Warum sollte ich mich mit dem „alten“ Testament beschäftigen, wenn es ein „Neues“ gibt? Ist es mit dem Kommen Jesu nicht schon überholt? Dass dieser erste Teil der Bibel nicht Schnee von gestern ist, zeigt Pieter J. Lalleman in dem vorliegenden Buch.
Lalleman deckt seinen „Mehrwert“ oder „Überschuss“ auf: Themen im Alten Testament, die im Neuen Testament nicht oder kaum wieder auftauchen, aber die für uns als Christen wichtig sind. Anhand dieser Themen teilt Lalleman die Kapitel seines Buches ein: Schöpfung, Namen und Titel Gottes, Sexualität, Politik und der Fremde, Skepsis und Zweifel, Klagen, usw. Am Ende geht Lalleman auch auf den jüdischen Kanon (die hebräische Anordnung der Bücher der Bibel) im Vergleich zu der griechischen Anordnung (der unseren) ein.
Außerdem behandelt er Streitfragen, wie zum Beispiel ob Christen jüdische Feiertage und den Sabbat einhalten oder den Zehnten geben sollten und ob man aus der Bibel Empfehlungen zu Diäten ableiten kann. Auch dem Wohlstandsevangelium widmet er ein ganzes Kapitel.
Das Buch ist leicht verständlich geschrieben. Im Anhang findet der Leser Fragen zu jedem Kapitel, um sich noch einmal (intensiver) mit dem Gelesenen zu beschäftigen. Sie können auch als Anregung für Gespräche in Gruppen dienen, wenn man das Buch gemeinsam liest. Wer sich noch weiter mit dem „Plus“ des Alten Testaments beschäftigen möchte, findet hier auch Hinweise zu deutschsprachigen Publikationen anderer Autoren.
Besonders interessant finde ich die Hintergrundinformationen zu der Umwelt des Alten Testaments, durch die die Bedeutung der Bibeltexte für uns heute verständlicher wird. Bei manchen Themen hätte ich mir aber auch eine tiefer gehende beziehungsweise eine differenziertere Behandlung gewünscht. So schreibt er zum Beispiel zum Thema „Fremde“, dass die Bibel drei Gruppen unterscheidet: Israeliten, Ausländer und Fremde. Leider erklärt er aber nicht, was die Unterschiede zwischen Ausländern und Fremden sind. Er konzentriert sich darauf, dass die Fremden Gott am Herzen liegen, doch kritische Punkte, wie zum Beispiel dass eine Heirat mit Fremden kritisch gesehen wurde, spart er aus.
Auch hätte ich mir gewünscht, dass er bei den Streitfragen klarer herausarbeitet, nach welchen Prinzipien und Kriterien er bestimmt, ob Gebote aus dem Alten Testament auch heute noch für uns Christen gelten. Trotzdem ist das Buch ein guter Einstieg und ein guter Motivator, sich mehr mit dem Alten Testament zu beschäftigen.
Von J. Henle
