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Antisemitismus: Klage gegen Wittenberger Schmähplastik erfolglos

Ein Privatmann klagt seit Jahren gegen das antisemitische „Judensau“-Relief an Wittenberger Stadtkirche. Jetzt ist seine Verfassungsbeschwerde gescheitert – aufgeben will er jedoch nicht.

Karlsruhe/Wittenberg (epd). Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde gegen die mittelalterliche antisemitische Schmähplastik an der Wittenberger Stadtkirche nicht zur Entscheidung angenommen. Der Beschluss sei ohne Begründung erfolgt, sagte ein Sprecher des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage.

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Mit der Verfassungsbeschwerde wollte der Kläger die Entfernung des Sandsteinreliefs erreichen. Zuvor war das Mitglied einer jüdischen Gemeinde, Michael Düllmann, 2022 vor dem Bundesgerichtshof (BGH) damit gescheitert. Sein Anwalt Christian Kirchberg erklärte gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“, die zuerst darüber berichtet hatte, Düllmann wolle nun Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erheben.

Zeugnis des christlichen Antijudaismus

Düllmann versucht seit Jahren juristisch gegen die Schmähplastik vorzugehen. Er sieht sich unter anderem in seiner Menschenwürde und Religionsfreiheit verletzt.

Die Schmähplastik „Judensau“ stammt von 1290 und befindet sich in vier Metern Höhe an der Außenfassade der Kirche. Sie zeigt ein Schwein, an dessen Zitzen Menschen saugen, die Juden darstellen sollen. Solche antijüdischen Darstellungen aus dem Mittelalter finden sich heute auch noch an anderen Kirchen.

Vor der Wittenberger Kirche informieren seit 1988 eine Bodenplatte und eine Stele über das „Zeugnis des christlichen Antijudaismus“. Laut BGH hat sich die Kirchengemeinde damit erfolgreich vom verunglimpfenden Inhalt des Reliefs distanziert und das einstige Schandmal zu einem Mahnmal umgewandelt.

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Gemeinde will Mahnstätte „weiterentwickeln“

Der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates der Wittenberger Stadtkirchengemeinde, Jörg Bielig, sagte dem epd, die Gemeinde wolle die Mahnstätte weiterentwickeln. Dazu habe man einen Ausschuss und einen Beirat gegründet, der Vorschläge entwickeln soll, wie mit dem Schandmahl weiter umgegangen werden soll. Die Stelle an der Außenmauer solle als Lern- und Erinnerungsort ausgebaut werden, sagte Bielig. Dazu gehörten auch künstlerische Interventionen.

Noch bis Ende August ist in der Stadtkirche eine Wanderausstellung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische-Oberlausitz (EKBO) zu sehen, die sich auf 29 Tafeln mit der Geschichte der christlichen Judenfeindschaft auseinandersetzt. Zudem schlugen kürzlich zwei Studentinnen der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle vor, das antijüdische Relief in einer Kunstaktion zu verhüllen. Laut Bielig hat der Gemeindekirchenrat noch nicht entschieden, ob das Projekt zeitlich befristet umgesetzt werde.

Der Gemeindekirchenrat hatte sich in der Vergangenheit gegen eine Entfernung der Skulptur ausgesprochen. Stefan Günther, Studienleiter des Wittenberger Predigerseminars, bezeichnete die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als «wegweisend». Wäre die Verfassungsbeschwerde erfolgreich gewesen, hätte dies Auswirkungen auf die Erinnerungsarbeit in ganz Deutschland gehabt, sagte Günther. Ähnliche judenfeindliche Darstellungen gibt es etwa an der Ruine der St. Nikolaikirche in Zerbst (Anhalt).

Quelleepd

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4 Kommentare

  1. So wie man z. B. das Konzentrationslager in Auschwitz erhält, um Verbrechen des Nationalsozialismus zu dokumentieren, so ist es sicherlich sinnvoll, Dokumente und Monumente der mittelalterlichen Judenverfolgung zu erhalten, um Verbrechen des Preudochristentums zu dokumentieren.
    Das sollte eigentlich auch im jüdischen Interesse liegen.

    • Nur sollte man das über die jüdischen Köpfe hinweg entscheiden?

      Also für die Juden entscheiden, was gut für sie ist? Weil Juden so was ja nicht selbst entscheiden können?

      Mir geht es nicht darum, ob dieses Relief bleiben soll ode nicht. Mir geht es darum, wer darüber entscheidet. Und bisher entscheidet darüber hauptsächlich die Täterorganisation, die für dieses antisemitische Relief verantwortlich ist.

  2. Was mich daran stört, ist das man auf die Betroffene christliche Kirche/Gemeinde schaut, hört und berichtet.

    Entscheidend über den Umgang mit diesem ja wohl unbestritten ungeheuerlich antisemitischen Reliefs müssen aber die Opfer sein Nur diese können entscheiden, ob die Maßnahmen reichen, diesen Antisemitismus umzukehren.

    Ich lese aber nicht, dass die zuständige jüdische Gemeinde hier maßgeblich einbezogen wird. Bestenfalls wird sie mit angehört, wenn überhaupt. Alternativ könnte man auch den Zentralrat der Juden involvieren.

    Meines Wissens wird es dort innerhalb der jüdischen Gemeinschaft ebenfalls sehr kontrovers diskutiert. Dort sollte dann auch die Entscheidung fallen.

    Das hier die Täterorganisation, die dieses Schandmal zu verantworten hat, entscheidet, ist für mich nicht nachzuvollziehen.

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