Wir sind nur Gast auf Erden

Dieses Lied handelt von Jesus als dem Begleiter auf den Wegen des Lebens. Als Teil eines katholischen Gesangbuchs verbreitete es sich schnell – trotz Hindernissen durch die Nazis.

  1. Wir sind nur Gast auf Erden und wandern ohne Ruh
    mit mancherlei Beschwerden der ewigen Heimat zu.
  2. Die Wege sind verlassen, und oft sind wir allein.
    In diesen grauen Gassen will niemand bei uns sein.
  3. Nur einer gibt Geleite, das ist der Herre Christ.
    Er wandert treu zur Seite, wenn alles uns vergisst.
  4. Gar manche Wege führen aus dieser Welt hinaus.
    O dass wir nicht verlieren den Weg zum Vaterhaus!
  5. Und sind wir einmal müde, dann stell ein Licht uns aus,
    o Gott, in deiner Güte, dann finden wir nach Haus.

Georg Thurmair (1935)


Von Paul Gerhardt inspiriert

Am letzten Sonntag des Kirchenjahres wird traditionell der Verstorbenen gedacht. Unter „Sterben und ewiges Leben“, „Tod und Ewigkeit“ oder ähnlichen Rubriken findet man in Gesangbüchern dafür geeignete Lieder. Ein klassisches stammt von Paul Gerhardt, verfasst zum Gedenken an einen verstorbenen Kollegen: „Ich bin ein Gast auf Erden“. Es umfasst im Original 14 Strophen und beginnt mit einem wörtlichen Zitat aus Psalm 119,19.

Gerhardts Text hat den katholischen Autor Georg Thurmair dazu angeregt, ein neues Lied zu schaffen: „Wir sind nur Gast auf Erden“. Einige Gedanken und manche Wörter hat er in seinen fünf kurzen Strophen von Gerhardt übernommen. Aber aus dem singenden „Ich“ wurde in seinem neuen Lied ein „Wir“. Der Musiklehrer Adolf Lohmann hat das Lied noch im selben Jahr vierstimmig vertont. Und so erschien es dann im Frühjahr 1935 in der Jugendzeitschrift „Die Wacht“, die Thurmair betreute.

Jesus Christus als Begleiter

Dort lautet die Überschrift „Reiselied“. Damit wird zusammengefasst, was den Inhalt des Liedes ausmacht: Wer Christus nachfolgt, weiß, dass das irdische Leben nur eine vorübergehende Zeitspanne umfasst. Wir sind hier gewissermaßen nur zu Besuch. Und wir haben auch mancherlei Lasten, manche müssen dunkle Lebensphasen durchstehen, manche sind oft allein. Aber die Hoffnung auf das ewige Leben geht nicht verloren, denn wir haben Jesus Christus als Begleiter! Und so endet das Lied „Wir sind nur Gast auf Erden“ mit einer schlichten Bitte an Christus: Wir brauchen dein Licht, um den Weg in die himmlische Heimat zu finden, die Ewigkeit.

Im Jahr 1938 publizierten der Dichter Thurmair und der Komponist Lohmann ein katholisches Reformgesangbuch („Kirchenlied“). Es verbreitete sich trotz mancher Hindernisse durch die nationalsozialistischen Behörden schnell und weit. Nicht von ungefähr wird es im Rückblick als „ökumenische Pionierarbeit“ gewürdigt, enthielt es doch für katholische Verhältnisse ungewöhnlich viele Lieder evangelischen Ursprungs.

Im freikirchlichen Milieu fest verankert

Im Jahr 1955 wurde das Lied „Wir sind nur Gast auf Erden“ für die Chöre des Christlichen Sängerbundes veröffentlicht. Und schon 1957 erschien es in freikirchlichen Jugendliederbüchern. Seitdem ist es in diesem Milieu fest verankert. Und ebenso findet man das Lied inzwischen auch in einigen Regionalausgaben des Evangelischen Gesangbuchs.

Gesungen wird es vornehmlich bei Gottesdiensten am Ewigkeitssonntag. Und noch häufiger bei Trauerfeiern. Dazu eine ganz persönliche Erinnerung: In früheren Zeiten sang bei Bestattungen in der Regel unser Gemeindechor. Die Frauenstimmen waren gut besetzt, bei den berufstätigen Männern haperte es des Öfteren. Wenn aber eine Beerdigung an einem Nachmittag oder in den Ferien stattfand, waren für Tenor und Bass wir Schüler zur Stelle. Und nun stelle ich fest: Als das Lied entstand, war dessen Verfasser Thurmair auch noch recht jung – 25 Jahre alt.

Text: Günter Balders


Hier findest du gute Gedanken zu weiteren altbekannten Chorälen und christlichen Liedern.

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