Wolfgang Bosbach ist seit 2010 unheilbar an Prostatakrebs erkrankt. Im Interview spricht er darüber, wie er mit Gott haderte und was seinen Blickwinkel veränderte.
Anfangs hoffte Bosbach noch, dass Operation und Strahlentherapie den Krebs besiegen würden. Als sich diese Hoffnung zerschlug, habe ihm der Glaube geholfen, erklärt er im Gespräch mit der katholischen Zeitung „Die Tagespost“. „Unser christlicher Glaube ist ja eine frohe Botschaft des Herrn, keine traurige.“ Er sei aufgrund seiner Krebsdiagnose viel gelassener geworden.
Bosbach hat seit 1994 Herzprobleme und trägt einen Herzschrittmacher sowie einen Defibrillator. Als dann noch der Krebs dazugekommen sei, habe er mit Gott gehadert. Dann habe ihn aber jemand gefragt, „Wieso hätte das ausgerechnet alles an dir vorbeigehen sollen?“. Seitdem habe er einen anderen Blick darauf: „Ich habe in den 70 Jahren meines bisherigen Lebens sehr viel Glück gehabt, aber eben auch zwei Mal richtig Pech.“
Die Frage nach dem Sinn des Lebens
Die Frage von Krankheit, aber auch jeder Not die uns ereilen kann, ist automatisch eine Frage nach dem Sinn des Lebens. Besser ausgedrückt: Was ist der Sinn des Lebens, wenn das Leben nicht (immer) auf der Sonnenseite stattfindet, andere oder wir leiden, Menschen sich gegenseitig privat oder im Krieg vom Leben zum Tode bringen – und andere ihre Mitmenschen sexuell missbrauchen ? Oder völlig brutale und sinnlose Kriege sind ?
Diese Fragen lassen sich leider nicht perfekt und noch nicht einmal ausreichend beantworten. Wobei der Existenzialist möglicherweise kritisiert, dass ihn ein unbekanntes Schicksal in dieses Leben geworfen hat und nun müsse er irgendwie dem ganzen Dilemma einen Sinn abgewinnen. Also gewissermaßen an einem Spiel teilnehmen, dessen Regeln man nicht gemacht hat, aber aus denen jede und jeder Sinnhaftigkeit machen könnten.
Jesus wurde in Anbetracht von konkreter Not und Krankheit gefragt, ob der Betroffene gesündigt habe und sein Leiden die Strafe dafür sei. Die Antwort grenzt an eine Zumutung, ist aber zugleich einfach und nachvollziehbar. Sinngemäß lautet sie: Nicht beispielsweise die Krankheit ist eine Strafe, aber sie ist eine Aufgabe an uns zu helfen. Beim Barmherziger Samariter fällt ein Mann unter die Räuber und der eher atheistische Samariter hilft ihm konkret und überaus gründlich. Jesus selbst, der ja der menschgewordene Schöpfer eines unendlichen Universums ist, kam nicht um die Welt und die Völker zu bestrafen, sondern um alle Menschen und die ganze Schöpfung zu erlösen. Er ist gewissermaßen der Arzt unserer Seelen, die bei ihm, auch wenn wir dies nicht realisieren oder auch nur spüren können, auf der himmlischen Intensivstation liegen. Die Einmischung Gottes in die unendliche und zugleich grausame Menschheitsgeschichte besteht darin, dass wir auf einen Neuen Himmel und eine Neue Erde warten, in der es nur Liebe gibt. Hier ein Warum dahinter zu setzen wäre sinnlos, denn wir wissen nicht warum wir erst hier leben müssen und dann doch den Weg ins Paradies finden. Oder aus welchen Gründen wir nicht im Paradies leben sondern unter uns Menschen, die sich schlimmer wie die Vandalen benehmen. Vielleicht (auch !!!) um etwas zu lernen. Wolfgang Bosbach hat seine Schulstunde bei Gott erfolgreich abgeschlossen. Denn wenn es auch derzeit wenig zu lachen gibt, so beginnt das eigentliche Leben erst hinter dem Doppelpunkt des Todes. Nur vorher sollten wir dazu beitragen, dass die Welt etwas heller und erträglicher wird, auch in dem wir selbst etwas von dieser Helligkeit ausstrahlen.
> der eher atheistische Samariter
Die Samariter sind nicht atheistisch. Es ist eine dem Judentum sehr eng verwandte Religionsgemeinschaft, die als Grundlage ebenfalls die Thora haben (aber nicht den Rest des Tanach). Da sie aber keine Juden sind (wobei ich mich da nicht genau festlegen will, das ist eine schwierige Thematik), waren sie wohl damals bei den Juden oft nicht gut angesehen.
In der christlichen Bibel sind sie daher in dem Gleichnis wohl nicht deshalb genommen worden, weil sie nichtgläubig sind, wie Du meinst, sondern andersgläubig.
Gut, Bernd Hehner verrannte sich ein wenig in seiner Erzählweise. Gut so.
„. Da sie aber keine Juden sind (wobei ich mich da nicht genau festlegen will, das ist eine schwierige Thematik),“,
Hast Du Deine gelehrten Zweifel ?
Denn man kann es nachlesen.
Gerade die Beispielgeschichte vom Barmherzigen Samariter zeigt, dass Religionen mit ihren unterschiedlichen Ritualen sich mit der Barmherzigkeit und der Nächstenliebe schwer taten, siehe der Levit und der Priester, genauer gesagt, die umständlichen Rituale verhinderten die Nähe zum Nächsten. Was nicht unbedingt am bösen Willen lag.
Ein spannendes Thema.
Der barmehrzige Samariter verkörpert die Idee der Nächstenliebe,
“ Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter verließ auf Grund seiner Dramatik bald seinen frühchristlich-innerjüdischen Zusammenhang. Nächstenliebe wurde nicht zuletzt durch diese Erzählung zu einer universellen Tugend; “ ( wikipedia )
Eben dies mit der Andersgäubigkeit habe ich gemeint. Genau deshalb ist der Helfer im Sinne der Bergpredigt doch nicht zufällig ein Samariter, der für Strenggläubige doch ein Schmuddelkind war. Versteht man biblische Texte (auch) als eine Art von Predigt, dann ist die Absicht manchmal schnell zu erahnen. Zweifelsohne hat eine zu viel ritualisierte Religion das Problem, dass die eher nichtritualisierte Nächstenliebe im Hintertreffen bleibt. So ähnlich ist das Heutzutage mit einem zu viel an Dogmatismus, die Jesus nie predigte. Ob Jesus damals (als Menschensohn) überhaupt an so etwas wie Kirche/n dachte, halte ich für zweifelhaft. Dennoch sind die Kirche Gottes Wille. Dass Nächstenliebe zu einer universellen Tugend wurde, hat sie der Verbreitung des Evangeliums zu verdanken. Dies bedeutet aber nicht, dass andere Religionen nicht auch Nächstenliebe fordern. Beim Buddhismus ist es eher der völlige Verzicht auf Gewalt und die eigene Leidenschaft (die Leiden schafft). Dass man durch Nächstenliebe sich Punkte im Himmel schaffen kann, ist bei Lutheranern und heute eigentlich generell in den Kirchen strittig. Denn niemand kann die Liebe (Gottes) kaufen. Sie ist daher zutiefst absichts- und voraussetzungslos. Aber an dieser Stelle sind sich Evangelikale und Liberale nicht so ganz einig.