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Wenn der Ehepartner nicht glaubt

„Das Christsein wird tiefer, wenn es regelmäßig durchgeschüttelt wird“, sagt der Theologe Matthias Kleiböhmer. Er kennt solche Situationen aus der eigenen Familie, denn seine Frau glaubt nicht an Gott.

Wir sitzen vor dem Kamin und sprechen darüber, wie die letzten Jahre gelaufen sind. Meine Frau sagt: „Wir können doch ganz zufrieden sein: Job okay, Kinder gesund und wir wohnen in einer guten Gegend.“ Ich denke: „Ja, Gott hat uns gesegnet.“ Aber ich sage es nicht. Meine Frau glaubt nicht an Gott. Und ich möchte den Augenblick nicht kaputt machen. Denn davon zu sprechen, was Gott in unserem Leben tut, führt eigentlich immer zu Diskussionen. In diesem Fall wäre das Thema: „Wieso segnet er dich und andere nicht?“ Aber wir werden noch darüber sprechen. Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.

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Außerhalb der Kirchenmauern

Es braucht Mut, über den Glauben zu sprechen. Nicht in der Gemeinde – da geht es einfach. Aber fast überall sonst. Meine letzte Blitzumfrage nach dem Gottesdienst hat gezeigt: Es geht vielen so. Was Businesstrainer für den Smalltalk empfehlen, haben wir schon längst verinnerlicht. Geld, Politik und Glaube lässt man besser außen vor, sonst wird es zu persönlich, übergriffig oder einfach zu emotional – und es kann eskalieren. Deswegen bleiben wir mit unserem Glauben unter uns in der Gemeinde oder in der Anonymität unserer Social-Media-Bubble. Alle anderen lassen wir besser außen vor.

Wenn man – wie ich – „die anderen“ direkt in der Familie hat, geht das nicht. Für den Moment kann man Gott schon mal aus einem Gespräch ausklammern. Aber auf Dauer gelingt es nicht. Man kommt sich sonst vor, als müsste man öffentlich erklären, dass die Erde eine Scheibe ist. Wir können unser Christsein nicht an der Haustür neben dem Schlüsselbrett ablegen. Wir bringen den Glauben mit. Er begleitet uns durch eine Gesellschaft, in der der Unterschied zwischen denen, die glauben, und „den anderen“ immer größer wird.

„Viel schlimmer ist es, dass es uns oft schwerfällt, unsere Liebe zu Gott in Liebe zu den Menschen zu übersetzen.“

Matthias Kleiböhmer

Immer mehr haben Gott nicht nur vergessen; sie vergessen, dass sie ihn vergessen haben. Schon allein deshalb glaube ich, dass es in Zukunft mehr Beziehungen wie unsere geben wird. Zu Hause kann man sich aber nicht dauerhaft verbiegen. Deswegen können wir nicht permanent auf den Gottesdienst verzichten. Und wir können Gott – wie alles andere Wichtige im Leben auch – nicht für immer aus allen Gesprächen verbannen.

Also braucht es Mut. Denn wir wissen ja selbst, wie brüchig, unvollständig und schwach unser Glaube manchmal ist. Und das kann ein solches Gespräch offenbaren. Wie peinlich! Dabei ist das nicht einmal das Schlimmste. Viel schlimmer ist es, dass es uns oft schwerfällt, unsere Liebe zu Gott in Liebe zu den Menschen zu übersetzen. Schließlich erleben uns unsere Angehörigen immer und überall in der Nahaufnahme. Sie kennen unsere Stärken und Schwächen sehr genau. Der Mut besteht nicht nur darin, von Gott zu erzählen und die verständnislosen Blicke, das Desinteresse oder die anschließende Diskussion auszuhalten. Er besteht vor allem darin, sich selbst mit dem Maßstab des Glaubens messen zu lassen.

Der Anspruch ist gewaltig

Viele Menschen haben zwar Gott vergessen, aber trotzdem gewaltige Ansprüche an Christinnen und Christen, was Geduld, Barmherzigkeit und Nächstenliebe angeht. Drei Disziplinen, in denen ich ständig versage. Als Bibelleser denke ich dabei oft an Paulus, und das macht es nicht leichter. Er ist nämlich der Meinung, dass in Beziehungen wie meiner nicht-gläubige Partnerinnen und Partner gewonnen werden können durch die vorbildliche Lebensweise der Christinnen und Christen. Das ist die wichtigste Art, wie wir über unseren Glauben sprechen, und es ist die schwierigste.

Man kann das alles maximal groß und kompliziert denken oder man kann die Freiheit des Glaubens ernst nehmen. Was ich meine: In meiner Situation spürt man den Erwartungsdruck der anderen, man liest Paulus und hört vielleicht sogar Jesu Aufforderung, „alle Welt“ mit dem Evangelium in Kontakt zu bringen. Das überfordert nicht nur mich, sondern auch Menschen, die im Glauben fester sind als ich.

„Willkommen in der Gemeinschaft der Unvollkommenen!“

Matthias Kleiböhmer

Tatsächlich hat Gott aber die Neigung, Menschen mit großen Schwächen zu Zeugen seiner Liebe zu machen. Petrus war ein Verräter, Paulus ging keinem Streit aus dem Weg und ein Berufssoldat der verhassten Römer erkennt als Erster: „Dieser Mann ist Gottes Sohn gewesen!“ Willkommen in der Gemeinschaft der Unvollkommenen!

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Nicht-Gläubige, die wissen, dass wir Christen sind, werden sich sicher immer mal wieder fragen, wie glaubwürdig wir leben. Aber sie verstehen darunter meist etwas anderes, als Gott darunter versteht. Sie meinen vorwiegend eine moralische Christlichkeit mit selbstlosem Einsatz für den Nächsten. Dabei sind sie so ungnädig, wie wir Menschen eben sind. Gott kann da liebevoller drüber hinwegschauen und das sollte unser Maßstab sein. Wir müssen es trotzdem mit aller Kraft versuchen. Wir sind dran, weil es eben niemand anderen gibt, der es tun kann. In der Familie kann man sich nicht vertreten lassen.

Aber wie macht man das?

Wie findet man Worte für den Glauben und wie spricht man ihn aus? Ich meine, der einfachste Weg ist, mit einem eigenen Erlebnis zu beginnen. Da braucht man keine große Theologie und keine Argumente. Man darf einfach erzählen, wie man etwas erlebt hat. Zum Beispiel, dass man Gott erlebt hat, wo andere nur einen glücklichen Zufall sehen. Beispielsweise so, dass Gott in mein Leben positiv eingreift.

So habe ich es gemacht, als ich mich bei einem Beinahe-Unfall auf der Autobahn „bewahrt“ gefühlt habe. Das ist so ein typisches „Christenwort“, aber so habe ich es erlebt: Ein BMW fuhr viel zu schnell an meinem und einigen anderen Fahrzeugen vorbei und prallte in die Leitplanke. Dabei drehte er sich nur wenige Meter vor mir um die eigene Achse. Beim Aussteigen war ich geschockt – und fühlte mich bewahrt.

Ich habe das bewusst auch denen genau so erzählt, die meinen Glauben nicht teilen. Was ich erlebe, darf ich auch so erleben. Wenn dann daraus eine theologische Fragestunde entsteht, in der ich nicht alle Antworten habe – sei es drum. Da bin ich trotz Studium und Predigtdienst manchmal nicht so gescheit, wie ich gern wäre. Aber was macht das schon? Ein anderer Christ oder eine andere Christin ist eben nicht da.

Bestätigung statt Zweifel

Was wir erleben, ist das eine. Das andere sind die Worte dafür. Und die kann man sehr gut mit Menschen üben, die den Glauben teilen. Nicht, weil es ein Formulierungstraining braucht, sondern weil man sich am Anfang etwas dazu überwinden muss. Und das geht leichter in einem Umfeld, das ein solches Erlebnis nachempfinden kann. Der Partner oder die Partnerin ahnt ja vielleicht nicht, dass die Situation auch für uns eine Herausforderung ist. Wir wissen es aber und wir brauchen gerade am Anfang Bestätigung und nicht Zweifel. Deswegen kann man solche Erlebnisse (ich meine solche mit Gott, sie müssen nicht unbedingt so spektakulär sein wie in meinem Fall) gut zunächst in der Gemeinde oder im Hauskreis erzählen. Später dann in der Familie.

Als dritte Möglichkeit, neben einem authentischen christlichen Lebensstil und dem Reden über den Glauben, bleibt noch die subtilere Sprache der Symbole. Wer keine Worte findet, kann die Kunst in Bild oder Ton sprechen lassen. Dabei geht es weniger darum, die Wohnung sakral zu möblieren. Aber wenn der Glaube zu deinem Leben dazugehört, findet er auch einen Platz im Wohnraum, in der Spotify-Playlist oder beim Streaming. Ich selbst schaue die Streaming-Version der Jesusgeschichte („The Chosen“) zwar meist allein, aber ich erzähle davon, was ich daran gelungen finde und was nicht. Solange es nicht zu nerdig wird, ist es in Ordnung. Solange es kein dogmatischer Vortrag ist, sondern persönlich, darf es einen Platz im Familienleben haben. Deswegen gibt es im Wohnzimmer auch ein Kreuz, obwohl es nicht allen Familienmitgliedern etwas bedeutet. Es berührt mich, also darf es bleiben.

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Aushalten

Trotzdem ist meine Erfahrung, dass man im Gespräch mit Nicht-Gläubigen einiges aushalten muss. Und das empfinden die Gesprächspartner umgekehrt auch manchmal so. Die gegenseitige Zumutung besteht darin, sich zu lieben und dennoch wichtige, grundlegende Sichtweisen auf das Leben nicht zu teilen. Das lässt sich aushalten, wenn man sich der Beziehung grundsätzlich sicher ist und die Tagesform passt. Bei beiden. Denn auch der Partner oder die Partnerin erlebt dann im Gespräch einen „Die-Erde-ist-eine-Scheibe“-Moment. Deswegen kommt es auf den richtigen Moment für das Gespräch an.

Ich weiß, dass solche Gespräche trotz guter Vorbereitung, entspannter Stimmung und tiefer, inniger Liebe scheitern können. Niemand möchte das und doch passiert es. Ich kann nur für mich selbst sprechen. Aber ich muss sagen, dass mich solche Gespräche letztlich immer weitergebracht haben. Denn sie führen dazu, dass ich meine Gedanken neu ordne und meine Antworten neu durchdenke. Und das stärkt auch meinen eigenen Glauben. Mein Christsein wird tiefer, wenn es regelmäßig durchgeschüttelt wird. Denn manchmal lernt man aus gescheiterter Kommunikation mehr als aus gelungener.

Matthias Kleiböhmer ist mit einer atheistischen Naturwissenschaftlerin verheiratet. Der Theologe leitet den YouTube-Kanal der Stiftung Creative Kirche. Mehr zum Thema erfährst du in der nächsten Family.

Buchtipp: Matthias Kleiböhmer „Sonntagmorgensingle – Wie es ist, der einzige Christ in der Familie zu sein“ (Gütersloher Verlagshaus)


Ausgabe 4/23

Dieser Artikel ist in der Zeitschrift Family erschienen. Family ist Teil des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört.

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7 Kommentare

  1. Die Liebe ist für alle Menschen gemacht

    „Viel schlimmer ist es, dass es uns oft schwerfällt, unsere Liebe zu Gott in Liebe zu den Menschen zu übersetzen.“! Weil der Theologe Matthias Kleiböhmer diese Erkenntnis für wichtig hält, hat er hier einen wichtigen Punkt berührt. Hier hilft mir meine (wohlgemerkt bildhaft gemeinte) Überzeugung, dass wir letztendlich alle aus Gott gemacht sind. So wie das ganze unendliche Universum durch Gottes Wort – also seine Gedanken – entstanden ist, so ist alles was Gott denkt zugleich Wirklichkeit. In jedem und jeder der mir begegnet, kommt mir auch Gott entgegen. Gott ist in allen Dingen, sagte m.E. Paulus – also als alleszufassende Wirklichkeit. Dem entspricht auch, dass wir alle (eigentlich) ein Stempelabdruck der Liebe Gottes sein sollten. Jesus ist gestorben und nach seiner Himmelfahrt nicht mehr hier in seiner menschgewordenen Gestalt. Aber mit dem Heiligen Geist haben wir die Kraft der Liebe erhalten. Gewissermaßen sind wir Botschafter an Christi Statt seiner Liebe und davon abgeleitet auch von den anderen wichtigen Haltungen wie Gerechtigkeit oder beispielsweise Friedfertigkeit. Aber wir sind auch als Botschafter nicht Gott-(gleich), sondern zugleich auch immer wieder in Situationen, in denen gilt: „Wir sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhmes, den wir vor Gott haben sollten“. Trotzdem aber auch die bereits Erlösten, weil uns die Gerechtigkeit durch den Kreuzestod Jesu geschenkt wurde. Gewissermaßen in diesem Spagat zwischen der Erde und dem Himmel, zwischen Sünde und Erlösung, zwischen unheiler Welt und Gottes Neuer Welt, müssen wir uns nach Kräften bewähren. Ich glaube aber (oder besser „ich hoffe“), dass sich am Ende aller Tage alle Menschen freiwillig mit Gott versöhnen. Weil eben Gott alle Menschen liebt, so wie wir das auch tun sollten, wenn es nach unseren Kräften gelingt. Also auch völlig losgelöst von der Frage, ob wir mit unserer Haltung Menschen überzeugen können in die Fußspuren Jesu zu treten. Im Gleichnis vom Barmherzigen Samariter wird keinesfalls die Frage aufgeworfen, ob der unter die Räuber Gefallene ein frommer Jude war und deshalb es wert erschien ihm zu helfen. Auch der Samariter war nicht rechtgläubig, eher das Gegenteil als Samariter, aber er hat die Liebe praktiziert, die Jesus nicht nur forderte sondern lebte, bis ans Kreuz. So könnte man auch sagen, dass sowohl Gottes Liebe als auch diese von uns weitergegebene Liebe eigentlich keine zu erbringende Voraussetzung erfordert und keine Gegenleistungen notwendig sind. Wir sind also nicht fromm damit wir in den Himmel kommen, sondern weil wir Gott lieben (so ist zumindest die Theorie).

  2. Danke, die Worte sprechen mir, der mit einer Atheistin zusammenlebt aus dem Herzen. Genau so ist das wie sie es beschreiben.

    Aber die Bibel hat auch dazu ein Wort: 1. Kor 7
    Denn der ungläubige Mann ist geheiligt durch die Frau, und die ungläubige Frau ist geheiligt durch den gläubigen Mann. Sonst wären eure Kinder unrein;.

    Gott ist die Liebe und die steht über den Dogmatismus. Das manche nicht glauben können, ist nun mal so. Wenn es dein Partner oder deine Partnerin ist, dann ist es nun mal so. Gott wird sie schon berühren/bewahren wenn es so weit ist.

  3. Der Artikel zeigt ganz deutlich, was für ein aufgeblasenes Ego der Autor hat. Es geht nur um seinen Glauben, es geht nicht um den Respekt vor der Einstellung des Anderen, Ob und an was dessen Partnerin glaubt, kann Herr K. nicht im geringsten erfassen, so gerne er es auch möchte. Vielleicht möchte er ja doch gerne missionieren; auch das weiss nur er selbst. Den Glauben in einer Ehe überhaupt Thema werden zu lassen, halte ich für einenfatalen Schritt, der mehr zerstört als er je wieder gut machen kann. Glaube, Einstellung des Andern sind dessen ureigene Angelegenheit, die keinen was angeht.

    • Ich denke, dass man in einer Ehe über alles reden können sollte, aber in Respekt und vor allem Akzeptanz der Überzeugung des anderen.

      Daran fehlt es dem Autor und nach meinem Eindruck auch dem Fragenden. Denn letztlich wird doch nur die eigene Überzeugung als die einzig richtige gesehen und der Partner als jemand mit Makel gesehen, dem aber der eigene Glauben helfen wird. Ich finde so eine Einstellung hochmütig und verletzend.

  4. Ich denke, Herr Kleiböhmer hat das Wesentliche gerade bei diesem Aspekt in einer Ehe nicht verstanden.

    Letztlich schwingt bei ihm durch, dass er seine Frau gern missionieren würde.

    Gleichzeitig fühlt er sich von ihr geprüft und bewertet. (wobei gar nicht klar ist, ob sie das überhaupt macht)

    Wieso kommen er und seine Frau (wobei sie ja vielleicht durchaus darauf gekommen sein kann) nicht auf den Gedanken, den Glauben /Nichtglauben des anderen zu respektieren und darin auch zu unterstützen. Den anderen mit und sogar wegen des Anderssein zu lieben.

    Wieso kreist er in diesem Text nur um seinen Glauben, nicht aber um die Überzeugung seiner Frau (als positiven Aspekt an ihr)? Ihn scheint nur er selbst zu interessieren.

    • Würde sie seinen Glauben nicht respektieren und ihren Partner genau so lieben wie er ist, würde die Beziehung nicht funktionieren.

      Dass er nur über seinen Glauben spricht, stimmt so nicht. Sie hat eben keinen Glauben, was soll er sagen? Bei meiner Partnerin ist das so.

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