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Zukunftssicher: Berufschancen für angehende Pfarrer so gut wie nie

Der Kirche geht der Nachwuchs aus. Spätestens ab 2020 werden in den evangelischen Landeskirchen mehr Pastoren in den Ruhestand gehen als Vikare die Ausbildung beginnen.

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Vor ein paar Wochen hat Nina Heinsohn die letzte Hürde genommen. Zwei Tage lang wurde sie in einem Bewerbungsverfahren auf Herz und Nieren geprüft – Kommunikationsfähigkeit, Empathie, Team- und Kritikfähigkeit. Bis dahin war es ein langer Weg: Heinsohn hat Theologie studiert sowie zusätzlich ein Lehramtsstudium absolviert. Zuletzt hat sie an der Uni an einer Promotion gearbeitet. Jetzt beginnt für sie der praktische Teil ihrer Ausbildung zur evangelischen Pfarrerin. Seit Anfang September ist die 34-Jährige Vikarin in der Nordkirche.

Die Berufschancen für angehende Pfarrer waren noch nie so gut wie heute. Wenn in ein paar Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen, werden bundesweit wohl viele Pfarrstellen nicht mehr besetzt werden können. In der Nordkirche, wo 2023 einen Höhepunkt der Pensionierungswelle erwartet wird, werden dann 100 Pastoren im Jahr in den Ruhestand gehen. In anderen Landeskirchen ist es ähnlich: Im Rheinland geht bis 2030 etwa die Hälfte der heutigen Pfarrer in Pension. Die hannoversche Landeskirche rechnet damit, dass sich die Zahl ihrer rund 1.800 Pastoren bis 2030 halbieren wird.

Die Sorgen um den Pastorennachwuchs ist deshalb Land auf Land ab groß. «Wir brauchen mehr Nachwuchs», sagt Reinhard Sutter vom Verband Evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland. In den sogenannten landeskirchlichen Listen waren im Wintersemester 2012/2013 insgesamt rund 2.400 Studierende eingetragen. Zehn Jahre zuvor waren es dreimal so viele. Hinzu kommt: Nicht jeder Student, der sich auf der Liste hat eintragen lassen, geht später auch ins Pfarramt.

In den 80er Jahren, als von einer Theologenschwemme die Rede war, "hat man den Eindruck vermittelt, man bräuchte kaum Nachwuchs", kritisiert Sutter die Personalpolitik. Viele Theologiestudenten hätten damals keine Anstellung gefunden oder seien mit Projektstellen vertröstet worden.

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Hürden sind noch hoch

Inzwischen werben die Kirchen offensiv um den Nachwuchs. Unter der Suchadresse "warum-der-pfarrberuf.de" zeigt die württembergische Landeskirche Filme, in denen gestandene Pastoren begeistert über ihren Beruf erzählen. Die Nordkirche will mit ihrer Internetseite "die-nachfolger.de" Theologen für den Beruf begeistern. "Wir werben fürs Theologiestudium", sagt auch der Sprecher der westfälischen Landeskirche, Andreas Duderstedt. Einmal im Jahr lädt die Kirche zu Abituriententagen, um für das Studium zu begeistern.

Gleichzeitig sind die Hürden für den Beruf nach wie vor hoch. An eine Regelstudienzeit von zwölf Semestern schließt sich ein bis zu dreijähriges Vikariat an. Die Zulassung zum Vikariat ist von Landeskirche zu Landeskirche unterschiedlich geregelt. Manche Kirchen führen ein Auswahlgespräch, in Bayern lädt die Personalabteilung der Landeskirche alle Bewerber zum persönlichem Gespräch zum besseren Kennenlernen. Die Nordkirche lässt die Nachwuchs-Theologen ein Bewerbungsverfahren durchlaufen. "Gerade in Zeiten, in denen wir auf einen Pastorenmangel zusteuern, dürfen wir nicht suggerieren, die nehmen jeden", sagt die Beauftragte für Nachwuchsgewinnung, Christiane de Vos. "Die evangelische Kirche braucht guten Nachwuchs."

In Hessen-Nassau, wo Studienabsolventen derzeit für den Pfarrerberuf noch eine mehrtägige Potenzialanalyse absolvieren müssen, sieht man das anders: «Nicht die Kirche sucht Bewerber, sondern die Bewerber suchen sich inzwischen die Kirche aus», sagt Kirchensprecher Volker Rahn. Er kündigt an: "Das Assessment-Center ist in Hessen-Nassau so gut wie Geschichte." Im Frühjahr soll die Synode über ein entsprechendes Gesetz abstimmen. "Studenten sollen nicht abgeschreckt, sondern gefördert werden", sagt Rahn.

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Heinsohn hat inzwischen die ersten Wochen im Predigerseminar hinter sich. Jetzt beginnt das Schulvikariat. Ein halbes Jahr lang wird sie an einer Schule in Hamburg lernen, Religion zu unterrichten. Dann beginnt die Ausbildung in ihrer Gemeinde in Reinbek-West. Die Vorfreude auf das, was vor ihr liegt, ist deutlich zu spüren. "Am Pfarrberuf reizt mich der Facettenreichtum: Seelsorge, Predigt, diakonische Aufgaben, Unterricht, Management", sagt sie.

(Quelle: epd)

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