Hildegard von Bingen war eine der bedeutendsten Frauen des Mittelalters. Sie gründete Klöster, entwickelte eine eigene Theologie und wurde von Kaisern und Königen um Rat gefragt. Nun ist sie auf Anordnung von Papst Benedikt XVI. in den Heiligenkalender der römisch-katholischen Kirche aufgenommen worden.
Eine "richtige" Heiligsprechung ist es zwar nicht, da diese einen liturgischen Akt in einem Gottesdienst erfordert, doch sie gilt nun offiziell als Heilige, bestätigte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, gegenüber dem FOCUS.
Berühmt wurde die Mystikerin, Äbtissin, Dichterin, Naturwissenschaftlerin, Historikerin, Ärztin und Komponistin Hildegard von Bingen vor allem durch ihre Gabe der «inneren Schau». Seit ihrer Kindheit hatte Hildegard Visionen. "Ich sehe, höre und weiß gleichzeitig", schrieb sie in einem Brief.
Hildegard wurde um 1098 – das genaue Datum ist nicht bekannt – auf dem elterlichen Gut bei Alzey als zehntes und letztes Kind der Adeligen Hildebert und Mechthild von Bermersheim in eine Zeit der Umbrüche hineingeboren. Es war eine Epoche reichen religiösen Lebens. Auf der anderen Seite traten in Kirche, Theologie und Volksfrömmigkeit zunehmend Zerfallserscheinungen auf, an denen sich später die Reformation entzündete.
Besonders naturkundliche und medizinische Schriften trugen Hildegard den Ruf der ersten deutschen Ärztin und Naturwissenschaftlerin ein. Aber auch als Theologin gehörte die Benediktinerin zu den großen Autorinnen der Vorscholastik. Zeit ihres Lebens litt sie an schweren Krankheiten. Gleichwohl nahm sie die Strapazen langer Reisen auf sich und scheute sich nicht vor der Verantwortung als Äbtissin ihrer Klöster bei Rüdesheim.
Vor allem trat sie für eine umfassende Kirchenreform ein. Als "deutsche Prophetin" geißelte die Theologin viele Kirchenobere ihrer Zeit. Öffentlich warf sie ihnen Sittenverderbnis, Amtsschleicherei, Lauheit und Trägheit vor. Hildegard schrieb mehr als 300 Briefe an den Papst, den Kaiser und andere Größen ihrer Zeit. Sie predigte im Dom von Köln und von Mainz. Sie verfasste Gedichte, rund 15 Bücher und komponierte etwa 80 Musikstücke, fertigte Bauzeichnungen für ihre Klöster und leitete ein Zentrum für Handschriftenproduktion.
Seit ihrem Tod am 17. September 1179 werden ihre Reliquien in Schreinen der Pfarrkirchen zu Eibingen, zu Bingerbrück und in der Rochuskapelle bei Bingen aufbewahrt und verehrt.
(Quelle: Mit epd-Material)