Vor einem Jahr starb „Real Life Guy“ Phillipp Mickenbecker an Krebs. Gebetshaus-Gründer Johannes Hartl traf ihn kurz vor dessen Tod und sagt: Philipp hat die Menschen um sich herum verändert.
Wie ich von Philipp zum ersten Mal hörte, ist wenig originell und schnell erzählt: Natürlich war es irgendeines dieser verrückten Videos mit Badewannen, einem U-Boot, oder war es doch ein feuerspeiender Drache?
Egal. Jedenfalls dachte ich mir nur: Was für Freaks! Wilde Kerle, die sich kopfüber ins Leben stürzen oder auch einfach nur in einen leicht trüben Badesee. Doch unübersehbar, dass der Name des Kanals Programm war: Real Life.
Gewohntes sprengen
Pure Abenteuerlust, überbordender Entdeckergeist und dabei so viel Gemeinschaft. Echtes Leben, eigentlich. Das Überwinden von Grenzen, das Sprengen des Gewohnten. Doch dabei schien es nicht zu bleiben.
Philipp war nicht nur auf der Suche nach neuen Erlebnissen im Außen. Als wir das erste Mal telefonierten, erlebte ich ihn schon als einen Beter. Wir sprachen damals über eine unserer großen deutschlandweiten Gebetsaktionen wegen Corona. Er hatte vom Gebetshaus Augsburg gehört und erzählte mir von seinem Traum, bei sich am Hof auch einen Ort des Gebets zu eröffnen.
Ganz selbstverständlich mit Gott reden
Hier sprach ein junger Mann, der mit der größten Selbstverständlichkeit mit Gott redete, wie mit seinem besten Freund. Für den es völlig im Rahmen des Möglichen war, dass Gott für ihn Feuer vom Himmel fallen lässt, weil er genauso real ist wie alles andere im Leben eben auch.
Persönlich getroffen habe ich Philipp nur einmal, doch dies zu langen Stunden eines intensiven Gesprächs. Es war nur wenige Wochen vor seinem Tod, sein Körper ganz unleugbar schwer vom Krebs gezeichnet. Ich werde seine Augen nie vergessen, diese hellen, durchsichtigen Augen, die irgendwie schon halb in das andere Leben hindurchsehen konnten.
Verliebt ins Leben
Das empfand ich als das Paradoxe an unserem Gespräch: Mir saß jemand gegenüber, der absolut voll Energie war, verliebt ins Leben, und der tatsächlich nichts vom Sterben hören wollte. Und dessen Tage dennoch gezählt waren. Ich sprach ihn darauf an; er meinte, die Tage jedes anderen seien doch auch gezählt.
Mich hat unser Treffen sehr nachdenklich gemacht. Beginnt man vielleicht erst dann wirklich zu leben, wenn man dem Tod gegenübersteht? Besteht das echte Leben tatsächlich darin, dem drohenden Tod das kühne, trotzige und lachende „Jetzt erst recht“ ins Angesicht zu schreien?
Mehr als ungebrochener Lebenswille
Bei Philipp war das mehr als nur die Kraftgeste eines ungebrochenen Lebenswillens. Da war mehr als Resilienz oder Selbstbewusstsein. Er lebte tatsächlich aus dem Geheimnis persönlicher Freundschaft mit Jesus. Mit dem, der aus dem Tode auferstanden ist.
Und irgendwie spürte ich an ihm etwas von der Kraft dieser Liebe, die den Tod überwand. Tatsächlich am stärksten erst später – dann, als er schließlich von uns gegangen war. Seine Beerdigung war alles andere als eine Betonung des Todes. Sie war eine Feier der Freundschaft, der Hoffnung, der Auferstehung. Einer Freude, die durch die verheulten Gesichter hindurchschien an jenem heißen Sommertag.
„Wer sein Leben retten will, der wird es verlieren“
Letztendlich gibt es kein Leben ohne den Tod. „Wer sein Leben retten will, der wird es verlieren“, sagt Jesus. So, als sei echtes Leben nur dem möglich, der sich selbst hingibt. So wie Jesus selbst. Und ja, so wie auch Philipp auf seine Weise, der seine letzten Monate randvoll mit Terminen setzte, um noch möglichst vielen Menschen von diesem Gott zu erzählen, solange er noch auf dieser Erde war.
Ich glaube, es gibt niemanden, der Philipp in seinen letzten Lebensmonaten begegnet ist, dessen Sicht auf das Leben sich nicht auf irgendeine Weise verändert hat. Der nicht eine neue Ahnung davon bekommen hat, um was es wirklich geht.
Echtes Leben überlebt den Tod
Was ist es denn, dieses echte Leben? Die wenigen Jahre, in denen Philipp unter uns lebte, haben einen Geschmack davon vermittelt. Wie gut, dass dieses Leben größer ist als wir alle. Dass es sogar unseren eigenen Tod überlebt. Dass wir gerufen sind, so zu leben, dass etwas durch uns hindurchleuchtet von jenem Sieg an Ostern, der alles neu gemacht hat.
Johannes Hartl ist Autor, Speaker und katholischer Theologe und hat das Gebetshaus in Augsburg gegründet.
Weiterlesen: Philipp Mickenbecker: Wie er lebte, glaubte, starb
Dieser Buchauszug stammt aus „Unsere Real Life Stories“, herausgegeben von Janet Müller, einer guten Freundin von Philipp Mickenbecker. Das Buch ist beim adeo-Verlag erschienen. Adeo ist Teil der SCM Verlagsgruppe, zu der auch Jesus.de gehört.
Lieber Johannes,
es ist alles richtig, trotzdem hängt man eben an diesem einen Leben, hier auf Erden – wo man die Liebsten anfassen kann, alles ausprobieren, lieben, sich freuen, tanzen, feiern, trauern, singen, etc. kann. Im Endeffekt liegt das Salz des Lebens im lebendigen hier auf dieser Erde. Es tröstet einfach nicht, dass es vielleicht irgendwo, irgendwann einen Sinn für das Leid hier auf Erden gibt. Das echte Leben spielt sich im Hier und Jetzt ab. Bei allem Feiern und Lachen bei der Beerdigung von Phillip Meckenbecher – die trauernden Eltern am Grab sprachen Bände. So viel Schmerz und Gebrochenheit – man kann es kaum aushalten, da zuzuschauen. Phillip wollte leben. Er war noch lange nicht zu Ende mit seinen Träumen, Ideen, seinem unbändigen Lebensdrang. Wenn Jesus Gebete erhöhen kann – warum hat er seine und die seiner Freunde nicht erhört ? Ach ja, ich habe es ja fast vergessen. Jesus hat ja selbst nach Hilfe geschrien – am Kreuz- und keiner hat ihn gehört !! Wenn ich mir sicher wäre, dass man Problleme wegbeten könnte -, dann würde ich ununterbrochen beten. So tue ich es tgl. morgens und abends – aber ich habt dabei ein verdammt flaues Gefühl im Magen, weil ich nie weiß, wird mein Flehen erhört oder nicht.