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„Jesus ist größer“: Gemeinden helfen syrischen Flüchtlingen im Libanon

Kein Land weltweit hat gemessen an der eigenen Bevölkerung mehr Flüchtlinge aufgenommen als der Libanon. Wie unterstützen freie evangelische Kirchengemeinden vor Ort die Kriegsflüchtlinge aus Syrien? Der Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden (FeG), Ansgar Hörsting, hat die Region besucht. Dort lernte er Menschen kennen, die trotz Bedrängnis ihren Glauben an Jesus Christus nicht leugnen. Ein Erfahrungsbericht.

Libanon
Anflug auf den Libanon (Bild: privat)

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Als wir zur Landung ansetzen, sind die Küste und die Stadt Beirut in ein warmes Licht gehüllt. Von hier oben sieht alles friedlich aus, als ob ein erholsamer Urlaub auf uns warten würde. Von hier sieht man nichts von den unzähligen syrischen Flüchtlingen. Man sieht nichts von den schon seit 40 Jahren bestehenden Palästinenser-Flüchtlingscamps, nichts von Streit und Zerrissenheit. Was erwartet uns, wenn wir am Boden sind? Wir wollen erkunden, wie es den Freien evangelischen Gemeinden im Libanon geht. Wir wollen wissen, wie sie den vielen syrischen Flüchtlingen in ihren Projekten helfen und welche Vision für die Zeit nach dem Krieg in Syrien besteht. Wieder einmal staune ich über die Hügellandschaft des Libanon. Unser Taxi bahnt sich vom küstennahen Flughafen seinen Weg hinauf in Serpentinen bis auf 600 Meter Höhe, wo unser Hotel steht. Die Häuser der Hauptstadt Beirut bedecken die Hügel bis hoch in die Berge. Es ist eine traumhafte Landschaft. Die Luft hier oben ist gut, ganz im Gegensatz zu der unten, trotz der Nähe zum Meer.

Ermutigung und Anfeindungen

Wir starten mit einer Konferenz von Mitarbeitern, die in Syrien, Jordanien, Ägypten, im Sudan und im Irak arbeiten. Die „Evangelical Free Church of Lebanon“ unterstützt Pastoren und Missionare und ruft sie zusammen zu Schulungen, für strategische Besprechungen und zur Ermutigung. Unsere Gesprächspartner wechseln im Stundentakt. Wir erfahren, wie Gott in Latakia, Erbil, in Kairo und Aman wirkt. Die Städtenamen, die wir aus den Nachrichten kennen, bekommen durch die Berichte unserer Geschwister Leben eingehaucht. Wir staunen, wir hören von den Leiden der Familien und von den Anfeindungen. Überrascht bin ich, dass manche Anfeindungen von den Vertretern der Orthodoxen Kirchen größer sind, als die der Muslime. Muslime treten vor allem dann auf den Plan, wenn ihre muslimischen Glaubensgeschwister Christen werden. Dann wird es gefährlich. Ein Mitarbeiter erzählt uns, dass er selbst durch diese harte Schule gegangen sei. Als er Christ wurde, entzog ihm die Schwiegerfamilie von heute auf morgen seine Ehefrau und die zwei gemeinsamen Kinder. Seitdem lebt er ohne sie und leidet darunter. Eine Abkehr von Jesus hätte ihm in wenigen Momenten alles zurückgegeben, was er so sehr liebt. Aber er wusste: „Jesus ist größer und ich kann und will mich nicht von ihm lossagen.“

Heimat auf Zeit für Millionen

Nach dieser Konferenz haben wir die Gelegenheit, die Flüchtlingsarbeit kennenzulernen. Sie geschieht an zwei Standorten, die auch die Hauptkonzentrationspunkte der Flüchtlinge aus Syrien sind. Bei unseren Reisen erfahren wir Erstaunliches. Die zwei Gebiete sind die Hauptstadt Beirut als Sammelpunkt vieler Menschen, auch vieler Flüchtlinge, und das Bakaa- (oder Biqa-)Tal. Es liegt im Osten des Landes. Wir gelangen dorthin, indem wir über die Berge fahren und dann hinunter ins Tal kommen. Man kann sich das Bakaa-Tal geografisch als die nördliche Fortsetzung des Jordantals vorstellen. Es zieht sich über 100 Kilometer von Nord nach Süd. Im Westen liegen die libanesischen Berge mit den berühmten Zedern. Im Osten liegt Syrien. Die Grenze nach Syrien ist leicht zu passieren, und es besteht ein reger Verkehr.

Um die Situation der Flüchtlinge zu verstehen, muss man erzählen, wie es dazu kam. Schon vor dem syrischen Krieg arbeiteten hunderttausende Syrer im Libanon. Die einen waren Arbeiter auf den vielen Baustellen in Beirut. Sie sind dafür bekannt, gute Handwerker und Bauarbeiter zu sein. Die anderen waren Erntehelfer im fruchtbaren Bakaa-Tal. Als der Krieg in Syrien ausbrach, brachten sich innerhalb weniger Wochen und Monate ganze Familien der im Libanon Arbeitenden über die Grenze in Sicherheit. Innerhalb kürzester Zeit waren wahrscheinlich zwei Millionen Menschen in das Land geströmt und kamen bei ihren Verwandten unter. Der Staat verhinderte zunächst, dass Flüchtlingslager im großen Stil eingerichtet wurden. Warum? Weil die bereits bestehenden palästinensischen Flüchtlingslager hermetisch abgeriegelte Gebiete sind, in denen die libanesische Polizei keine Autorität mehr hat. Eine solche Situation sollte sich nicht wiederholen.

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Zurzeit stehen auf den Feldern der Bauern hunderte (Schätzungen gehen bis zu 3.000) kleinere Ansiedlungen mit 50-150 zeltartigen Hütten. Die Bauern kassieren Miete. Also gibt es noch mehr Erntehelfer zu niedrigen Kosten, sodass die libanesischen Arbeiter keine Chance mehr auf dem Markt haben. Mit der Versorgung von Flüchtlingen, wie wir es in Deutschland kennen, hat das Ganze hier nichts zu tun.

Zuwendung in der Kinderstunde

In manchen dieser kleinen Ansiedlungen sammeln Mitarbeiter der Freien evangelischen Gemeinden Menschen, um sie zu schulen, um mit ihnen über ihre Probleme zu sprechen und ihnen das Evangelium weiterzugeben. Das muss alles sehr sensibel geschehen, damit die oft muslimischen Chefs der Lager ihnen keine Steine in den Weg legen.

In einem Lager können wir an einer Kinderstunde teilnehmen mit Unterricht, Alphabetisierung, Gebet, Alltagsfragen und einfacher liebevoller Zuwendung. All das finden die Kinder in dieser Hütte. Das Ehepaar, das jetzt neu in die Arbeit eingestiegen ist, hat sehr viel Liebe zu den Kindern und gute Kontakte zu den Eltern. In Baalbek haben wir auch die Gelegenheit, die monumentalen Spuren der römischen Herrschaft zu bewundern. Riesige Anlagen, hohe Säulen, großartige Spuren einer Kultur, die mich immer wieder lockt und abstößt. In dieser Gegend hat die schiitische Hisbollah-Miliz das Sagen. Junge Männer im fetten Jeep mit dem Revolver am Gürtel begegnen mir auf dem Parkplatz eines Restaurants. Ich habe Respekt vor ihnen.

In der Hauptstadt Beirut ist die Hilfe für Flüchtlinge anders organisiert. Dort nutzen die Christen eine Schule, die samstags nicht gebraucht wird. 300 Mütter und Kinder kommen zusammen für Sport, Singen, Unterricht, etwas zu essen und Gespräche über alle Fragen rund um Gesundheit, Zukunft und Glauben. Wir staunen über die Offenheit. Als Deutsche werden wir immer wieder gefragt nach Verwandten, die es in das „gelobte Land“ geschafft haben. Die Aussprache der Städte, in denen sie sich befinden, macht es uns oft schwer, zu erahnen, wo sie sich bei uns aufhalten.

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Syriens Zukunft im Blick

Organisiert wird das alles von der Evangelical Free Church of Libanon. Deren Präsident Joseph Najem ist zugleich Pastor der Hauptgemeinde in Beirut. Er war 2016 auch beim FeG-Kongress in Oberhausen zu Gast und wird demnächst wieder nach Deutschland kommen. Die Frage stellt sich: Was will Gott tun und wie können wir uns möglicherweise darauf vorbereiten, wenn in Syrien Frieden einkehrt? Wir wollen uns auf „Empfang“ stellen für neue Zeiten. Als wir nach nur fünf Tagen den Libanon verlassen, haben wir neue Freunde gefunden. Vor allem sind wir beeindruckt von der Treue und Hingabe unserer arabischen Geschwister. In schwierigen Verhältnissen bleiben sie dabei, Jesus als den Weg zu Gott zu bezeugen. Wir sind überzeugt, dass wir einander brauchen, und wollen diese Partnerschaft weiterentwickeln.

Von Ansgar Hörsting


Dieser Artikel ist zuerst im FeG-Magazin ChristseinHeute erschienen.

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