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Kirche: Zu politisch, oder nicht politisch genug?

Die Mehrheit der Kirchenmitglieder erwartet von der Kirche neben der Glaubensvermittlung auch gesellschaftspolitisches Engagement – nicht jedoch automatisch eine im engen Sinn „politische Kirche“.

Wie sehr sollten sich die Kirchen in politische Debatten einmischen? Darüber gehen die Meinungen auseinander. Eine deutliche Mehrzahl der Protestanten und Katholiken in Deutschland erwartet laut dem Theologen Georg Lämmlin von der Kirche mehr als «die Pflege religiöser Innerlichkeit». Die aktuelle Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung spreche diesbezüglich eine klare Sprache, sagte der Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) dem Evangelischen Pressedienst (epd). «Das allerdings heißt nicht automatisch, dass die Gläubigen eine im engen Sinn politische Kirche wollen», betonte er mit Blick auf die zuletzt von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) befeuerte Debatte um eine kirchliche Positionierung zu tagespolitischen Fragen.

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Sofern politische Themen «christliche Grundfragen berühren oder Teil der kirchlichen DNA» seien, sei die Akzeptanz für entsprechende öffentliche Stellungnahmen unter Kirchenmitgliedern hoch. «Deutlich sehen wir das etwa beim Thema Flucht, Migration und Asyl», erläuterte Lämmlin. Laut der Studie sind mehr als zwei Drittel aller Kirchenmitglieder – unter den hochverbundenen Katholiken sind es sogar 80 Prozent – für ein konsequentes Engagement der Kirche für Geflüchtete.

Auch bei sozialen Fragen deute vieles darauf hin, dass eine klare Mehrheit der Kirchenmitglieder eine Positionierung der Kirche in sozialpolitischen Debatten begrüßen würde. «Das sehen wir etwa an der fast 100-prozentigen Zustimmung zum kirchlichen Engagement in der Lebens- und Sozialberatung», führte Lämmlin aus.

Nicht parteipolitisch agieren

Entscheidend sei, dass politische Stellungnahmen der Kirchen stets «durch die eigene Praxis gedeckt» seien. «Themenfelder wie Migration, Soziales und auch Klimaschutz kann Kirche glaubwürdig in den politischen Diskursen vertreten, weil sie dort hohes Engagement und eindeutige Positionen zeigt», sagte Lämmlin. Wichtig sei allerdings auch, dass öffentliche Stellungnahmen der Kirchen klar unterscheidbar von parteipolitischen Debatten blieben: «Die Kirchen können nicht die Aufgabe haben, auf parlamentarische Aushandlungsprozesse oder die konkrete politische Umsetzung bestimmter Themen Einfluss zu nehmen.»

Bei Themen, bei denen die Kirche keine eindeutige Position habe, müsse sie Ambivalenzen oder konträre Stimmen transportieren, um in der Öffentlichkeit als glaubwürdig wahrgenommen zu werden, sagte Lämmlin. Beispielhaft nannte er die kirchliche Friedensethik, in der es gelte, «die nicht auflösbare Spannung zwischen ‚realpazifistischen‘ und ‚radikalpazifistischen‘ Stimmen» hinreichend deutlich werden zu lassen.



Die jüngste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der EKD hatte ergeben, dass sich rund ein Drittel der Kirchenmitglieder als „nicht religiös“ bezeichnen. Eine wirkliche kirchliche Bindung ist nur bei 40 Prozent der Gläubigen gegeben, so Christopher Jacobi, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD. Nur etwa vier Prozent der Katholischen sind sogenannte „gläubige Kirchennahe“, bei den Evangelisch-landeskirchlichen sind es sechs Prozent.

Quelleepd

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7 Kommentare

  1. Jesus Christus spricht: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“
    Christen haben eine anderen Auftrag, eine andere Botschaft, als die Gesellschaft.
    Es geht um Buße und Umkehr zu Gott.

    • Um zu dem Schluss zu kommen, musst Du aber recht viele Seiten aus den Evangelien rausreißen. Z.B. das Samariterbeispiel, das zu konkreter sofortiger Hilfe auffordert, die Ermahnung an den Zöllner, ehrlich zu sein, Jesus Verwüstung bei den Tempelhändlern und vieles mehr.

      > Es geht um Buße und Umkehr zu Gott.

      Da fehlt das ‚auch‘, meinetwegen ein ‚vor allem‘, aber ganz sicher steht da nicht ein ’nur‘.

  2. Die ganze Bibel, das ganze Evangelium und keine Spaltungen

    Im Vorspann oben steht: „Die Mehrheit der Kirchenmitglieder erwartet von der Kirche neben der Glaubensvermittlung gesellschaftspolitisches Engagement – nicht jedoch automatisch eine im engen Sinn „politische Kirche“ (Zitat Ende).

    Ich bin zutiefst davon überzeugt, daß für mein Christsein die ganze Bibel und das ganze Evangelium wichtig ist. Ich kann da auch die 10 Gebote und zudem die Bergpredigt nicht ausklammern. Oder Person und Werk Jesu: unsere Brücke und unser Versöhner mit Gott, der am Kreuz für uns gestorben ist, der nicht in erster Linie für die Gesunden gekommen ist, sondern für (auch bildlich gesehen) Kranke, Arme, Randsiedler und alle die nicht genug geliebt werden. Der auch die Tische der Händler im Tempel umwarf – Glaube ist kein Geschäftsmodell. Wenn wir Licht der Welt und zudem Salz der Erde sein sollen (und dürfen), dann heißt dies doch auch Einwirkung mit dem, was für Gutes für die Gesellschaft und Allgemeinheit hier leisten könnten. In einem allgemeinen und nicht parteipolitischen Sinne ist dies die politische (weltzugewandte) Seite des Glaubens. Daher ist die Demokratie auch nicht (un)christlich, sondern förderlich. Das Liebesgebot wäre – etwas zugespitzt formuliert – das, was in 1. Korinther 13 steht. Da bin ich dann gegen Hass, Hetze, ohne Versöhnungswillen, nie Brückenbauer, Rassismus und Antisemitismus. Mit Margot Friedländer, die auch an den gleichen Gott glaubte wie ich, daß kein Blut von keinem Menschen vergossen werden sollte. Oder auch das Krieg eine große Sünde ist und daher Diplomatie wichtig wäre. Unser Staat, unsere Regierung, auch die Parteien, und die Kirchen, sind menschengemachte Einrichtungen und Institutionen. Sie alle bedürfen des Heiligen Geistes, der schon am 1. Pfingsttag nach dem Zeugnis der Bibel wehte wo er wollte, nämlich damals bei allen Menschen. Zu meinem persönlichen Credo gehört, ich bin einfach nur ein normaler Christ, und nicht in allererster Linie evangelikal, liberal oder charismatisch und möchte in keine der Gedankenschubladen eingeordnet werden. Wir sollten die Christenheit nicht künstlich trennen, es gibt schon genug Kirchen, Konfessionen und auch Glaubenstraditionen, die im guten Sinne eine Einheit in der Vielfalt, also auch Ökumene, sein dürfen. Menschen die hier in jesus.de ausgrenzend argumentieren, in dem sie nur ihre eigene Glaubenstradition für die absolute Wahrheit halten, betreiben möglicherweise leider Spaltung. Wir brauchen mehr eine durch alle Gruppierungen und Formen gehende Kirche, nämlich jener die Jesus ernstnehmen und seiner Liebe Priorität im eigenen Leben einräumen. Und ich denke, auch dieser schöne blaue Planet verwüsten wir, sind daran beteiligt hier unten die Hölle zu betreiben und haben sie erfunden. Gott ist der absolute gute Gott, er wirft kein Feuer vom Himmel, um dann Jesus zu schicken, es zu löschen. Dies wäre geradzu widersinnig.

    Die Bewahrung der irdischen Schöpfung ist auch unser Auftrag. Daher bin ich Anhänger auch eines sehr konsequenten Engagementes gegen den Klimawandel, der dann auch aus Nächstenliebe für die kommenden Generationen geschieht. Für Frieden und Erhaltung der Schöpfung sollten so alle Religionen und alle guten Menschen zusammenarbeiten. Andere Religionen sind nicht unchristlich (aber auch nicht christlich), sondern hier eine Realität und wenn es sie nicht geben sollte, würde es sie auch nicht geben. Das Böse gibt es auch, nicht nur in der Welt, sondern in unserer aller Seele. Das sind unsere Schulaufgaben, die wir hier auf Erden zu leisten haben. Wobei ich glaube, daß man in gutes Schulklasse immer versetzt wird. Wir alle sollten versuchen, jeden Tag aus der Vergebung Gottes zu leben und diese anderen Menschen auch zugestehen. Dies ist christlich.

  3. Hallo Joerg,

    wir haben selbst auch schon Freikirchen besucht und dort ganz andere, sehr herzliche Erfahrungen gemacht. Meine Kritik bezog sich in erster Linie auf die EKD, insbesondere auf größere Gemeinden und deren öffentliche Positionierung zu Offenheit und Vielfalt. Ich finde diese Werte grundsätzlich wichtig und unterstützenswert – ebenso wie das sichtbare Bekenntnis dazu. Allerdings habe ich den Eindruck, dass die Realität vor Ort oft nicht mit dem äußeren Bild übereinstimmt.

    Wir haben in der Vergangenheit leider wiederholt Erfahrungen gemacht – auch mit einzelnen Gemeindemitgliedern sowie einer Pastorin und einer Dekanin –, die man durchaus als latent rassistisch bezeichnen könnte. Und das sagen wir nicht leichtfertig, denn wir sind in solchen Einschätzungen sehr zurückhaltend und haben in der Regel ein dickes Fell.

    Gerade deshalb besuchen wir gelegentlich auch eine Freikirche, weil dort weder die Herkunft meiner Frau noch ihre Herausforderungen mit der deutschen Sprache ein Thema sind. Im Gegenteil: Wir erleben dort oft mehr Geduld und echtes Interesse.

    Ich weiß, es ist gewagt – und man könnte es mir auch als Unterstellung auslegen, was keinesfalls meine Absicht ist –, aber basierend auf unseren persönlichen Erfahrungen wage ich zu behaupten, dass viele der Menschen, die auf den entsprechenden Bildern für Vielfalt stehen, in der Realität oft nicht die Geduld oder Bereitschaft aufbringen würden, sich auf meine Frau einzulassen: langsam zu sprechen, Dinge zu wiederholen oder verständlich zu erklären. In über 90 % der Fälle erleben wir in staatlichen Gemeinden leider genau das Gegenteil.

    Zum Glück blieben Ihnen solche Situationen – und die damit verbundenen Erfahrungen – vermutlich erspart.

    • Danke Christoph,

      fuer das Mitteilen. Wir hoffen und beten, dass Euch zukuenftig negative Erfahrungen erspart bleiben.

      Andererseits: nur wer negative Erfahrungen macht, kann spaeter andere in der selben Situation gut verstehen/helfen/ermutigen?!

      Klar, manchmal schwacher Trost … 🤷‍♂️

      LG Joerg

  4. Seid mir alle gegrüßt!

    Immer wieder frage ich mich: Warum sieht man auf Bildern von kirchlichen Veranstaltungen, die sich für Toleranz, Vielfalt und interkulturellen Dialog einsetzen, fast ausschließlich weiße Deutsche ohne erkennbaren Migrationshintergrund – und das meist im höheren Alter?

    Das gleiche Bild zeigt sich auch in vielen Kirchen der Großstadt, in der wir leben. Obwohl die Gemeinden sich nach außen hin offen und einladend präsentieren, bleibt die tatsächliche Vielfalt in den Reihen der Gottesdienstbesucher oft sehr begrenzt.

    Ich bin selbst regelmäßiger Kirchgänger und erlebe diese Diskrepanz hautnah. Mit meiner Frau, die aus dem Ausland stammt, und unserem Kind fühlen wir uns oft wie Fremdkörper. Obwohl der Pastor in seinen Predigten über Migration, Willkommenskultur und christliche Nächstenliebe spricht, kommt bei uns emotional nicht viel davon an. Statt echter Begegnung empfinden wir eher Distanz – teils sogar Ausgrenzung, wenn auch subtil.

    Mich beschäftigt das sehr: Woran liegt es, dass sich so wenige Menschen mit Migrationsgeschichte in den Gemeinden wirklich zuhause fühlen? Was müsste sich ändern, damit christliche Vielfalt nicht nur gepredigt, sondern auch gelebt wird?

    • Moin Christoph,

      vielleicht so:

      zu „warum v.a. weisse Alte … bei kirchlichen Veranstaltungen, die sich für Toleranz, Vielfalt und interkulturellen Dialog einsetzen“
      Weil eine Haltung oder einen Standpunkt zu vertreten einfacher/bequemer/medialwirksamer ist, als sich in den Haeusern oder sonst wo tatsaechlich mit Auslaendern zu beschaeftigen?

      zu „Gottesdienstbesucher“
      Das koennte eine anekdotische Betrachtung sein, bei uns in der Freikirche sind ca. 1/3 Menschen mit direkter oder indirekter Migrationsgeschichte.

      zu „Gefuehl als Fremdkoerper“
      Sorry, fuer Eure Gefuehle kann keiner was. Als Christen, die den Christus im anderen sehen (sollen) ist sicher eine Haltung der Neugier, Anteilnahme, Gemeinschaftbildung angemessen.
      Toll, dass ihr durch Eure Besuche genau dieses Verhalten ermoeglichen koennt. Nicht aufgeben!

      zu „Was muesste geschehen“?
      Nix. Das ist schwer zu organisieren. Es gibt stets den Trend zur Homogenitaet! Junge fuehlen sich bei jungen Leuten wohl. Alte bei Alten. Rocker bei Rockern. Pfingstler bei Pfingstlern. USW.
      Gott Sei Dank MUSS keiner in dem bleiben wo er ist. Einfach mal ueber den Tellerrand schauen.

      Aussnahme: Ein deutlicher Auftrag von Gott, unter „steinigen“ Bedingungen erst mal zu dienen und zu schauen, was passiert. Vor dem Burn-Out aber mal wechseln!

      Oder was meinst Du?

      LG Joerg

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