- Werbung -

Aufhebung der Sargpflicht? Sachsen-Anhalt diskutiert über neues Bestattungsgesetz

Seit zwei Jahren diskutieren die Parteien in Sachsen-Anhalt über ein moderneres Bestattungsrecht. Dabei bleiben einige Punkte umstritten.

Von Oliver Gierens (epd)

- Werbung -

Es soll der große Wurf werden, doch möglicherweise wird er im Magdeburger Landtag deutlich gestutzt werden: Vor fast zwei Jahren hat Sachsen-Anhalts Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) einen Gesetzentwurf zum neuen Bestattungsgesetz vorgelegt. Seitdem diskutieren die Koalitionsparteien, was davon umgesetzt wird und was draußen bleibt. Andere wiederum würden gerne noch weitere Neuerungen draufsatteln.

Dabei ist der Entwurf, der im April 2023 vom Landeskabinett gebilligt wurde, bereits ambitioniert: Als eines der letzten Bundesländer will Sachsen-Anhalt die Bestattung im Leichentuch zulassen, wie sie beispielsweise im Islam gängige Praxis ist. «Um der Vielfalt der Religionen gerecht zu werden, streben wir eine interkulturelle Öffnung des Bestattungsrechts an», sagte Grimm-Benne bei der Vorstellung der Gesetzesnovelle.

Bestattungspflicht für Sternenkinder angedacht

Geplant ist außerdem, dass sogenannte Sternenkinder, also Kinder, die während der Schwangerschaft, bei der Geburt oder kurz danach verstorben sind, künftig grundsätzlich bestattet werden müssen. Bisher war dies nicht zwingend vorgeschrieben. Dies gelte auch für Leibesfrüchte aus Schwangerschaftsabbrüchen, teilte das Sozialministerium in Magdeburg mit.

Eine zweite Leichenschau soll durch spezialisierte Ärzte künftig vor jeder Bestattung durchgeführt werden, also auch bei Erdbestattungen. Gesetzlich verankert werden soll zudem ein Verbot der Aufstellung von Grabsteinen aus Natursteinen, an deren Herstellungsprozess möglicherweise Kinder mitgewirkt haben.

- Werbung -

Katholische Kirchen äußert Bedenken

Seit April 2023 liegt der Entwurf im Landtag. Im September 2023 äußerten die Kirchen bei einer Anhörung Vorbehalte. Angesichts der Kulturtradition müsse eine sarglose Bestattung der Ausnahmefall bleiben, sagte etwa der Leiter des Katholischen Büros in Sachsen-Anhalt, Stephan Rether.

Und dann ist da noch die Diskussion über die «Reerdigung», eine neuartige Bestattungsform, bei der ein Leichnam in einem Kokon bestattet wird und sich innerhalb von etwa 40 Tagen auf natürliche Weise zu Erde zersetzen soll. Sie steht nicht im Gesetzentwurf drin, wird aber breit diskutiert. CDU und SPD lehnen sie ab, die FDP kann sie sich vorstellen. Auch die Kirchen sind sich uneins.

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland sieht nach eigenen Angaben keine grundsätzlichen theologischen Bedenken. Das Katholische Büro argumentiert hingegen, die Ruhe des verstorbenen Menschen auf dem Friedhof sei getragen von der Hoffnung der Auferstehung – und nicht von einem Naturkreislauf.

Uneinigkeit in der Koalition

Uneinigkeit in der schwarz-rot-gelben Koalition gibt es auch über die Idee, aus Totenasche einen Diamanten herzustellen. CDU und FDP sind dafür, die SPD sieht darin einen Verstoß gegen das Grundgesetz, da die Totenruhe gestört werde, wie die sozialpolitische Sprecherin Katrin Gensecke dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte.

- Werbung -

Auch die Tuchbestattung ist noch keine beschlossene Sache. Die CDU-Fraktion erklärte vor wenigen Tagen, sie lehne eine Aufhebung der Sargpflicht ab. Gensecke findet das nicht akzeptabel. An der «interkulturellen Öffnung» des Bestattungsrechts werde die SPD festhalten, machte sie deutlich. Man werde kein neues Gesetz ohne die Erlaubnis zur Tuchbestattung beschließen. «Das ist für uns der zentrale Punkt des Gesetzes», betont Gensecke. Die FDP ist ohnehin für eine weitreichende Liberalisierung.

Manche Beobachter vermuten bereits, das Thema könnte bis zu den Landtagswahlen im kommenden Jahr aufgeschoben werden – dann ist die Wahlperiode beendet, der Gesetzentwurf wäre erledigt. Oberkirchenrat Albrecht Steinhäuser, Beauftragter der Evangelischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung, mahnt hingegen die Fraktionen zu einer baldigen Einigung. Er vermutet, dass die konsensfähigen Punkte beschlossen werden – inklusive der Tuchbestattung: «Es wäre schade, wenn das, was gesellschaftlich als Erfordernis bleibt, unerledigt bleiben würde.»

Weiterlesen:

Quelleepd

Konnten wir dich inspirieren?

Jesus.de ist gemeinnützig und spendenfinanziert – christlicher, positiver Journalismus für Menschen, die aus dem Glauben leben wollen. Magst du uns helfen, das Angebot finanziell mitzutragen?

NEWSLETTER

BLICKPUNKT - unser Tagesrückblick
täglich von Mo. bis Fr.

Wie wir Deine persönlichen Daten schützen, erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.
Abmeldung im NL selbst oder per Mail an info@jesus.de

Zuletzt veröffentlicht

3 COMMENTS

  1. Natürlich müssen die Kirchen auch noch im Tode mitbestimmen, was mit den unmündigen Menschen und Laien zu geschehen hat, die nicht wirklich selbst in er Lage sind, solche Dinge eigenverantwortlich zu bestimmen.
    Auch die gewählten Volksvertreter scheinen das ohne sie offensichtlich nicht einfach so zu können.
    Man kämpft sogar für den Sarg, obwohl der Begründer des Christentums in einem Leintuch bestattet wurde …

  2. Ich denke, das sollte man den Menschen selbst überlassen, solange keine Umweltaspekte o.ä. dagegen sprechen.

    Zur christlichen (oder wohl vielmehr katholischen) Kulturtradition: ca. 50 % der Menschen in unserem Lande sind auch offiziell keine Christen, Tendenz zunehmend. Warum sollten sich diese nach dem kirchlichen Verständnis richten müssen? Eines, dass wahrscheinlich selbst viele Christen nicht teilen.

    Bei Beerdigungen gibt es viele neue Wege, die Menschen wünschen. Man sollte dieses so weit wie möglich zulassen.

    Es ist nicht Aufgabe des Staates oder der Kirchen, hier Zwangs-Vorschriften zu machen, die nur auf religiösen Gründen basieren.

    Und ganz nebenbei ist die Sargbestattung auch nicht biblisch. Oder wo gibt es eine diesbezügliche Bibelstelle?

  3. Würde auch ungeborener Menschen ist tabu

    Da bei der Bestattung, in welcher Form auch immer, nur meine Hülle betroffen ist, mag mich dieses Thema wenig aufregen. Allerdings scheint es ein Problem zu geben, daß hier nicht vorkommt aber relevant ist, nämlich die enorme Kostenerhöhung. Eine Erdbestattung ist von daher von sehr vielen Menschen gar nicht mehr finanzierbar. Notwendig wäre die Frage zielführender, wie man den eigenen Tod etwas kostengünstiger machen könnte. Obwohl dieser Punkt bereits dann leider die Gewinnmöglichkeiten der involvierten Unternehmen negativ berührte. Was nicht sein kann, ist die Würde eines jeden Toten zu beinträchten und da muss ich zugeben, daß man (rein vom Gefühl her besehen) jemand in einem Konkon nicht beerdigen sollte. Geplant ist außerdem, dass sogenannte Sternenkinder, also Kinder, die während der Schwangerschaft, bei der Geburt oder kurz danach verstorben sind, künftig ebenfalls grundsätzlich zu bestatten sind. Zurecht: Jeder Mensch ist ein Mensch, auch schon vor der Geburt und besitzt daher eigentlich auch eine ebenso unveräußerbare Würde. Aber wie erwähnt: Mir genügt, dass ich Gottes neuer Welt hoffentlich alle meine Lieben wiedersehen darf. Auch jene, die aus unterschiedlichen Gründen mit unseren Kirchen fremdelten, was nicht nur an ihnen, sondern auch an den Kirchen lag. Denn Kirche als Glaubensgemeinschaft sollte für die Menschen dasein und nicht umgekehrt. So wie Gott als Vater und Mutter auch für alle Menschen da ist und zwar so grundsätzlich und so kompromisslos, weil Jesus sich für unser aller Defizite an ein Kreuz schlagen ließ.

WAS KANNST DU ZUM GESPRÄCH BEITRAGEN?

Bitte gib hier deinen Kommentar ein
Bitte gib hier deinen Namen ein