Vor einer vorschnellen Aufgabe von Kirchengebäuden hat der Direktor des evangelischen Instituts für Kirchenbau, Thomas Erne, gewarnt.
«Wenn die Kirche an diesem Symbol gesellschaftlicher Akzeptanz der Religion selber Hand anlegt, dann betreibt sie eine Selbstzerstörung ihrer eigenen Grundlagen», sagte er am Mittwoch in Marburg dem epd. Der Symbolwert eines jeden Kirchengebäudes sei so groß, dass der Imageschaden, der bei einem Verkauf oder Abriss entstehe, den finanziellen Nutzen weit übersteige.
Allerdings müssen die Kirchen nach den Worten von Erne über Nutzungserweiterungen von Kirchgebäuden nachdenken. Denkbar sei etwa, Vereine, Kommunen und Bildungseinrichtungen an der Erhaltung der Gotteshäuser zu beteiligen. Daher dürften Kirchen nicht mehr exklusiv Räume für den Gottesdienst einer Gemeinde sein, sondern sollten ein offenes Forum mit vielfältigen Formen der Begegnung sein.
«Kirchen sind öffentliche Orte der Religionsbegegnung», sagte Erne. Sie sollten Suchenden und Fragenden auch mitten im Alltag in den Fußgängerzonen eine Gelegenheit bieten, einen Moment auszuruhen und ins Gespräch mit Gott zu kommen.
Bedacht werde müsse auch die in unserem Kulturkreis «welthistorisch einmalige Situation», die durch einen «Zwang, ein eigenes Leben leben zu dürfen und zu müssen», gekennzeichnet sei. Angesichts der Tatsache, dass Menschen ihre religiöse Orientierung frei wählen könnten, sei die Kirche zu einem «Qualitätssprung» herausgefordert. Nötig seien neue attraktive Angebote, um die frei wählenden Mitglieder auf Dauer zu binden.
Das Kirchbau-Institut ist eine Einrichtung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). In deren Bereich wurden zwischen 1990 und 2005 nach eigenen Angaben 41 Kirchgebäude und Kapellen umgewidmet, 26 vermietet, 97 verkauft und 46 abgerissen. Den aufgegebenen Kirchen stehen 75 neue Kirchen sowie 296 neue Gemeindezentren mit Gottesdienstraum gegenüber.
(Quelle: epd)