Wie glaubt ...?

Eva Jung: „Ich liebe es, von Gott überrascht zu werden“

Kreativität ist Eva Jungs Herzensthema. Sie wünscht sich eine Christenheit, die an der Seite der Ausgegrenzten und Benachteiligten steht und sich für Gerechtigkeit einsetzt.

Welches ist Ihr Lieblingsbuch aus der Bibel?

Eva Jung: Ein ausgesprochenes Lieblingsbuch habe ich nicht. Es gibt so viele gute Aspekte in den verschiedenen Büchern und Texten. Da würde ich mich nur ungern auf ein Buch beschränken müssen. Aber ich kann erzählen: Ich erlebe Gott zwischen den Zeilen und Zeichen. Manchmal fällt mir ein Text zu – und Gott spricht mich direkt dadurch ganz konkret an. An einem anderen Tag kann es dann passieren, dass mir der Text gar nicht mehr so viel sagt, dafür ist mir etwas anderes aufgefallen oder wichtig geworden.

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Ich liebe die Evangelien, weil sie ganz unterschiedliche Blickwinkel auf Jesus werfen. Eine meiner Lieblingsstellen aus dem Alten Testament steht in Jeremia 33, 2+3. Mein Lieblingspsalm ist Psalm 27.

Wenn Jesus bei Ihnen zum Essen vorbeikäme, was würden Sie kochen? Und worüber würden Sie sich mit ihm unterhalten? 

Oh, ich würde unsere Abendmahl-Brettchen auf dem Tisch austeilen und würde den leckersten Wein aufmachen, den ich auf Vorrat habe. Oder lieber Sekt? Ich würde jedenfalls zuerst mal Jesus fragen, worauf er Bock hat. Soll ich was kochen oder einfach zum Beispiel Dips aus aller Welt mit Brot und Wein? Oder Chips? Und wie wär’s mit ’nem Gin-Basil als Aperitif? Keine Ahnung, ich habe keine Lieblingsspeise. Ich mag vieles. Nur vegetarisch muss es sein.

Ich würde jedenfalls nicht zu viel Zeit mit Zubereiten verschwenden und lieber mit Jesus quatschen. Mich würde interessieren, was er an meiner Stelle täte: Ich fühle mich überfordert, angesichts der krassen Ungerechtigkeit, die unsere Welt so sehr lahmlegt. Was kann ich persönlich tun? Das beschäftigt mich schon sehr. Ob wir als Menschheit überhaupt eine Chance haben, in Sachen Gerechtigkeit gemeinsam auf einen guten Nenner zu kommen? Ich habe da immer wieder meine Zweifel.

Was ist Ihr Zugang zu Gott? 

Mir begegnet Gott in meinem normalen Lebensalltag. Mal über ein Lied, mal über einen Text, den ich in der Bibel oder ganz woanders finde – mal über Menschen oder auch das Wetter, mal mitten im Trubel oder in der Stille. Ich kann mir ein Leben ohne Gott nicht wirklich vorstellen. Gott ist in allem und kann alles dazu nutzen, mit mir in Kontakt zu kommen. Ich liebe es, von Gott überrascht zu werden. Und ich liebe es, wenn sich Gott mir in den Weg stellt. Manchmal so ganz anders als ich mir Gott bis dahin vorgestellt habe. Zum Beispiel als kleines Mädchen oder als Obdachloser in der S-Bahn.

Welches Glaubensthema beschäftigt Sie in letzter Zeit? Warum? 

Wie oben schon genannt, mich beschäftigt das Thema, über das ich auch mit Jesus gern sprechen würde: Gerechtigkeit. Ich habe den Eindruck, dass Gott marginalisierte Gruppen sehr am Herzen liegen. Gott betont das jedenfalls in der Bibel immer wieder, dass wir diese Menschen und deren Wohl unbedingt im Auge behalten sollen. Ich wünschte mir, die Christenheit wäre dafür berühmt, sich immer und überall an die Seite der Ausgegrenzten, Vorurteilsbehafteten und Benachteiligten zu stellen und für deren Gleichberechtigung in der Gesellschaft einzustehen. Dagegen erlebe ich leider eine Kirche, die blind ist, einerseits ihre eigenen Privilegien zu erkennen und andererseits den Rassismus, die Frauenfeindlichkeit, den Antisemitismus, Ableismus und Vorurteile jeder Art in ihren eigenen Reihen wahrzunehmen und konsequent anzugehen.

Wofür leben Sie? 

Mein Herzensthema ist die Kreativität in allen Erscheinungsformen. Ich liebe Kreativität. Jede Person wurde von Gott mit einer gehörigen Portion Kreativität ausgestattet. Jede! Denn Gott selbst ist die Kreativität in Person. Vor allem anderen: Das Erste, was wir über Gottes Wesen in der Bibel erfahren, ist seine/ihre Schöpferkraft. Und diese Kraft endete nicht nach dem siebten Tag. Sie ist täglich zu spüren. Ohne sie wären wir nicht lebensfähig. Und das Leben machte ohne sie keinen Sinn. Das ist viel zu wenig bekannt – Gottes Kreativität ist vielen Menschen überhaupt nicht bewusst. Diese Tatsache in unserer Gesellschaft bekannter zu machen, sehe ich als meine Lebensaufgabe.

Eva Jung ist Inhaberin und Kreativdirektorin der Agentur gobasil in Hamburg und Vorstandsmitglied bei GODNEWS.


Dieses Interview ist Teil unserer Serie „Wie glaubt … ? 5 Fragen, 5 Antworten“. Bekannte Christinnen und Christen beantworten darin Fragen zu ihrem Glauben.

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1 Kommentar

  1. Ein guter Frage-und Antwortreigen. Die Grundaussage von Eva Jung steht schon in der Überschrift: „Kreativität ist Eva Jungs Herzensthema. Sie wünscht sich eine Christenheit, die an der Seite der Ausgegrenzten und Benachteiligten steht und sich für Gerechtigkeit einsetzt“! Ich gehörte zu den Menschen, die auch die Bergpredigt Jesu für sehr maßgeblich halten. Vor allem auch deshalb, weil diese Rede sehr konkret ist, sich an alle Menschen dieser Erde richtet und die Praxis des Glaubens beschreibt. Weil die Welt eben Gott gehört und deshalb samt Menschen und ihre Lebensthemen zu behandeln sind, halte ich ein völlig unpolitisches Evangelium, sowie ein Rückzug nur im fromme Abgeschiedenheit, für keine gute Position. Jesus hat auch wie er lebte, Menschen geheilt, mit dem Randsiedlern eine intime Beziehung der Tischgemeinschaft gepflegt, sehr viel Anstoß erlitten. Natürlich ist dies auch Auftrag der Diakonie, allerdings zudem eigentlich von allen Christen. Selbstverständlich ist Glaube ein großes Vertrauen in Gott. Aber wir sind fast aufgefordert, antikzyklisch zu leben – d.h. auch mal gegen den Strom zu schwimmen. Der Glauben darf und sollte kreativ sein: Langweile in Kirche und Glauben ist unkompatibel und immerhin hat Jesus die Tische der Händler im Tempel umgestoßen. Denn hier äußerte sich Weltlichkeit in Kirchlichkeit, in dem der Anscheine erweckt wurde, dies sei auch – hinsichtlich der Händler und der Geldwechsler sowie dem Verkauf von Opfergaben – vorallem ein Geschäft. Gott ist Liebe und Glaube ist kein Geschäft. Und die ganze Welt und alle Probleme von Menschen sind nicht nur Gottes sondern auch unsere Angelegenheiten. Deshalb bin ich nicht evangelikal, auch nicht liberal, sondern eher charismatisch – aber ich hoffe auch ein wenig kreativ. Als Christ möchte ich mich nicht in Glaubensschubladen einordnen lassen.

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