Kirchliche Jugendarbeit sollte alle Teenager erreichen – auch solche, die aus dem Raster fallen und unbequem sind. Ist deine Gemeinde bereit, auch die Rabauken zu lieben?
Von Pastor Rick Bundschuh
Nenn mich naiv, nenn mich unwissend, nenn mich idealistisch – aber ich habe damals dem Gemeindevorstand wirklich geglaubt, als sie sagten, dass eines der Ziele für die neue Position des Jugendreferenten, darin bestand, dass junge Menschen Jesus kennenlernen sollten. Vielleicht redeten wir aneinander vorbei und hatten unterschiedliche Assoziationen dazu, als sie mich für meinen ersten Job außerhalb meiner Heimatgemeinde einstellten. Vielleicht stellten sie sich einen kleinen, stetigen Zustrom von gut gekleideten und gepflegten Jugendlichen vor, die durch die Bemühungen dieser neuen Position den Weg ins Reich Gottes und in die vordersten Reihen der Kirche finden würden.
Wilde Jugendliche passen nicht ins Bild
Was sie bekamen, war etwas völlig anderes. Sie bekamen fluchende, prügelnde, selbstsüchtige Teens aus kaputten Familien aus dem zwielichtigen Teil der Stadt. Sie bekamen kleine Rabauken, die einige der anderen Teens bedrohten und den Frauen den Stinkefinger zeigten, die sie dafür ausschimpften, dass sie auf ihren Skateboards an ihnen vorbeirasten. Kurz gesagt, sie bekamen wilde Jugendliche.
Ich dachte, die Leute im Gemeindevorstand würden sich freuen. Wenn jemand die gute Nachricht von Jesus hören musste, dann waren es genau diese Teenager. Die meisten von ihnen hatten noch nie eine Bibel in der Hand gehalten, bis sie in der Jugendgruppe auftauchten. Nur wenige hatten den Namen Jesus jemals anders verwendet als ein Fluchwort. Kaum einer hatte jemals den Kindergottesdienst besucht oder Geschichten aus dem Alten Testament gehört. Geistlich gesehen waren sie unbeschriebene Blätter.
Ich dachte, die Eltern der Gemeinde würden sich über die vielen neuen Gesichter freuen. Einige taten das auch, aber einige waren weniger begeistert. Als die Zahl der Neulinge, die Zahl der braven Kinder übertraf, waren die Eltern noch weniger begeistert von dem, was passierte. »Sie werden einen schlechten Einfluss auf mein Kind haben«, sagte einer. »Das sind genau die Jugendlichen, vor denen ich meinen Sohn zu schützen versuche, indem ich ihn in die Jugendgruppe schicke, damit er mit ihnen keinen Kontakt hat«, sagte ein anderer.
Bei der Jugendarbeit „up to date“ sein
Sicherlich würden der Pastor und die anderen Mitarbeiter hinter mir stehen – zumindest dachte ich das. Der Pastor lud mich in sein Büro ein und ermutigte mich, die Jugendlichen mit klassischer Musik und anderen kulturellen Dingen in Berührung zu bringen, während wir über das Evangelium sprachen. Ich betrachtete es schon als Erfolg, einige christliche Rocklieder in die Sammlung von nicht jugendfreien Songs hinzuzufügen, die sie bereits hörten. Der Pastor war älter, fast im Ruhestand und nicht mehr wirklich mit dem Geschehen in der Jugendarbeit vertraut.
Der Hausmeister war verärgert über die Toilettenpapier-Deckenverzierungen, die in den Toilettenräumen auftauchten. Die Finanzverantwortlichen fingen an, sich über die Ausgaben für Getränke, Spielmaterial, Zubehör, Sprit und andere typische Dinge zu beschweren, die bei einer wachsenden Jugendarbeit regelmäßig anfallen. Eine Reihe von Leuten beschwerte sich leise, dass diese Teens nur kamen, um unterhalten zu werden, und das Evangelium offensichtlich nicht gepredigt wurde.
Unterdessen kamen immer mehr Jugendliche – sie terrorisierten die Nachbarn, rauchten hinter den Mülltonnen und einige trugen Kleidung, die eher Kleidungsfetzen ähnelten. Ihre Outfits sorgten für interessante Kontraste. Ich erinnere mich noch deutlich an das Kind, das ein T-Shirt mit einem riesigen Hanfblatt trug und in der Bibel las. Ich hätte ein Foto davon machen sollen.
Teenager entschieden sich reihenweise für ein Leben mit Jesus. Ihr junges Leben begann sich allmählich durch die Wirkung des Wortes Gottes zu verändern. Aber ich hatte sie nur für ein paar Stunden in der Woche, während die Welt ihre Aufmerksamkeit für die restliche Zeit hatte, sodass es nur langsam voranging und es viele Rückschritte gab. Es gab glorreiche Momente und Momente des Schreckens in der Jugendarbeit. Beispielsweise wollte ein großer Junge eine Schlägerei mit mir anfangen, weil ich ihn gebeten hatte, sich bitte ruhig zu verhalten und mitzumachen.
Die Gemeinde bekam, was die Mitglieder wollten. Sie hatten nicht errettete Teenager und jede Woche neue Bürger im Königreich Gottes. Das fanden sie aber nicht gut.
„Sie sagten, dass sie Evangelisation wollten, aber wenn es darauf ankam, war es ihnen zu unbequem.“
Warum wollt ihr mich kündigen?
Einige Vorstandsmitglieder forderten meine Kündigung. Ich war fassungslos, verwirrt, verletzt. Wie konnte das sein? Ich hatte mich auf die Suche nach diesen kleinen Kirchenfernen gemacht und viel Zeit in diese Teens investiert! Wie konnte jemand denken, dass das etwas anderes als glorreich war? Es dauerte nicht lange, bis der Gemeindevorstand um meinen Job kämpfte, wobei die Abstimmung für meinen Verbleib bei jeder monatlichen Versammlung knapp gewonnen wurde. Ich lief auf Eierschalen, während sich die Gemeinde in zwei Lager spaltete: „Erreichen wir die Außenstehenden“ und „Schützen wir unsere eigenen Kinder“.
Ich habe dadurch gelernt, dass Menschen, auch wenn sie sagen, dass sie etwas wollen, es vielleicht nicht mögen, wenn sie es tatsächlich bekommen. Am Ende verließ ich die Gemeinde freiwillig. Der Grund? Sie sagten, dass sie Evangelisation wollten, aber wenn es darauf ankam, war es ihnen zu unbequem.
Ich war einmal einer dieser ungewaschenen Außenseiter, für den christlicher Slang ein Rätsel war. Die Idee, in die Kirche zu gehen, setzte ich mit Folter gleich. Aber ein innovativer Jugendleiter mit starker Unterstützung seiner Gemeinde zog mich vom Strand weg zu einer Aktivität, die damals alles andere als Evangelisation zu sein schien – ein Surfausflug nach Mexiko. Diese Reise festigte meine Freundschaft mit dem Jugendleiter, gab mir meinen ersten verständlichen Geschmack des Evangeliums und führte letztlich dazu, dass ich anderthalb Jahre später mein Vertrauen in Christus setzte.
Als ich entschied, für andere das zu tun, was für mich getan wurde, indem ich mich hauptberuflich in Jugendliche investierte, habe ich einfach die effektiven Methoden nachgeahmt, die bei mir so gut funktionierten.
Viele Jahre sind vergangen, seit ich der neugierige, schlaksige, sonnengebräunte Junge war, der von der Botschaft Christi angezogen wurde. Aber im Laufe der Jahrzehnte habe ich immer wieder Wege gesucht, um mit Kirchenfernen in Kontakt zu treten und Freundschaften zu schließen – und, wenn Gott es zulässt, von der Hoffnung zu erzählen, die in mir ist.
Die ideale Zeit und Altersstufe für Evangelisation
Die Teenagerjahre – und besonders die frühen Teenagerjahre – sind entscheidend, um einem Menschen, der noch nicht an Jesus glaubt, Jesus Christus vorzustellen. Es ist in dieser Lebensphase weitaus einfacher, offene Ohren und Herzen zu finden als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt, doch christliche Gemeinschaften verpassen oder ignorieren oft diese Gelegenheit.
Stell dir vor, du bist ein leidenschaftlicher Angler. Damit meine ich nicht, dass du einfach gerne in die Wildnis fährst, die Landschaft genießt und die Einsamkeit auskostest, während du versuchst, dabei ein oder zwei Forellen zu fangen. Ich meine, dass du wirklich gerne angelst, mit dem Ziel, mit so vielen Fischen wie möglich nach Hause zu kommen. Angenommen, du hättest die Wahl zwischen mehreren Angelplätzen. An manchen Orten sind deine Chancen, einen Fisch zu fangen, ziemlich gering, aber an einem bestimmten Angelteich sind deine Chancen ziemlich hoch. Wo gehst du angeln? Die Antwort für einen eingefleischten Angler liegt auf der Hand. Du gehst zu den bewährten Plätzen, an denen du immer wieder mehr Fische fängst.
„Es ist viel einfacher, offene Ohren und Herzen bei Teenagern, insbesondere bei den jüngeren, zu finden, doch christliche Gemeinschaften verpassen oder ignorieren oft diese Gelegenheit.“
Seit Jahren zeigen Umfrageergebnisse, dass die Mehrheit der Menschen, die Christen werden, diese Entscheidung vor ihrem 20. Lebensjahr treffen. Die gleichen Umfragen zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass jemand sich im hohen Alter für Jesus entscheidet, gering ist.
Mit ein wenig gesundem Menschenverstand sollte jede Kirche, die ernsthaft daran interessiert ist, Seelen zur Errettung in Jesus Christus zu führen, viel Zeit, Energie und Ressourcen in diese Altersgruppe investieren, wo das Potenzial für eine Entscheidung so hoch ist. Obwohl sich viele Gemeindeleiter dieser Fakten bewusst sind, wird nur sehr wenig Energie darauf verwendet, das Beste aus dieser Möglichkeit zu machen. Es werden nur wenig qualifizierte Arbeitskräfte, Gedanken, Geld oder Ressourcen für die Altersgruppen der 11- bis 14-Jährigen eingesetzt.
In der Glaubensgemeinschaft, in der ich nun als Pasor tätig bin, hat die Auseinandersetzung mit der Realität den Rhythmus unserer Gemeindearbeit verändert. Unsere wichtigste Ansprechperson für Evangelisation ist unser Jugendpastor. Unsere Kirche investiert viele Ressourcen, um sicherzustellen, dass die Werkzeuge und das Personal vorhanden sind, um dieser Altersgruppe Jesus Christus vorzustellen. Sollte es eine finanzielle Krise geben, bei der Kürzungen notwendig sind, hat unser Jugendpastor mehr Jobsicherheit als jeder andere Mitarbeiter – er wäre der Letzte, der gehen müsste, und sein Dienst wäre der Letzte, der gekürzt wird. So wichtig ist dieses Missionsfeld, dass es Vorrang vor fast jeder anderen missionarischen Anstrengung hat, die der Kirche als wichtig gilt.
Dieser Artikel wurde von Rick Bundschuh verfasst und zuerst in seinem Buch „Don’t rock the boat, capsize it“ veröffentlicht. Bundschuh ist Pastor der Kauai Christian Fellowship, Autor, Redner und Cartoonist. Die deutsche Version des Artikels erschien auf der Seite MrJugendarbeit – übersetzt von Esther Penner. Wir haben Sie für Jesus.de gekürzt.
Ein Bericht über die Kirche, wie sie leibt und lebt …
Und was, lieber Herr Wößner, finden sie an diesem Bericht falsch ??????
Nicht der Bericht ist falsch, sondern die Kirche …
Der Jugendreferent hat einfach das kirchliche Prinzip nicht verstanden:
Er ist nicht angestellt, um den Willen Gottes zu tun, sondern um den Willen der Leute zu tun, die ihn bezahlen.
Der Fußmarsch auf dem Weg Jesu beginnt mit einem Lächeln.
Kirchliche Jugendarbeit sollte alle Teenager erreichen – auch solche, die aus dem Raster fallen und unbequem sind.Pastor Rick Bundschuh hat mir völlig aus meinem tiefsten Herzen gesprochen. Nicht nur, dass selbst Jesu Mitarbeiter:innen keine einheitliche Gruppe war, er liebte sie trotz ihrer Unterschiedlichkeit alle und sie waren – wie oft aber bei vielen biblische Personen – keine perfekten Menschen. Wenn Mission bzw. Evangelisation, neben Hilfe auch zur Selbsthilfe (etwa in Caritas und Diakonie), Menschen mit Jesus befreunden und in seine Nachfolge rufen will, dann bedürfen gerade bei uns sozial angezählten Personen einer Hilfe nach dem Jesus-Motto: „Kranke bedürfen mehr als Gesunde des Arztes“. Der Mensch als eine Person ist immer die von seinem Schöpfer erschaffene Person als eine Ansammlung von Möglichkeiten, aufgrund seines Freien Willen gut oder böse zu sein. Nur im Lichte Gottes werfen wir alle lange Schatten und niemand ist ohne Makel. Einen Maßstab, den wir an anderen anlegen, müssen wir dann auch an uns selbst anlegen. Vorgelagert und vorschnell zu richten ist nach der Bergpredigt falsch, denn mit dem Maß, mit dem wir andere messen, wird Gott (oder könnte Gott) uns messen. Die Erfahrung aber zeigt, dass der einzelne Jugendliche oft friedlich ist, im Gegensatz dazu kann seine Gruppe aber auch Stärke (oder eher Macht) suggerieren, oft auch völlig zu unrecht. Wenn wir grundsätzlich im Umgang mit den anderen Menschen – nicht nur bei Jugendlichen – deren Schwächen und Defizite (die wir alle haben), nicht so stark betonen, aber die uns ebenso auffallenden positiven Eigenschaften verstärken, werden wir nach einiger Zeit völlig andere Menschen vorfinden. Aber diese Erkenntnis findet nicht nur auf der Ebene der Psychologie (der einzelnen Menschen), oder bei Großgruppen (wie dem Staat) auf einer anderen Ebene der Soziologie statt. Dabei gilt für wertebasierte Arbeit immer, dass unsere Mitmenschen unsere gelebten Werte nicht selten gut finden und uns nacheifern. Der sich nicht genug geliebt fühlt, zieht sich in die Schmollecke zurück, generiert aggressives Verhalten und betrachtet seine Umwelt und alle Mitmenschen als böse bzw. negativ. Der sich allerdings wertgeschätzt fühlt, kann auch die Personen um sich herum wertschätzen und da wo in (christlicher) Gemeinschaft ein soziales Nest entsteht, da kommt Menschen in die Fußstapfen Jesu. Offene oder halboffene Jugendarbeit ist nicht weniger christlich, als jene die gutgekleidete und positiv vernetzte andere Teenager erreicht. Menschen sollten mit allem, was sie tut oder nicht tut, immer für Jesus werben. Und damit für einen Gott, die nie über einen Menschen endgültig den Stab brechen wird, weil Jesus die Strafe für unsere fehlende Gottesnähe und -ebenbildlichkeit, bereits übernommen hatte. Christ.Innen werben immer für Jesus, auch wenn sie dies nicht nur in Worten ausdrücken. Ein altes Sprichwort wird da wieder modern: Unser Leben kann genauso wichtig sein wie die Heilige Schrift. Manche Bibel verstaubt ungelesen im Bücherregal, aber wir haben zwei Füßen und können mit dem Weißen im Augapfel einen freundlichen Blick und Empathie erzeugen. Der Fußmarsch auf dem Weg Jesu beginnt daher mit einem Lächeln.