Rund 3.000 christliche Abtreibungsgegner (Veranstalter: 7.500) haben nach Polizeiangaben am Samstag in Berlin mit dem „Marsch für das Leben“ für den Schutz des ungeborenen Lebens demonstriert. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Die Schwächsten schützen. Ja zu jedem Kind. Selektion und Abtreibung beenden“. Den Anti-Abtreibungs-Demonstranten standen zahlreiche Protestierende gegenüber, die für ein Recht auf Abtreibung eintraten. Es blieb aber friedlich.
Zum „Marsch für das Leben“ hatte der Bundesverband Lebensrecht, ein Zusammenschluss von 13 Lebensschutzorganisationen, aufgerufen. Unterstützt wurde der Schweigemarsch von mehreren Bundestagsabgeordneten, darunter Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) und der CDU-Bundestagsabgeordnete und Ex-Verteidigungsminister Franz-Josef Jung. Die Bundesvorsitzende der „Christdemokraten für das Leben“, Mechthild Löhr, hatte zur Teilnahme aufgerufen. Unterstützt wurde die Veranstaltung wie schon in den Jahren zuvor von der katholischen Kirche.
In einem Grußwort lobte Noch-Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Teilnehmer des Marsches. Sie täten gut daran, „schon vor Beginn der neuen Legislaturperiode die Aufmerksamkeit von Wählern und Kandidaten auf die Verantwortung aller für die Wahrung der Unverfügbarkeit des Lebens und die Würde des Menschen zu lenken“. Grußworte sandten außerdem der Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden in Deutschland, Ansgar Hörsting, der evangelische Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, Hans-Jürgen Abromeit sowie der Präsident und der Generalsekretär des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, Michael Noss und Christoph Stiba.
Rudolf Voderholzer, katholischer Bischof von Regensburg, bezeichnete im Abschlussgottesdienst den „Marsch für das Leben“ als ein „wichtiges ökumenisches Hoffnungszeichen“. Es gelte, denen eine Stimme zu geben, die ihr Selbstbestimmungsrecht noch nicht zum Ausdruck bringen könnten. Außer Voderholzer nahmen auch die katholischen Bischöfe Matthias Heinrich (Berlin), Hubert Berenbrinker (Paderborn) und Florian Wörner (Augsburg) an der Veranstaltung teil.
Zugleich zogen am Samstag rund 2.000 Feministinnen für das Recht auf Abtreibung vom Wittenbergplatz zum Pariser Platz. Dort vereinigten sie sich mit einem weiteren Demonstrationszug mit rund 1.000 Menschen des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung. Die Gegendemonstrationen wurden unter anderem vom Regierenden Bürgermeister Berlins, Michael Müller (SPD), sowie dem Bundestagsabgeordneten Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen), unterstützt.
Wegen einer Sitzblockade der Gegendemonstranten musste die Polizei den „Marsch für das Leben“ zwischendurch umleiten. Trotzdem sei alles friedlich verlaufen, hieß es.
„Wahrhaft demokratisches Anliegen“
Kritiker werfen den Abtreibungsgegnern religiösen Fundamentalismus vor. Der Berliner Erzbischof Heiner Koch bezeichnete dagegen in einer Grußbotschaft an die Abtreibungsgegner den Einsatz für das Lebensrecht des Menschen in all seinen Entwicklungsphasen als „ein wahrhaft demokratisches Anliegen“. Er frage sich, warum der Lebensschutz für das ungeborene Leben noch immer relativiert und zu Unrecht in die rechte Ecke gestellt werde, so Koch.
Innerhalb der evangelischen Kirche sind die Abtreibungsgegner umstritten. Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz beteiligte sich wie in den Vorjahren nicht an dem Marsch. Anders als der Bundesverband Lebensrecht stehe die Landeskirche für eine ergebnisoffene Schwangerschaftskonfliktberatung, die die Gewissensentscheidung der Frauen und Paare unterstützt, hieß es zur Begründung.
Ekkehart Vetter, Präses des Mülheimer Verbandes und Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz, erklärte, es komme darauf an, Mütter und Vätern bei Konflikten zur Seite stehen und sie finanziell, bei Behördengängen und der Kinderbetreuung zu unterstützen. Vetter erinnerte an den bekannten Vers aus dem Buch des Propheten Jeremia: „Ich kannte dich, ehe ich dich im Mutterleibe bereitete.“ (1,5).