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Stille Zeit: Was mir hilft

Regelmäßige Zeiten für Stille, Fasten oder Bibellesen sind wichtig. Doch was tun, wenn es bei der Umsetzung hapert? Drei Frauen erzählen aus ihrem „Stille“-Alltag.

15 Minuten Stille

Lange Zeit habe ich meine tägliche Viertelstunde Stille sehr genossen. Aber dann kam meine Covid-19-Erkrankung, an der ich lange zu knapsen hatte, ein Urlaub direkt im Anschluss – und alle gut eintrainierten Rhythmen und Routinen waren weit weg. „Nach dem Urlaub fange ich direkt wieder an“, war mein Vorsatz.

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Habe ich auch. Montagmorgen setzte ich mich hin. Der Kaffee war nötiger denn je. Gleich mache ich die Meditation, dachte ich. Bestimmt. Erst noch kurz die Katzenklos saubermachen. Dann. Ach Mist, der Termin ist ja gleich. Danach. Als das Zoom-Meeting vorbei war, setzte ich mich tatsächlich endlich hin. Und habe mich gefragt: Warum schiebe ich diese 15 Minuten so vor mir her? Warum zögere ich? Ist es die Konfrontation mit mir selbst? Meinem Gefühlschaos? Meinem Gedankenkarussell? Das Gefühl, mehr mit der Zeit anstellen zu können, als „nur“ rumzusitzen?

Mein neuer Ansatz

Seit etwa einem Jahr (mit Unterbrechungen!) haben die Meditationen einen Rhythmus. Jeden Wochentag ist eine Zeile aus einem Gedicht von Teresa von Ávila dran (siehe unten). Montag ist es: „Nichts verwirre dich.“ Man könnte auch „nichts lenke dich ab“ oder „wühle dich auf “ übersetzen. Wie passend. Es ist der erste Tag nach dem Urlaub. Wenn während des Urlaubs irgendetwas anfiel, habe ich es auf nach dem Urlaub verschoben: lästige Mails, Krankenkassenbriefe, Vorbereitungen für ein Seminar, etc. Jetzt ist plötzlich nach dem Urlaub. Alle diese To-dos tanzen in meinem Kopf Samba.

Umso nötiger habe ich diese 15 Minuten, in denen ich zur Ruhe komme. Die Welt um mich wird still, und langsam auch die Welt in mir. Einatmen – ausatmen – „nichts wühle dich auf “. Einatmen – ausatmen – „nichts verwirre dich“. Einatmen – ausatmen – „nichts lenke dich ab“.

Mein Puls sinkt, der Atem wird tiefer und langsamer. Aber natürlich lenken mich die Kater ab, die meine Aufmerksamkeit wollen. Einatmen – ausatmen. Nein, ich lege jetzt keine innere To-do-Liste an. Einatmen – ausatmen – auf Gott konzentrieren. Nichts tun und Gnade erleben. Einatmen – Ausatmen – Gnade. Mitten im Alltag. Als meine Uhr nach 15 Minuten das Ende der Gebetszeit verkündet, bin ich entspannter und geerdeter als vorher.

Nichts tun

15 Minuten nichts tun erinnern mich daran, dass die Welt sich auch ohne mein Tun weiterdreht. Bei Gott darf ich einfach sein, ganz ohne jede Leistung, ohne abgehakte Aufgaben. Warum fällt es mir trotzdem so schwer, diese Zeit zu investieren, wenn ich weiß, wie gut sie mir tut? 1440 Minuten stehen uns pro Tag zur Verfügung – 15 davon sind nicht viel. Trotzdem bäumt sich der innere Schweinehund dagegen auf. Man könnte auch sagen, dass diese Zeit „umkämpft“ ist.

Manchmal verliere ich den Kampf – auch über mehrere Wochen hinweg. Aber dann fange ich wieder neu an. Nicht jeden Tag ist diese Zeit spürbar gesegnet, manchmal scheint der Alltag mich direkt wieder einzunehmen. Aber ich entdecke, wie es mich über die Zeit hinweg innerlich gelassener und ruhiger macht. Darum will ich es jeden Tag aufs Neue versuchen.

Nichts verwirre dich
Nichts erschrecke dich
Alles geht vorüber
Gott ändert sich nicht
Die Geduld erreicht alles
Wer Gott besitzt, dem mangelt nichts
Gott allein genügt
Teresa von Ávila

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Sabine Zöllner ist Theologin und an ME/CFS erkrankt.


Eine Fastenwoche

Ich bin ein absoluter Gewohnheitsmensch und liebe es, einen Lebensrhythmus zu haben. Theoretisch. Denn praktisch habe ich es bisher nicht hinbekommen, einen zu etablieren. Das zeigt sich unter anderem daran, dass ich jeden Tag zu einer anderen Zeit zu Bett gehe, sich Mittagspausen verschieben und eigentlich kein Tag wie der andere abläuft. Selbst sich jährlich wiederholende Feiertage übersehe ich meist so lange, bis sie mir auf die Füße treten.

Alle Lifehacks und sonstigen Tipps zu „So gestalten Sie einen regelmäßigen Ablauf“ scheitern an meinem Wunsch, alle Bereiche meines Lebens in die begrenzte Zeit einer Woche zu puzzeln. Dennoch sehnt sich der still-stetige Teil in mir nach mehr Konstanz. Als mir eine Freundin erzählte, dass sie seit einem Jahr jeden Mittwoch fastet und die dadurch frei gewordene Zeit mit Jesus bei Spaziergängen oder auf der Couch verbringt, war ich sofort Feuer und Flamme. Genau so etwas wollte ich auch!

Ein neues Ritual

Dass mein Sabbat gerade aufgrund von Gemeindedienst von Sonntag auf Montag und von dort Richtung Donnerstag gewandert war, versuchte ich zu ignorieren. Mit meinem neuen Fastentag würde alles anders werden! Ein neues Ritual! Ein Fels, mitten in meinem fröhlich-chaotischen Leben.

Spoiler: Es klappte nicht. Denn Fastentage – so musste ich erkennen – vertragen sich ganz schlecht mit Frühstückseinladungen oder Gemeindetreffen, die bei uns traditionell mit Essen beginnen oder enden. Fastentage vertragen sich auch nicht gut mit langen Autofahrten oder schwierigen Gesprächen. Nach ein paar Wochen gab ich auf. Ich muss mir eingestehen: Obwohl ich mich nach einem Rhythmus sehne, bereitet es mir mehr Stress, ihn ein- und durchzusetzen, als dass er mir Entspannung bringt.

Für mich war das eine harte Erkenntnis – aber gleichzeitig auch eine befreiende: Denn wenn es nicht regelmäßig klappt, dann klappt es vielleicht als Ausnahme? Und diese Ausnahme kam als Angebot für eine Fasten-Wanderwoche per Mail in mein Leben geflattert. Eine liebe Bekannte fuhr mit mir hin und diese Woche gab mir so viel Freude und Energie, dass ich beschloss, es bald wieder zu machen.

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Ein paar Tage raus aus dem Alltag

Und dabei ist es geblieben. Ein- oder zweimal pro Jahr nehme ich mich für ein paar Tage raus, suche mir einen stillen Ort (oder schicke den Mann zu den Schwiegereltern, sodass ich die Wohnung für mich habe) und faste. Der Computer bleibt in dieser Zeit aus, das Smartphone ist auf lautlos gestellt und der Haushalt ist mir herzlich egal – einkaufen und kochen muss ich in dieser Woche ja eh nicht. Und die Arbeit? Meine Gemeinde merkt meist gar nicht, dass ich „weg“ bin (so wichtig bin ich offensichtlich doch nicht, auch wenn ich mich gerne dafür halte).

Es ist kein wirklicher Rhythmus, den ich habe. Aber es ist eine Tradition, die gut in mein momentanes Leben passt. Es tut mir gut, gibt mir Kraft und entspannt mich. Und genau das möchte ich ja auch mit einem Rhythmus erreichen.

Christine Kernstock arbeitet vollzeitlich ehrenamtlich für ihre Gemeinde und bloggt unter www.nurheute.net


Bibellesen im Coffeeshop

Vor etwa anderthalb Jahren fiel mir auf, dass es mir schwerfällt, zu Hause Zeit fürs Bibellesen und Beten zu finden. Es gibt dort einfach zu viele Ablenkungen und Aufgaben, um die ich mich kümmern muss. Also fing ich an, morgens in einen Coffeeshop in meiner Nachbarschaft zu gehen und dort in der Bibel zu lesen.

Ich gönnte mir einen Kaffee, der einfach himmlisch schmeckte, las in meiner Bibel und schrieb in mein Gebetstagebuch. Und stellte fest, wie gut es mir tat, dort regelmäßig in Ruhe sitzen zu können und mich in dieser Zeit nicht von unerledigten Aufgaben unter Druck gesetzt zu fühlen. Der Coffeeshop ist für mich zu einem heiligen Ort geworden.

Bibelstelle meditieren

Mein Ritual hat sich mit der Zeit weiterentwickelt. Ich bin nämlich jemand, der Abläufe gerne immer mal wieder verändert. Im Moment lese ich einen Abschnitt aus der Bibel und verbringe dann einige Zeit damit, über diese Bibelstelle zu meditieren. Ich lese sie drei- oder viermal durch und ziehe dann einen Satz über Gott oder Jesus für mich heraus.

Das hilft mir dabei, mir bewusst zu machen, dass es nicht um Gesetzlichkeit geht oder um Dinge, die ich leisten muss oder die von mir erwartet werden. Sondern mich darauf zu konzentrieren, wer Gott ist. Daran versuche ich mich zu orientieren.

Wenn ich in mein Gebetstagebuch schreibe, tue ich das in meiner normalen Schrift. Diesen einen Satz über Gott oder Jesus schreibe ich aber in Schönschrift und spure ihn mehrfach nach. Dabei legt sich irgendein Schalter im Gehirn um. Jedenfalls hilft es mir dabei, über diesen Satz zu meditieren.

Nicht für den Kaffee bezahlen

Der zweite Teil meiner Gebetszeit baut darauf auf: Ich gehe der Frage nach, was dieser Satz für mich bedeutet und welchen Einfluss er auf mein Leben haben könnte. Auch hier versuche ich, dass dabei keine Liste an Aufgaben herauskommt. Vielmehr liegt auch hier mein Fokus darauf, wer Gott ist und was ich davon mitnehmen kann. Manchmal orientiere ich mich auch an der Lectio Divina, bei der ich den Bibeltext anhand von vier Fragen durchgehe.

Ich muss mich manchmal daran erinnern, dass ich nicht für den Kaffee bezahle. Sondern dafür, mir selbst den Raum dafür zu verschaffen, mit Gott in Verbindung zu treten. Das habe ich in dieser Konsequenz zuletzt während meines Studiums so erlebt. Durch mein Ritual hat sich mein Draht zum Heiligen Geist radikal verändert.

Emily Sandefur arbeitet als stellvertretende Regionalleiterin für die Organisation „Young Life“.


Ausgabe 1/23

Dieser Artikel ist in der Frauenzeitschrift JOYCE erschienen. JOYCE ist Teil des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört.

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2 Kommentare

  1. „und habe meinem Vater (oder meiner Mutter) im Himmel mein Leid geklagt, oder wo Sand im Getriebe meines Lebens war. Natürlich lese ich auch die Bibel“ Das ist ein seltsamer Kommentar unter einem Artikel, in dem es ums Bibellesen geht. Was heißt, natürlich lese ich auch… was denn sonst, wenn nicht in der Bibel steht Gottes Wort. Woher soll ich wissen, dass ich einen Vater im Himmel habe (keine Mutter, aber er kann einen trösten wie eine Mutter), wenn nicht aus Seinem Wort?
    Deshalb sind die Zeiten, in den Gott durch Sein Wort zu mir spricht, wichtig und kostbar. Sein Sohn Jesus hat auch das Wort gelesen, in der Synagoge und hat es ausgelegt und gelehrt.
    Dank sei Gott!

  2. Meine Art von Stille Zeit

    Ich habe es aufgegeben, mir eine bestimmte „Stille Zeit“ aufzuzwingen. Ich sehe mir öfters auch Gottesdienste hier im Internet an. Oder bin ein Zusehender und Mitbeter im Livestream aus Taize. Seit Jugendtagen haben ich die Angewohnheit – wenn auch manchmal viele Jahre vergessen – immer mit Gott im Dauergespräch zu sein. Dies kann an fast allen Orten oder Gelegenheiten sein, wo ich alleine bin – wobei dies dann keinen Vorführcharakter besitzt. Es ist herrlich zu wissen dass Gott mich viel besser kennt als ich mich selbst, auch im tiefsten Inneren, und ich daher über alles mit ihm (gedanklich) reden darf. Dabei habe ich die befreiende Erfahrung gemacht, dass es so viel einfacher ist sich die leeren Händen füllen zu lassen, und sich auch die von Gott verziehenen eigenen Ecken und Kanten selbst zu vergeben. Ich darf mich selbst lieben und mir auch selbst vergeben, wenn mein Schöpfer dies ebenso tut. Natürlich macht es nur Sinn zu beten, auch als ausführlicher innerer Dialog mit Gott, wenn die Rahmenbedingen stimmen: Nicht abgelenkt zu sein, alleine, in einigermaßen angenehmer Umgebung oder gar bei einem längeren Spaziergang. Als ein Nachpubertärer bin ich gerne durch unsere endlosen Wälder gelaufen, wo man niemanden trifft, und habe meinem Vater (oder meiner Mutter) im Himmel mein Leid geklagt, oder wo Sand im Getriebe meines Lebens war. Natürlich lese ich auch die Bibel und befürworte stille Zeiten. In Taize oder auf Kirchentagen hat dies auch immer gut funktioniert. Es fasziniert mich, dass Gott all meine inneren Abgründe kennt – so wie sie
    eigentlich jede und jeder hat – und sie nicht gegen mich verwendet. In der Liebe ist keine Angst, schon gar nicht bei derjenigen die himmlisch ist.

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