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Staatsrechtler sieht kaum Chancen für Reform der Kirchenfinanzierung

Trotz wachsender Kritik an der Kirchensteuer sieht der Staats- und Verfassungsrechtler Rudolf Steinberg kaum Perspektiven für tiefgreifende Reformen. Die Diskussion darüber vergleicht er mit der Büchse der Pandora.

Die Chancen für eine grundlegende Reform seien «extrem gering», sagte der emeritierte Professor für öffentliches Recht am Montagabend in Bremen bei einer Diskussion zur Zukunft der Finanzierung der beiden großen Kirchen in Deutschland.

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Steinberg warnte, aufgrund ihres Bedeutungsverlustes in der Gesellschaft und einer galoppierenden Erosion bei den Mitgliedszahlen seien die Kirchen «Kolosse auf tönernen Füßen». Laut der neuesten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung sei die Kirchensteuer der wichtigste Austrittsgrund. «Sie entfremdet Kirche und Gläubige», sagte der Experte für staatskirchenrechtliche Fragen. Allerdings schätze ein großer Teil der Bevölkerung die soziale Arbeit der Kirchen. «Und diese Bedeutung wird in Zukunft noch steigen.»

Bei der Wahrnehmung sozialer Aufgaben seien die Kirchen in der Finanzierung auf die Kirchensteuer angewiesen, räumte Steinberg ein.

Das sei ein Dilemma. Die Einführung alternativer Finanzierungsmodelle wie das der Kultursteuer nach italienischem Vorbild erfordere eine Änderung des Grundgesetzes und zuvor einen intensiven Diskurs in Politik und Gesellschaft, an dem von offizieller Seite trotz großem Reformbedarfs kein Interesse bestehe: «Niemand wird die Pandora-Büchse dieser Diskussion öffnen.»

Quelleepd

6 Kommentare

  1. Ich möchte noch mal etwas grundsätzlich dazu schreiben.

    Der Grund, in einer christlichen Kirche zu sein, sollte der Glaube sein. Verlässt man diesen Grund wie hier Herr Steinberg, dann wird die Begründung sehr angreifbar.

    Sieht man Kirche vor allem als soziale Institution, wie dies hier immer wieder Bernd Hehner macht, so muss sich Kirche dann auch mit anderen sozialen und wohltätigen Organisationen vergleichen lassen.

    Und diesen Vergleich verliert sie sehr deutlich. Muss sie sogar verlieren, weil sie eben nicht hauptsächlich eine wohltätige soziale Organisation ist sondern eine Glaubensgemeinschaft, deren Hauptzweck es ist, ihren Glauben zu leben und zu praktizieren. Wohltätige soziale Arbeit ist nur ein geringer Nebenaspekt, der auch noch mit dem religiösen Zweck der Missionierung oft eng verbunden ist.

    Sie bekommt sowohl für dieses Glaubensleben wie auch für die soziale Arbeit eine enorme staatliche Unterstützung, also auch inzwischen von 50 % der Bevölkerung, die gar nicht mehr Mitglied dieser Kirchen sind. Das kann man zu recht thematisieren und auch kritisieren, in wie weit das heute noch zeitgemäß ist. Die Tendenz geht ja deutlich in die Richtung, dass der Anteil der Kirchenmitglieder weiter sinkt.

    Meines Erachtens haben religiöse Gruppen ihr Glaubensleben selbst zu finanzieren.

    Wenn sie wohltätig und sozial sein wollen, steht ihnen das wie jeder anderen Organisation offen und sollte zu gleichen Bedingungen erfolgen.

  2. Der Anteil der sozialen Ausgaben liegt, je nachdem, wie man es rechnet, bei 8-20 % (eher bei 8 %). Bei nichtkirchlichen Hilfsorganisationen liegt dieser in der Regel bei deutlich über 80 %.

    Wenn soziale Ausgaben der einzige Grund sind für Kirchensteuer (und Kirchen), dann sollte man das Geld anderen Organisationen geben. Sie sind mindestens 4mal so effektiv (eher 10fach).

    Die Büchse der Pandora gibt es also vor allem deshalb, weil es hier viel Show und falsche Wahrnehmung gibt.

  3. Kirche ist ein Zuhause für so viele Menschen!!!
    Oh manoman….
    Sie ist nicht nur ein Gebäude, sondern das HAUS GOTTES!!!
    Freikirchen finanzieren sich von Spenden!
    Und nicht für Jeden ist eine Freikirchen etwas….überhaupt über dieses Thema zu sprechen, finde ich sinnlos.
    Natürlich kann jeder aus der Kirche austreten….ABER für mich bedeutet es Gott den Rücken zu zu kehren!
    Wie ich auch in einem Artikel lesen konnte, bieten Kirchen Obdachlosen Asyl an…einige zumindest, warme Mahlzeiten und gespendete Kleidung!
    Die Tafel findet dort Raum….um vielen Menschen zu helfen.
    Brot für die Welt…und so Vieles mehr.
    Ältere Menschen finden dort Raum und Gesprächskreise….
    Man sollte auch die Weihnachtszeit nicht vergessen….in Kirchen wird das Krippenspiel mit viel Liebe gezeigt…auch Konfirmationsunterricht hat seinen Platz.
    Theologische Gesprächskreise….Bastelkurse, die Pfadfinder….
    und so vieles mehr wo Kirche Raum bietet….warum sollte man die Kirchensteuer abschaffen???
    Ich würde hier keinen Grund sehen….

  4. Schade, sehr schade. Den Kirchen den Geldhahn abzudrehen, das wäre das Beste, was ihnen passieren könnte.
    Aber jeder Kirchensteuerzahler kann diese Steuer für sich selbst ja problemlos abschaffen …

    • Ich werde immer Widerworte geben

      Auf Herrn Wößners Kommentar sollte vermutlich der gutgesinnte Mensch entweder gar nicht antworten, oder dessen tief eingefleischten Hass auf die beiden großen Kirchen sich entschieden verbitten. Aus dem christlichen Glauben lässt sich eine solche Haltung nicht ableiten. Damit werden auch viele fleißige, aktive und selbstkritische Christinnen und Christen einfach beleidigt. Es wird also gewünscht, ihnen den Geldhahn abzudrehen. Vieles von Kirchen und vorallem Ehrenamtlichen geleistetes Engagement kann nicht mehr stattfinden. Ich denke da auch an die konfessionellen Kindertagesstätten, die religionspädagogisch arbeiten. Oder die nachgeholten Taufunterrichte bei Vorkonfirmanden und Firmlingen. Natürlich kann man dies alles, auch die Religionspädagogik und den Konfirmandenunterricht, für Teufelszeug halten: Verboten ist dies nicht. Auch den vielen tausenden Menschen, die in den großen Kirchen eine Heimat gefunden haben, wird damit auch der Heilige Geist (eigentlich) ebenso beleidigt. Denn der hat immerhin bewerkstelligt, dass nicht alle Gemeinden einen Schlaf der Gerechtigkeit betreiben, sondern sehr aktiv sind. (Ich schriebe „eigentlich“, weil Gott kein Mensch ist und nicht gekränkt werden kann). Gott wirkt sicherlich in allen Menschen, aber auch in den großen Kirchen genauso wie in den kleinen und kleineren Freikirchen und Gemeinschaften. In seiner geistlichen Kurzsichtigkeit vermag Ulrich Wößner nicht einzusehen, daß große Kirchen als Institution zugleich kritische Partner undallerdings auch Korrektiv des Staates sein müssen. Sie sind es auch und manchmal soll daher Politikern und Regierungen ebenso die Leviten gelesen werden. Wenn es etwa um Menschenrechte geht, hier Flüchtlingen gegenüber. Aber sicher möchte auch Herr Wößner das immer noch respektierte Kirchenasyl abschaffen, obwohl er sich dazu noch nicht äußerte. Also frisch voraus Herr Wößner. Ich werde Ihnen immer Widerworte geben. Ich möchte aber hier nicht meinen langen Artikel nochmals schreiben, warum auch große Kirchen sinnhaft sind. Ich will gar nichts ausführlich von den vielen kulturellen Denkmählern schreiben, die unsere Kirchen, Dome und auch die Kathedralen darstellen. Sollen dort dann Einkaufsmeilen entstehen, Kinos oder Volksfeste stattfinden? Man könnte sie auch einfach einreißen, wenn nichts weltliches jemand wertvoll erscheint. Das könnte man auch mit den Theatern machen. Denn die meisten Leute die dahingehen, glauben leider nicht an das, woran Herr Wößner glaubt. Zumindest nicht in jener Enge seiner Perspektive. Es soll sogar liebe, empathische und hilfsbereite Nachbarn und Mitmenschen geben, die zahlen nur Kirchensteuer. Aber man darf sie gerne in die Gemeinde einladen. Dies wäre doch eine bessere Strategie, als den Kirchen die Heizung, das Geld und die Voraussetzungen zur Existenz abzuschaffen.

    • Es geht doch gar nicht um den Geldhahn abdrehen. Es geht darum, eine Bevorzugung (übrigens auch gegenüber kleineren christlichen Gemeinschaften) abzuschaffen.

      Kirchen sollen doch, wie jeder gemeinnützige Verein, weiterhin Mitgliedsbeiträge und Spenden einnehmen dürfen. Und das auch gern vergleichbar steuervergünstig. Das machen auch die meisten Freikirchen so.

      Ihr gesellschaftliches Engagement wird eh größtenteils extra bezahlt. Das wäre es Extrathema, an das man auch mal rangehen sollte, ob das wirklich alles in kirchlicher Hand sein sollte, obwohl die Kirchen davon bestenfalls einen kleinen Bruchteil selbst tragen.

      Die gesellschaftlichen Untergangsszenarien, die Bernd hier in den Raum wirft, sind natürlich allesamt Unsinn. Und dienen nur dazu, die kirchlichen Pfründe möglichst lange zu erhalten.

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