Sonntagsblatt:

Theologe: Jesus ist gescheitert – auf den ersten Blick

Die Bibel steckt voller Geschichten von Scheitern und Neuanfang. Der Theologe und Therapeut Ludwig Frambach erklärt, was es braucht, um „erfolgreich“ zu scheitern.

Jesus ist der Prototyp des Gescheiterten und Wiederauferstandenen, sagt Ludwig Frambach in einem Interview mit der evangelischen Zeitung Sonntagsblatt. An ihm werde deutlich, welche Kraft dem Scheitern innewohne. Kurz vor seinem Tod bittet Jesus: „Lass diesen Kelch an mir vorübergehen.“ Und schließt direkt an: „Dein Wille geschehe.“ Jesus willige damit in sein Schicksal ein und öffne sich dem Willen Gottes, sagt Frambach. „Und er erfährt: Die furchtbare Leere, vor der er ebenso wie alle Menschen Angst hat, letztlich der Tod, erweist sich als fruchtbare Leere.“

Frambach ist der Ansicht, dass man ganz unten sein muss, um wieder nach oben kommen zu können. Dieses Prinzip zeige sich an vielen Stellen der Bibel. Bei Adam und Eva, Kain und Abel, der Sintflut, Jakob, Paulus sowie König David. Auch Martin Luther und Martin Luther King hätten das erlebt, sagt Frambach. „Man muss an einen Tiefpunkt kommen, zu einer Verzweiflung, in der sich alle Wahrheiten und Gewissheiten auflösen.“ Und weiter: „Man muss die innere Not, diese Verzweiflung zulassen, bis zum Grund. Dann erfolgt ein Umschlag, eine Umkehr, eine Wende.“ Er spricht von einem Fünf-Phasen-Prozess des Scheiterns:

  1. Fixierung: Hier seien wir auf ein bestimmtes Selbstbild festgelegt, das für uns akzeptabel oder gewohnt sei.
  2. Differenzierung: Verdrängte Hintergründe würden bewusster. Das führe zu Verunsicherung und zunehmender Angst.
  3. Diffusion: Hier erlebe man den Verlust von Struktur, werde orientierungslos und fühle sich wie in einer Sackgasse. Das werde als Scheitern erlebt und gelte es auszuhalten.
  4. Vakuum: Die Differenzierung zwischen Vorder- und Hintergrund habe sich hier völlig aufgelöst. Man fühle sich im Nichts, in der Leere. Das sei der Wendepunkt. Erst wenn die alte Struktur ganz aufgelöst sei, werde das Neue möglich.
  5. Integration: Hier würden bisher widerstreitende Aspekte in einer Gegensatzeinheit integriert. Frambach spricht von einer „befreiten Grund-Identität“.

Link: „Theologe: Jesus ist gescheitert – auf den ersten Blick“ (Sonntagsblatt)

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2 Kommentare

  1. Der Tod am Kreuz war kein Scheitern, sondern Gottes heilsgeschichtlicher Plan.
    Hier findet sich auch keine Kraft des Scheiterns, sondern allein Gott hat Jesus von den Toten auferweckt.

    Das Menschen manchmal an einen Tiefpunkt ankommen müssen, um etwas zu erkennen und einsichtig zu sein, mag stimmen – aber mit Jesu Tod am Kreuz hat das nichts, aber auch garnichts zu tun.

  2. “ Jesus ist der Prototyp des Gescheiterten und Wiederauferstandenen, “

    Dass es zu dieser Aussage noch keine Proteste hagelt, erstaunt mich sehr.

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