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Experte: Räumung eines Kirchenasyls hat es seit 2014 nicht gegeben

In Nordrhein-Westfalen hat die Polizei ein irakisches Ehepaar trotz Kirchenasyl festgenommen und versucht abzuschieben. Damit wurde laut Experten gegen geltende Vereinbarungen zwischen Kirche und Staat verstoßen.

Nach der Räumung eines Kirchenasyls im nordrhein-westfälischen Nettetal gibt es Kritik am Verhalten der Ausländerbehörde. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche (BAG) sprach von einem einmaligen Vorgang. „Wir sind überrascht. Es gibt eine Vereinbarung zwischen Kirchen und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Räumungen eigentlich ausschließt“, sagte Dieter Müller, stellvertretender Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft, am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd).

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Zuletzt sei ein Kirchenasyl im Jahr 2014 in Augsburg beendet worden. Dieser Fall habe schließlich zu der Vereinbarung geführt, erläuterte er. Flüchtlinge im Kirchenasyl erhalten demnach eine Duldung, Kirchengemeinden müssen für jeden Fall ein Dossier beim Bundesamt einreichen. Wird die erneute Prüfung des Falls negativ beschieden, verlieren die Flüchtlinge ihren Aufenthaltsstatus. Doch auch dann gebe es keine Räumungen von Kirchenasylen, sagte Müller. Die Bundesarbeitsgemeinschaft forderte eine gründliche Aufarbeitung dieses behördlichen Vorgehens.

Abschiebung wegen Zusammenbruch abgebrochen

Das aus dem Irak stammende Ehepaar war am frühen Montagmorgen während einer unangekündigten Hausdurchsuchung im Gemeindehaus der evangelischen Kirchengemeinde Lobberich-Hinsbeck in Nettetal festgenommen worden. Die Ausländerbehörde in Viersen war aktiv geworden, weil das Paar dort zuletzt gemeldet war. Der anschließende Versuch, das Ehepaar vom Flughafen Düsseldorf nach Polen zu überstellen, sei jedoch von der Bundespolizei abgebrochen worden, weil die Frau einen Zusammenbruch erlitten habe.

Das Paar befindet sich nach Angaben der Stadt Viersen nun in der Abschiebehaftanstalt Darmstadt. Es war 2021 aus dem Irak geflohen und lebte seit Ende Mai 2023 im Kirchenasyl. Die Stadt Viersen erklärte am Freitag, die Überstellung nach Polen werde vorerst weiter betrieben. Der Anwalt des Ehepaares hat nach Angaben des Netzwerks Asyl in der Kirche NRW einen Eilantrag eingereicht, um die Überstellung zu verhindern. Wie die rheinische Landeskirche und das Netzwerk Asyl in der Kirche NRW mitteilten, hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) ein Dossier abgelehnt, das normalerweise in Kirchenasylfällen für die Einzelfallprüfung vorgelegt werden muss.

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Experte: Räumung entspricht nicht den üblichen „Spielregeln“

Grund dafür sei, dass ein früheres Asylverfahren noch nicht vollständig abgeschlossen sei. Das Paar fällt demnach unter die sogenannten Dublin-Verfahren, die vorsehen, dass Flüchtlinge, die über ein sicheres Drittland einreisen, dort auch ihren Asylantrag stellen müssen. Das Paar war über Belarus nach Polen in die EU eingereist und war bereits einmal nach Polen zurückgeführt worden.

Dass kein Dossier beim Bundesamt eingereicht worden sei, sei jedoch kein Grund für die Räumung des Kirchenasyls, sagte Rafael Nikodemus, Beauftragter für Flucht und Migration der Landeskirche, dem epd. Die Kirchen hätten mit dem Land NRW zusätzlich zu der Vereinbarung mit dem Bamf eine entsprechende Übereinkunft. Die Räumung entspreche nicht den üblichen „Spielregeln“, sagte Nikodemus, auch weil sie ohne vorherige Kontaktaufnahme mit der Kirchengemeinde erfolgt sei.

Bei einem Kirchenasyl gewährt eine Kirchengemeinde von Abschiebung bedrohten Geflüchteten einen zeitlich befristeten Schutz. Ziel ist es, eine erneute sorgfältige Prüfung ihrer Situation zu erreichen. Der Staat toleriert das Kirchenasyl, allerdings kann er von seinem Zugriffsrecht Gebrauch machen, um Betroffene abzuschieben.

Quelleepd

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2 Kommentare

  1. Überprüft werden muss meiner Meinung nach nicht das behördliche Vorgehen sondern das Vorgehen der entsprechenden Kirche. Diese wirft ja den Behörden vor sich nicht an bestehende Absprachen gehalten zu haben, hat ihrerseits aber ebendiese Abmachungen nicht eingehalten. So kann es ja nun nicht gehen. Darüberhinaus stellt sich immer wieder die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Gewährung von Kirchenasyl, aus meiner Sicht und der zahlreicher Juristen ein immerwährender Rechtsbruch der Kirchen der schnellstens beendet gehört. Diese Arroganz der Kirchen sich über geltendes Recht zu stellen und zu meinen den höheren moralischen Anspruch zu haben ist unerträglich, dieser Anspruch scheitert schon seit langer Zeit an der kirchlichen Realität. Erstmal vor der eigenen Haustüre kehren und ERST wenn dort ALLES in Ordnung ist kann man über andere urteilen, Stichwort erster Stein werfen.
    Das das geltende Asylrecht dringend reformiert und verbessert werden muss steht hierbei außer Frage. Das ist jedoch Sache der Politik, aus der sich wiederum die Kirchen raus zu halten haben.

  2. Das Ziel des Kirchenasyls ist in der Regel, den Asylsuchenden so lange im Land zu behalten, dass die Dublinregwln nicht mehr greifen, in diesem Fall, dass er nicht mehr nach Polen zurück muss.
    Wenn sich ein Asylsuchender eine bestimmte Zeit im neuen Land aufhält, wird er nach den Dublinregeln nicht mehr in das vorherige sichere Drittland zurückgeschickt. Diese Frist ist vor einiger Zeit allerdings deutlich verlängert worden.

    Es geht also nicht darum, einen Iraker vor dem Irak zu schützen sondern vor in diesem Fall Polen.

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