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Arne Kopfermann: Nichts übrig für laute Gottesbilder

Der Tod seiner Tochter Sara war ein sehr schmerzhafter Bruch im Leben von Arne Kopfermann. Wie der Unfall sein Leben verändert und zu Musik mit mehr Tiefgang geführt hat, die traumatisierten Kindern in Syrien hilft. Ein Porträt.

Von Annekatrin Warnke

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Arne Kopfermann muss nicht groß vorgestellt werden. Seit über 30 Jahren hat er sich kontinuierlich einen Namen in der christlichen Musikwelt gemacht. Der 51-Jährige ist Dichter und Komponist von über 600 Liedern, Musikproduzent, Konzertmusiker und Autor. „So groß ist der Herr …“ ist nur einer seiner Texte, der in unseren Gemeinden rauf und runter gesungen wird.

Vollzeitlicher Musiker

„Mit zwölf Jahren habe ich mich im Konfirmandenunterricht meines Vaters bekehrt“, sagt Arne. „Ich mache nun seit über 37 Jahren Gemeindemusik. Und ich wusste schon als Teenager, dass Gott mich in den vollzeitlichen Dienst berufen hat.“ Deshalb hat er einiges studiert: Theologie in den USA und am Anskar-Kolleg, Soziologie in Hamburg und Frankfurt und Popularmusik in Hamburg. Sein Weg führte ihn dann in die Leitung des neu akquirierten christlichen Musiklabels „Projektion J“ bei Schulte & Gerth, und später wurde er A&R Direktor für „Pop und Praise & Worship“ bei Gerth Medien. Seit 2008 ist er vor allem als „Freelancer“ unterwegs – produziert CDs, schreibt Songs und gibt Seminare, Konzertlesungen und Konzerte.
„Aus welcher Familie ich komme, wissen ja vermutlich auch viele Christen“, meint Arne lachend. Sein Vater ist Wolfram Kopfermann, der als Pastor die St. Petri Kirche in Hamburg füllte, Leiter der „Geistlichen Gemeindeerneuerung“ war und 1988 die Freikirche „Anskar-Kirche“ gründete.

Veränderung theologisch und stilistisch

Was recht neu ist: Seit Anfang 2018 hält sich Arne mit seiner Familie ganz offiziell zu einer Freien evangelischen Gemeinde (FeG). Folgendes ist ihm wichtig: „Nach über 20 Jahren haben wir unsere vorherige Gemeinde in Frankfurt nicht im Streit oder allein aus Unzufriedenheit verlassen. Wir haben in einem längeren Prozess gemerkt, dass es Zeit für eine gemeindliche Veränderung ist und die Frankfurt CityChurch theologisch und stilistisch in dieser Lebensphase besser zu uns passt.

„Wir wollen mit Liedern beten.“

Sie ist eine Großstadtgemeinde mit einem „Twenty-something“-Publikum. Der Hauptpastor ist noch keine dreißig, aber predigt so lebensnah, dass ich wieder Lust habe, in den Predigten mitzuschreiben. Wir haben viele Freunde, die nichts mit Kirche am Hut haben. Deshalb ist es für uns wichtig, Podcasts und andere Veröffentlichungen der Gemeinde ohne Fremdschämen weitergeben zu können. Dort werden z. B. nicht irgendwelche frommen Begriffe als bekannt vorausgesetzt. So kündigen wir das gemeinsame Singen beispielsweise nicht an mit: ‚Wir haben jetzt Worship oder eine Lobpreiszeit.‘ Es heißt, ganz verständlich: ‚Wir wollen mit Liedern beten.‘“
Ein weiterer Punkt für den Entschluss, FeGler zu werden: „Da wird ein Glaubensbild gelebt, das nicht so vollmundig ist und leiser tritt, was die eigene Nachfolge angeht. Lobpreislieder fußen ja auf den Psalmen der Bibel. Leider blenden wir meistens aus, dass fast die Hälfte davon Klagepsalmen sind.“

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Der Tod stellt alles auf den Kopf

Seit 2014 können Arne, seine Frau Anja und ihr Sohn Tim mit einem „lauten“ Gottes- und Glaubensbild nicht mehr leben. „Wenn du richtig tief durch Leid musst, dann kannst du mit der Aufforderung ‚Ignoriere das Dunkle in deinem Leben, das sind Lügen des Teufels! Stütze dich nur auf Gottes gute Verheißungen in seinem Wort, und alles tut nur noch halb so weh!‘ nichts mehr anfangen. Dann brauchst du tragfähige Hilfe.“
2014 waren die Kopfermanns auf einem Familienausflug. Es gab einen kleinen Moment der Unaufmerksamkeit – der einen schrecklichen Unfall zur Folge hatte. Nesthäkchen Sara, damals gerade zehn Jahre alt, fiel ins Koma und starb einige Tage später im Krankenhaus. Das Leid der Familie kann sich niemand ausmalen. „Morgen früh, WEIL Gott will, wirst du wieder geweckt“, hatte Saras Mama oft abends am Bett ihrer Tochter gesungen. Warum hat Gott das Mädchen nicht beschützt? Konnte oder wollte er nicht?
„Der Tod unserer Tochter hat alles auf den Kopf gestellt“, sagt Arne. „Da war die Frage: Warum bin ich nicht tot? Das wäre doch normal. Warum sie? Und dann: Wird unsere Familie das überleben? Es gibt so viele Studien, die belegen: Den Tod eines Kindes überlebt die partnerschaftliche Beziehung oft nicht. Nach dem Verlust eines Kindes zerbrechen in Deutschland 80 Prozent der Ehen, in den USA sind es sogar 95 Prozent.“

Jeder trauert anders

Arne hat eine Trauma-Therapie geholfen. Die dauerte zwei Jahre und hat ihm klargemacht: Jeder trauert anders. Während seine Frau eher nach innen verarbeitet, tritt er – als Künstler und Mensch, der sein Herz auf der Zunge trägt – die Flucht nach vorne an.

„Wichtig ist, den Partner seine Form der Trauerarbeit leben zu lassen.“

Wichtig ist, den Partner seine Form der Trauerarbeit leben zu lassen. Auf diesem Weg sind Arne und Anja nach wie vor. 2017 hatten sie Silberhochzeit. Sie sind ein paar Schritte weiter bei der Frage: Was hält uns beieinander? Und sie erleben – trotz allem – immer noch „beglückende Momente“ miteinander.
Schwieriger bleibt es, eine neue Familienkonstellation zu leben. „Früher hatten wir – neben unserer Ehe – zwei Achsen: Mutter und Sohn, Vater und Tochter. Seit über vier Jahren ist eine dieser Achsen weggebrochen. Das ist für jeden von uns sehr schmerzhaft, nach wie vor ungewohnt und herausfordernd.“

Trauer nach außen zeigen dürfen

Für Arne bleibt es wichtig, seine Trauer auch nach außen zeigen zu können. Deshalb hat er 2017 sein Buch „Mitten aus dem Leben“ veröffentlicht, das Saras Tod und die Zeit danach zum Thema hat. Seine Frau hat mit dem Buch gerungen. Es war Arne wichtig, die Privatsphäre seiner Frau und seines Sohnes zu wahren. Darum hat er ihnen ein absolutes Veto-Recht eingeräumt.
Die Vorstellung, mit dem Aufschreiben seiner Geschichte Geld zu verdienen, findet Arne pervers. Deshalb fließen alle Einnahmen in das von der Familie ins Leben gerufene „Sara Projekt“ von World Vision. Seit einigen Jahren ist Arne Kopfermann Musikbotschafter für dieses weltweit operierende Kinderhilfswerk. 2017 hat er das Flüchtlingslager in Azraq nahe der syrischen Grenze besucht. Dort unterhält World Vision u. a. einen Kindergarten und sogenannte „Child friendly Spaces“. Das „Sara Projekt“ unterstützt diese Arbeit.

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Traumatisierten Kindern helfen

„Flüchtlingskinder sind hochgradig traumatisiert: Krieg, Tod, Vergewaltigung … Sie hatten nicht wie ich das Geschenk einer Trauma-Therapie. Die liebevolle Arbeit von World Vision vor Ort ist eine Möglichkeit, Hilfe zur Verarbeitung anzubieten. Die Kinder nehmen das unfassbar fröhlich an!“ Hilfe annehmen, Trauer verarbeiten, ehrlich mit sich selbst und Gott sein: Das sind neue Lebensthemen von Arne Kopfermann geworden, die er mit Konzertlesungen im ganzen Land öffentlich macht: „Vollzeitchristen brauchen Unterstützung, so wie jeder andere auch. In Notzeiten hilft es nicht, einfach biblische Wahrheiten auszurufen – und dann wird schon alles gut. Wir brauchen Unterstützung von Freunden und Hilfe von Fachleuten. Und die müssen wir suchen – mit Gottes Hilfe.“


Dieser Artikel ist zuerst in der Christsein Heute erschienen, die wie Jesus.de zum SCM Bundes-Verlag gehört.

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