Out of the Box – Weil wir wunderbar gemacht sind Die Kolumne von Tom Laengner

Out of the Box – Weil wir wunderbar gemacht sind Die Kolumne von Tom Laengner

Out of the Box – Weil wir wunderbar gemacht sind
Die Kolumne von Tom Laengner

Nehm’ ich’s in Kauf oder geb ich’s auf?

Brombeeren, platte Reifen und schweißtreibende Fahrradfahrten: Sie alle lehren Tom Laengner eine wichtige Lebenslektion.

Brombeeren haben einen gewissen Sinn für Humor. Sie lächeln dich vom Strauch her an, prall und schwarz. Doch kaum im Mund entwickeln sie eine Säure, die dir ganz schmale Lippen beschert. Inzwischen lasse ich mich von Beeren nicht mehr an der Nase herumführen. Ich habe den Bogen raus und picke mir die Süßen ganz entspannt heraus.

So wurde die Beeren-Saison in den letzten Jahren zu einer besonderen Freude bei Ausfahrten mit dem Rad. Eine Handvoll hier und eine weitere dort spendeten mir an diesem Wochenende sogar ein gewisses Maß an Trost. Der war auch nötig. Denn etwa 20 Kilometer vor meinem Ziel spürte ich unter meinem Hintern einen platter werdenden Reifen. Neben der Luft wird auch der Spaß weniger und verschwindet womöglich vollständig. Während ich langsam heimwärts rollte, erinnerte ich mich an andere Fahrten, die schwerer gewesen waren als geplant.

Alles gleich und doch anders

So hatte ich einmal die Idee, weiße Wandfarbe für den Küchenanstrich auf dem Rad zu transportieren. Die Farbe war leicht gekauft. Mit Spanngurten hatte ich sie auf dem Gepäckträger festgezurrt. Hurtig kurbelte ich los. Doch dieser Rückweg hatte es in sich. Dabei war der Weg der gleiche. Der Asphalt schwitzte noch immer unter der gleichen Sonne und räkelte gelangweilt vor sich hin. Rein mathematisch sollte der Weg gleich lang geblieben sein. Physikalisch hatte es aber eine Veränderung gegeben. Die Kilos auf dem Gepäckträger protzten mit ihren Muskeln. Mir brach der Schweiß aus.

Kaum war ich zu Hause dann das Gewicht los, schien ich zu fliegen! Okay, das ist übertrieben. Doch wurde der Weg zum Bäcker, nachdem mir der Eimer fast noch auf den Bordstein geklatscht wäre, wundersam leicht. Und das brachte mich damals auf einen Gedanken.

Mahnende Gummibärchen und Weizenbiere

Die Kilos weißer Wandfarbe hatten mir meine Fahrt erschwert. Das wäre nicht anders gewesen, wenn sie rosa oder gelb gewesen wäre. Das höhere Gewicht allein verantwortete den Unterschied. Was wäre es für ein Fahrgefühl, wenn ich meine privaten überschüssigen Kilos verringern könnte? Es müssten ja nicht alle auf einmal sein! Im Geiste hörte ich die Gummibärchen und Weizenbiere in mir mahnen, dass all die Pfunde ehrlich erworben seien. Und ob ich vergessen hätte, dass Süßes die Nerven stärkt und ich mich doch auch belohnen dürfe!

Doch andererseits könnte ich vielleicht mit weniger Gummibärchen im Gepäck etwas weiter fahren und mehr mit meinen Enkelkindern auf dem Fußboden spielen. Es war meine Entscheidung. Was nehme ich also in Kauf und was gebe ich lieber auf? Mein persönlicher Schokoladenkonsum und mein Selbstwertgefühl kamen noch nie so richtig gut miteinander klar. Nehm’ ich’s in Kauf oder geb ich was auf? Als wäre das einfach! Aber es einfach hinnehmen und weitermachen?

Charmante Idee

Mit Selbstoptimierung hat das für mich nichts zu tun. Ich will mich weder wie eine Zitrone ausquetschen, noch immer unter Strom stehen. Aber mein Leben immer besser zu meistern, halte ich für eine gute Idee. Klingt auch schwer jesuanisch, nicht wahr? Besonders charmant finde ich an der Idee, dass für uns Menschen viele Dinge im Laufe der Zeit nicht mehr gehen. Das aber schon.

Die Sache mit den Brombeeren ist übrigens die: Wenn die Beeren sich mühelos vom Strauch picken lassen, sollten sie bereit sein. Zeitgleich sind manche dieser Exemplare bewohnt. Leider. Das lässt sich unter der Fahrradbrille nicht immer gut erkennen. Süß sind die Beeren aber trotzdem. Nach dem Motto: „Nimm’s in Kauf oder gib es auf“ esse ich meist fröhlich weiter. Denn ich habe festgestellt, dass es für mich immer besser ausgegangen ist als für die Insekten.

Out of the box - weil wir wunderbar gemacht sind

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Tom Laengner

Tom Laengner ist ein Kind des Ruhrgebiets. Nach 20 Jahren im Schuldienst arbeitet er journalistisch freiberuflich und bereist gerne afrikanische Länder. Darüber hinaus arbeitet er als Sprecher für Lebensfragen und Globales Lernen.

In seiner Kolumne „Out of the Box – Weil wir wunderbar gemacht sind" schreibt er alle 14 Tage über Lebensfragen, die ihn bewegen.

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1 Kommentar

  1. Aus der Vergebung zu leben schafft Freiheit

    „Mein Leben immer besser zu meistern, halte ich für eine gute Idee. Klingt auch schwer jesuanisch, nicht wahr? Besonders charmant finde ich an der Idee, dass für uns Menschen viele Dinge im Laufe der Zeit nicht mehr gehen. Das aber schon“! Das schreibt Tom Laengner in seiner Kolumne. Wie wahr das ist – und wie schön wäre es – wenn es einfach wäre. Sicherlich, wenn man auch die seelischen Lasten einfach abschütteln könnte. Aber oft ist es auch meine Erkenntnis am Morgen, dass sie alle wieder da sind: Die Sorgen, manche Ängste, auch das körperliche Übergewicht und dann noch die kleinen Einschränkungen, die jede Jahr Leben im zunehmenden Alter naturgesetzmäßig wachsen lassen. „Wir sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhmes, den wir vor Gott haben sollten“! Ein bekannter Bibelvers. Ich kann nicht, auch niemand anderes, schnell aus seiner Haut schlüpfen. Wir sind nicht so, wie wir eigentlich sein müssten. Aber dann kommt hinzu – und alles wirklich überflügelt: Gott liebt uns nämlich auch völlig voraussetzungslos, also nur um unserer Selbst willen. Deshalb ist Jesus buchstäblich für jeden Menschen auf dieser Erde gestorben. Wir sind daher alle gerecht geworden, ohne eigenen Verdienst. Wie in einem völlig unverdienter Freispruch. Oder eher noch: Als in wirklicher Begnadigung. Aber dann kann ich mich wirklich ändern: Nämlich dafür einfach dankbar zu sein. Wenn ich dankbar bin – und aus Liebe zu Gott Jesus nachfolge – habe ich völlig die nötigen Konsequenzen gezogen. Jeden Tag aus der Vergebung leben, heißt täglich sich erneuern zu lassen. So gesehen kann niemand mehr ins Bodenlose fallen. Gott hat das ganze Universum in Händen. Aber er herrscht nicht wie antike Herrschern. Schon gar nicht nach dem Motto, dass Untreue und Unzuverlässigkeit „Kopf ab“ bedeutet. Gott ist, in der Person Jesu Mensch geworden, ein gekommener Friedefürst. Aber auch jener der wiederkommt, nicht zum Gericht, sondern zur Erlösung aller Menschen. Das kann mehr erleichtern als weniger Körpergewicht und größere Transportlasten auf dem Fahrrad, nämlich bei den Belastungen auf unserer Seele. Deshalb bin ich, sind wir, wirklich alle dazu berufen, auch ein wenig erlöster zu sein. Gut wäre dies, wenn das andere spüren. Was uns Christinnen und Christen defizitär erscheint lässt, auch weil es die anderen Menschen überraschend schnell merken: Wenn uns so alles fehlt, was nach „erlöster“ aussieht. Sagte doch schon Martin Luther nach seiner großen Gottesbegegnung nach der Todesangst in einem Gewitter: „Christen sind die freiesten Menschen unter der Sonne und niemanden untertan. Aber dann doch jedem untertan“: Weil wir von Leuten umgeben sind, die von mir positives für sich erwarten dürfen. Gott zu lieben und jeden Nächsten, wie uns selbst, dies ist unser Amt. Diese globale Welt wäre ein Paradies, gäbe es im Gesamtdurchschnitt der Menschheit nur ein klein weniger mehr Liebe, Gerechtigkeit und die Erkenntnis: Wenn ich das dem anderen Menschen gegenüber tue, was ich auch von ihm erwarten würde, wäre das eine wirkliche Revolution. Aber offensichtlich ist das wenige was jede und jeder tun kann, dann doch ein kleiner Schritt der alles ändern würde.

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