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Zwangsprostitution: Wenn Abtreibung die Verhütung ersetzt

Sie ist gerade einmal 18 Jahre alt und hat ein zweijähriges, krankes Kind in Bulgarien bei ihrer Mutter zurückgelassen. Auch sie selbst braucht medizinische Hilfe. Die junge Frau suchte die Lösung in Deutschland – in der Prostitution.

Ein Bekannter vermittelte sie nach Duisburg. Da sie jedoch kein Wort Deutsch sprach, sei sie nur ausgenutzt worden, erzählt Schwester Leoni Beving von der Frauenhilfsorganisation Solwodi.

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So oder so ähnlich klingen die Lebensgeschichten vieler Frauen, die aus Osteuropa ins deutsche Rotlichtmilieu kamen. Seit der Osterweiterung der Europäischen Union und dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens zur EU im Jahr 2007 nahm die Zahl der Prostituierten aus diesen beiden Ländern stetig zu. Sie stieg so sehr an, dass der von der evangelischen Kirche unterstützte Hilfsverein «Dortmunder Mitternachtsmission» die Frauen aus Bulgarien seit vergangenem Jahr gesondert in seiner Statistik aufführt. Bei der ersten Erhebung wurden 264 bulgarische Prostituierte in der Reviermetropole gezählt.

In Nordrhein-Westfalen ließen sich die Frauen insbesondere im Ruhrgebiet nieder. Hilfsorganisationen und die Gesundheitsämter an Rhein und Ruhr wissen um die Probleme dieser Frauen. «Sie kommen nach Deutschland, weil ihre Familien im Heimatland in Armut leben», sagt Jutta Geißler-Hehlke von der Mitternachtsmission. «Vermittler besorgen Papiere und strecken Geld vor, so machen die Frauen unfreiwillig Schulden und geraten in Not.»

In Deutschland werden die Frauen ausgebeutet.

Nach Darstellung einiger Hilfsorganisationen wird den ahnungslosen Frauen vorgetäuscht, sie könnten in Deutschland putzen oder kellnern. Heidrun Nitschke vom Kölner Gesundheitsamt vertritt dagegen die Ansicht, es gebe nur sehr wenige unwissende Opfer. Oft wüssten die Frauen, was auf sie zukomme. In Deutschland werden die Frauen in mehrfacher Hinsicht ausgebeutet. So zahlen sie ein Vielfaches der eigentlichen Miete. Eine Nacht auf einer Matratze koste schon zehn Euro, beobachten die Mitarbeiterinnen der Mitternachtsmission. Manche Frauen ernährten sich aus den Müllcontainern der Supermärkte.

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Doch den Hilfsorganisationen sind die Hände gebunden. Denn die eingereisten Prostituierten haben in Deutschland keinen Anspruch auf Leistungen. «Wir können den Frauen keine anderen Möglichkeiten bieten, sondern sie nur über ihre Rechte und ihren Status als Prostituierte in Deutschland informieren», erläutert Christina Stodt von «Kober», einer Prostituierten-Beratungsstelle des Sozialdienstes katholischer Frauen in Dortmund. «Die Lebensbedingungen zu verbessern, ist die einzige Unterstützung, die wir geben können.» Dazu gehöre auch ein Arztbesuch.

Wenn Amtsarzt Martin Müller alle zwei Wochen die Patientinnen untersucht, stellt er oft ganz banale Krankheiten wie Blasenentzündung oder Erkältung fest. Da der Druck der Familie sehr groß sei, scheuten viele Frauen die Kosten eines regulären Arztbesuches, berichtet Stodt. Um ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familien im Heimatland zu sichern, verkauften bulgarische Frauen ihren Körper für 10 oder 15 Euro. Viele verkehrten mit Freiern, ohne zu verhüten.

Oft seien die Frauen gar nicht über sexuell übertragbare Krankheiten aufgeklärt, sagt Nitschke. Als Ursachen nennt die Mitarbeiterin des Kölner Gesundheitsamtes «postsozialistisches Totschweigen in Kombination mit einem verfallenen Gesundheitssystem». So sei Aids für diese Frauen etwas ganz Neues. Schwangerschaften hingegen nicht. Allein die Dortmunder Beratungsstelle Kober registrierte in diesem Jahr 15 Schwangerschaften unter den Frauen.

Schwangerschaftsabbruch ersetzt Verhütung

Zu Paul Lücker kommen sie, wenn es für einen Abbruch schon zu spät ist. Kostenlos untersucht sie der Gynäkologe und besorgt Medikamente, denn oft stellt er zusätzlich noch Geschlechtskrankheiten fest. Meistens aber werde abgetrieben oder das Kind zur Adoption freigegeben, sagt Geißler-Hehlke von der Mitternachtsmission. Das sei abhängig von der Einstellung der Frau. Und es spiele auch eine Rolle, ob das Kind von einem Freier oder einem Liebhaber sei.

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«Die Frauen kommen aus anderen Kulturkreisen, für sie stellt ein Abbruch kein Drama dar», beobachtet Iris Sperg vom Duisburger Gesundheitsamt. Häufig sei es die vierte oder fünfte Abtreibung. «Bei diesen Frauen ersetzt der Schwangerschaftsabbruch die Verhütung.» Die Kosten, die bei Vollnarkose um 400 Euro liegen können, müssten alle Frauen selbst tragen. Frauen mit geringem Einkommen können beim Land die Kostenübernahme beantragen. Einigen sei aber der Aufwand zu groß, sagte Sperg. Dann zahlten «ihre Freunde» den Eingriff, erklärt Sozialarbeiterin Anika Wöhrle von der Organisation «Nachtfalter» in Essen.

Links:

Mitternachtsmission

Kober

Beepworld

Nachtfalter

Solwodi

Quelleepd

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