Kirchentag ist riesig. Und Sinn des Kirchentages ist es, mit möglichst vielen Christen zusammen Gottesdienst zu feiern. So habe ich mir mein erstes Mal vorgestellt. Manchmal reicht es aber auch, wenn man mit zehn Leuten zusammen auf der Wiese Lobpreislieder singt. So wie ich, als ich für eine Viertelstunde Mitglied einer Ten Sing-Gruppe wurde.
Von Rebekka Buchholz
Wenn ich etwas von meinem ersten Kirchentag gelernt habe, dann das: Du musst rechtzeitig zu den Veranstaltungen kommen. Jetzt stehe ich schon wieder vor einem „Platz überfüllt“-Schild. Über Lautsprecher höre ich die Besucher in der Kirche klatschen und mitsingen, aber hier draußen will nicht so richtig Stimmung aufkommen. Die dreißig Leute, die auf dem kleinen Platz den Gottesdienst über die Boxen verfolgen, wirken eher teilnahmslos. Enttäuscht gehe ich in Richtung S-Bahn-Station. Der ganze Weg umsonst.
Plötzlich höre ich wieder Singen und Klatschen, aber nicht aus Lautsprechern. Auf einer Wiese gleich neben der Straße stehen etwa zehn Jugendliche und unterhalten ihr kleines Publikum. Schon von Weitem merkt man, dass nicht jeder Ton sitzt, aber der Spaß, den sie dabei haben, ist ansteckend. Also nehme ich Platz und genieße.
Als allerdings nach zwei Liedern die gesamte Zuschauerschaft zu einer anderen Veranstaltung aufbricht, wirkt die Leiterin der Gruppe etwas verzweifelt: „Wer will denn noch bei einem Lied mit Bewegungen mitmachen?“. Ohne nachzudenken, strecke ich meinen Arm nach oben. „Ich!“, sage ich motiviert.
Also bringen sie mir das Bewegungslied bei. Und weil ich keine Lust habe, mich danach als einziger Zuhörer auf die Wiese zu setzen, stelle ich mich zu ihnen in die Reihe und singe mit. Die Lieder sind recht einfach und bei dem Einsatz, den alle an den Tag legen, hört niemand, wenn auch ich einen Ton nicht treffe.
„Jetzt der andere Fuß“
Es dauert nicht lange, bis sich wieder Publikum gefunden hat. Aber ich bin jetzt schon ein Ten Singer. Die Texte von den Lieder, die ich noch nicht kenne, sind leicht zu lernen und mit einigen Anweisungen von links und rechts – „Jetzt der andere Fuß!“ – bekomme ich auch die Bewegungen hin.
Nach dem letzten Lied verbeuge ich mich zusammen mit meinen neuen Kollegen. Wir ernten nicht viel Applaus, nur ein paar Passanten sind bis zum Schluss geblieben. Ich verabschiede mich von meinen Mitsängern, überlege kurz und gehe dann doch den Weg zurück zu der überfüllten Kirche. Auf dem Platz fange ich an, bei einem Lied im Rhythmus zu klatschen und ein paar Leute machen mit, beim nächsten Stück stehen sogar einige mit mir auf und tanzen. Mit dem Elan, den mir die Ten Singer mitgegeben haben, bringe ich doch noch Stimmung vor die Kirche.