen (und Antworten) trete ich dann in die Werkstatt des Meisters und überlasse mich seinen Händen, die wissen, was zu tun ist. Wenn wir selbst immer wieder erleben, wie er an uns feilt, uns heilt und uns zum Glänzen bringt, fangen auch wir an, im anderen das zu sehen, was Gott sich bei seiner Erschaffung gedacht hat. Wir lernen, andere mit Gottes Blick anzusehen und seine Freude über sie zu teilen. Und das ist einfach nur schön.



Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift JOYCE erschienen, die wie Jesus.de zum SCM Bundes-Verlag gehört.

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