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Zum 60. Todestag: Auf den Spuren von C.S. Lewis

Heute vor 60 Jahren starb C. S. Lewis. Persönliche Impressionen von einer Entdeckungsreise in England auf den Spuren des berühmten christlichen Schriftstellers.

Von Pfarrer Sandro Göpfert

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Ein Studienaufenthalt in Großbritannien – im vergangenen Jahr wurde ein Traum für mich Wirklichkeit. Meine Landeskirche hatte mich dienstlich freigestellt und so konnte ich vom 3. April bis 17. Juni 2022 im Ridley Hall College Cambridge zu Gast sein. Finanziell ein echt teures Pflaster, aber es war für mich vor allem eine wertvolle und horizonterweiternde Zeit. Kurz zuvor erschien mein kleines Andachtsbüchlein „40 Tage mit C. S. Lewis“. Grund genug, mich nun auch vor Ort ein wenig auf die Spuren des Mannes zu begeben, dessen Geburtstag (29. November 1898) sowie Todestag (22. November 1963) sich Ende dieses Jahres zum 125. Mal bzw. 60. Mal jähren. Cambridge und vor allem Oxford sind die beiden Städte, in denen Lewis am längsten gewirkt hat. Um es gleich vorwegzunehmen: Mir gefällt Cambridge, das ich gern mit Tübingen vergleiche, besser als Oxford, dessen deutsches Pendant für mich Heidelberg ist. Und am Rande bemerkt: Auf einer der Grünflächen in Cambridge – Parker‘ s Piece – fand wohl das erste Fußballspiel der Geschichte statt, nachdem Studenten der Universität 1848 die ersten Fußballregeln verfasst hatten. Hat sich C. S. Lewis für Fußball interessiert? Vermutlich nicht – jedenfalls ist mir nichts davon bekannt. Aber ich mag ihn trotzdem.

In Cambridge erinnert relativ wenig an ihn. Seine letzten neun Lebensjahre lehrte er hier am Magdalene College. Gleich bei einer meiner ersten Erkundungstouren durch die Stadt bin ich dort. Zum Innenhof habe ich eigentlich keinen Zutritt, aber nachdem ich mein Anliegen geschildert habe, lässt mich der freundliche Pförtner durch. Ich bin ganz sicher nicht der Erste, der sich nach Lewis erkundigt. Dann erklärt er mir, dass die beiden Fenster im ersten Stock zu Lewis’ ehemaligem Appartement gehören. Dort kommt man aber wirklich nicht hin und außer einem Stuhl gibt es auch keine Erinnerungsstücke, versichert er mir. Ich bedanke mich höflich und erfreue mich noch am Anblick der Lewis- Erinnerungstafel in der kleinen College-Chapel. Beim Rückweg frage ich mich: Wie festgelegt oder flexibel bin ich? Hätte ich den Mut, wie Lewis nach 35 Jahren an einem Ort, mit Mitte 50 beruflich noch einmal etwas ganz Neues an einem anderen Ort zu beginnen?

Magdalene College in Cambridge mit den beiden Fenstern von Lewis‘ Appartement im ersten Stock (Foto: privat)

Mein Treffen mit John Lennox

Der Lewis-Erinnerungsort Nummer eins (und sein Hauptwohnsitz selbst nach dem Uni-Wechsel) ist zweifellos Oxford. Gleich in meinen ersten drei Wochen in England bin ich dreimal dort. 12. April: Ich bin mit Dr. John Lennox, den ich schon von Tagungen in Deutschland kenne, zum Mittagessen verabredet. Für viele ist er der „C. S. Lewis der Gegenwart“. Zum einen liegt der Vergleich nahe, weil er ein Meister der Apologetik (der Verteidigung des christlichen Glaubens) ist und vor Jahren große öffentliche Debatten mit Atheisten wie Richard Dawkins oder Christopher Hitchens führte. Zum anderen ist er – wie Lewis – kein studierter Theologe, sondern ein emeritierter Mathematikprofessor. Wie gut, dass Lennox viel besser Deutsch spricht als ich Englisch! Wir treffen uns in der Mensa des Templeton Green College. Nach etwas Small Talk dort ziehen wir uns in eine Lounge zurück, die sonst nur Professoren vorbehalten ist. Ich genieße becherweise heiße Schokolade – und noch mehr das anregende Gespräch über Möglichkeiten der Apologetik heute. Auf dem Weg zurück zum Bahnhof komme ich zufällig am Pub „The Eagle and Child“ vorbei. Das ist inzwischen leider geschlossen, aber hier fanden in einem Hinterzimmer ab 1933 bis Ende der 40er Jahre die wöchentlichen Treffen der „Inklings“ statt, eines literarischen Diskussionskreises. Ich halte kurz inne und überlege: Was bedeutet für mich Freundschaft? Wie wichtig ist es für mich, mit engen Vertrauten unterwegs zu sein und mit ihnen Entscheidendes zu teilen?

Übergangen in Oxford

20. April: Über die Osterferien ist meine Familie zu Besuch. Mit meiner Frau Lydia und unseren Kindern Elia und Hannah – beide große Narnia- Fans – geht es natürlich auch nach Oxford. Wir besichtigen das Herz der Stadt mit der berühmten Bodleian Library. Dann geht es weiter zum Magdalen College, das direkt am Ufer des Cherwell liegt. Viele pilgern an diesen Ort in der Annahme, Lewis sei hier Professor gewesen. Aber das stimmt nicht – er war in Oxford nur Dozent und das auf den Tag genau 29 Jahre lang. Bei mehreren Berufungs- und Bewerbungsverfahren wurde er übergangen – vermutlich auch deshalb, weil er Christ geworden war.

Ich versuche, mich in ihn hineinzuversetzen und werde nachdenklich: Wie würde ich mit Zurückweisung und Benachteiligung umgehen? Ich merke, dass mir das sehr schwerfällt – nicht umsonst habe ich wohl Psalm 119,133 als Konfirmationsspruch zugesprochen bekommen: „Lass meinen Gang in deinem Wort fest sein und lass kein Unrecht über mich herrschen.“ Stichwort Gang: Nicht nur, weil er keinen Führerschein besaß, liebte es Lewis, spazieren zu gehen. Und einer der wichtigsten Spaziergänge seines Lebens fand auf dem Gelände des Magdalen College statt. Dort gibt es eine große Wiese, die von einem mit Bäumen gesäumten Weg umrundet wird. „Addison’s Walk“ ist eine knappe Meile lang. Das kleine Heftchen „Walking with Giants – when Tolkien talked with Lewis“ erzählt von jenem 19. September 1931, als Lewis hier bei einem denkwürdigen Spaziergang mit J. R. R. Tolkien und Hugo Dyson dem Geheimnis des christlichen Glaubens entscheidend auf die Spur kam. Während ich mit meiner Familie den Weg abschreite, muss ich daran denken, welche Ereignisse bzw. Menschen mich geprägt haben auf meinem Weg zum Glauben. Dabei tauchen in meiner Erinnerung auch unzählige nächtliche Spaziergänge mit guten Freunden an den Freitagabenden nach dem Jugendkreis auf.

Plakette an The Kilns in Oxford (Foto: privat)

Was wird bleiben?

In Oxford gibt es aber noch eine wichtigere Lewis-Erinnerungsstätte als sein ehemaliges College: Es ist das Haus „The Kilns“, das Lewis 1930 bezog und in dem er bis zu seinem Tod wohnte. Eine recht abenteuerliche Taxifahrt bringt uns die drei Meilen in den Stadtteil Headington Quarry. Im Haus wohnen heute Studenten, denen Lewis‘ Vermächtnis am Herzen liegt. Einer davon führt uns eine reichliche Stunde lang durchs Haus, in dem trotz mancher Besitzerwechsel und Umbauten noch einige Originalstücke zu bewundern sind – zum Beispiel Lewis‘ Schreibmaschine und sein Klavier, auf dem meine Tochter sogar spielen darf.

Unsere letzte Station an diesem Tag ist zugleich Lewis‘ letzte irdische Lebensstation: Auf dem fußläufig erreichbaren Friedhof der Holy Trinity Church Headington Quarry, in der er regelmäßig den Gottesdienst besucht hatte, wurde Lewis vier Tage nach seinem Tod – am 26. November 1963 – begraben. Seine brillanten Gedanken und Bücher haben ihn überlebt. Auch wenn ich natürlich nicht so genial bin: Während meine Kinder über den Friedhof laufen, verweile ich lange an Lewis‘ Grab (der selbst keine Kinder hatte) und frage mich: Was wird einmal von meinem Leben bleiben? Wenn ich mir etwas wünschen und es beeinflussen könnte – welche Dinge sollen Leute in den Sinn kommen, wenn sie einmal an mich zurückdenken?

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25. April: Meine Familie ist inzwischen nach Hause zurückgekehrt und ich bin ein drittes Mal in Oxford, um Prof. Dr. Alister McGrath zu treffen. In seinem kleinen, ganz mit Büchern vollgestopften Arbeitszimmer im Manchester Harris College kann ich den Lewis-Biographen mit allem löchern, was mein wissbegieriges Herz begehrt. Auf meine Frage, warum der eigentliche Vielschreiber Lewis nach seiner Bekehrung Anfang der 30er Jahre erst relativ spät sein erstes apologetisches Werk „Über den Schmerz“ (1940) veröffentlicht hat, antwortet mir McGrath: „Weil er darum gebeten wurde. Lewis hätte sich nie selbst darum beworben, christlich-apologetische Bücher zu schreiben. Es war ihm wichtig, dafür angefragt, ja, berufen zu werden.“

Bewegt von solch demütiger Haltung denke ich später im Botanischen Garten darüber nach, wie das bei mir so ist: Reiße ich gern eigenmächtig Dinge an mich, oder lebe ich aus dem, was ich von Gott und von anderen höre und empfange? Das Gespräch mit Alister McGrath klingt noch lange in mir nach: Lewis sei gewiss nicht fehlerlos gewesen, aber er war einer, der uns in vielem voraus war und Entscheidendes verstanden hatte: zum Beispiel, Vorstellungskraft und Verstand zusammenbringen, wie McGrath selbst in seinem großartigen Buch „Mere Discipleship“ ausführt.

Lewis‘ Welt hat selbst im Oxforder Stadtbild seine Spuren hinterlassen: Nahe der University Church erinnert eine Häuserfassade an den Faun Tumnus – und gemeinsam mit der Straßenlaterne im Hintergrund an das Buch „Der König von Narnia“. Ein bisschen als König hatte ich mich Mitte April selbst gefühlt: Als ganze Familie erhielten wir dank meines pastoralen Dienstausweises kostenfreien Eintritt in Westminster Abbey. Die knapp 100 Euro Eintritt (!) hätten wir sonst sicher nicht bezahlt und so auch nicht die Gedenktafel bestaunen können, die im „Pantheon“ berühmter Briten an Lewis und seine wohl berühmtesten Worte erinnert: „Ich glaube an Christus, so wie ich glaube, dass die Sonne aufgegangen ist, nicht nur, weil ich sie sehe, sondern weil ich durch sie alles andere sehen kann.“

Sandro Göpfert ist Pfarrer der Sächsischen Landeskirche in Burgstädt und engagiert sich im Netzwerk churchconvention

Weiterlesen:

C. S. Lewis: Schriftsteller, Philosoph und Christ

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C. S. Lewis – ein Leben in Briefen


Ausgabe 4/23

Dieser Artikel ist in der Zeitschrift Auftamen erschienen.
Aufatmen wird vom SCM Bundes-Verlag herausgegeben, zu dem auch Jesus.de gehört.

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