Immer mehr religiöse Eltern fordern Kinderärzte und Urologen zu einer Beschneidung ihrer minderjährigen Söhne auf. Die Kassenärztliche Vereinigung in Bremen (KVHB) hat sich jedoch klar dagegen ausgesprochen, die Kosten für den medizinisch nicht notwendigen Eingriff zu übernehmen – und stößt damit auf großes Unverständnis bei den meist muslimischen Eltern.
„Juristisch stehen religiös oder rituell motivierte Beschneidungen der Vorhaut im Spannungsfeld zwischen dem Recht auf Religionsfreiheit, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und dem elterlichen Erziehungsrecht“, erklärt KVHB-Vorsitzender Till Spiro.
Immer wieder warnen Ärzte vor der gefährlichen, häufig unterschätzten Operation. Dauerhafte, irreparable Schäden können nicht ausgeschlossen werden. Nicht selten gestaltet sich eine Rekonstruktion der Vorhaut als chirurgisch schwierig oder gar unmöglich. Für Till Spiro stellt eine Beschneidung ohne medizinischen Grund daher ganz klar eine Strafhandlung dar: „Der Arzt muss dies ablehnen.“ Ärzte, die sich dennoch zu einem Eingriff bereit erklären, müssen folglich mit „erheblichen juristischen Folgen“ rechnen.
Es bleibt kaum ein Versuch ungenutzt, die Regelung zu umgehen. So stellen Eltern die Beschneidung als „medizinisch indiziert“, sprich erforderlich, dar. Eine häufige Behauptung ist dabei eine Vorhautverengung, die heutzutage allerdings bei fast allen Patienten mit einer einfachen Kortison-Salbe behandelbar ist. Weiterhin sind angeblich eine Risikoverringerung sexuell übertragbarer Krankheiten und die Vorbeugung von Peniskrebs ein dringender Grund für die Kostenübernahme einer Beschneidung.