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Weihnachten: Zwischen Missbrauch und Geschenkebergen

Jahrelang wurde Sabine von ihrem Vater missbraucht und an Weihnachten mit Geschenken überhäuft. Echte Weihnachtsfreude erlebte sie erst Jahre später.

Von Sabine B.

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Die Advents- und Weihnachtszeit löste bei mir immer etwas Angst aus. Angst vor dem Alleinsein und Angst vor dem Gedanken, wie ich das nur dieses Jahr wieder packen sollte. Wann würde Weihnachten auch für mich endlich zum wahren Weihnachtsfest werden, ohne Zwang, ohne Traurigkeit, ohne Materialismus?

Ich war mittlerweile achtzehn Jahre. Bis zu meinem fünfzehnten Lebensjahr war Weihnachten geprägt von haufenweisen Geschenken meiner Großeltern und Eltern. Vielleicht wollte gerade mein Vater dadurch alles wiedergutmachen, was das ganze Jahr über schiefgelaufen war.

Weihnachten, die Zeit des aufgesetzten Friedens

Meine Mutter war gestorben, als ich vier Jahre alt war; zwei Jahre später zog meine Stiefmutter zu uns, und weitere vier Jahre später begann die gewaltsamste Zeit meines Lebens – mein Vater missbrauchte mich über fünf Jahre lang. So war Weihnachten die Zeit des aufgesetzten Friedens, sichtbar gemacht durch seine Geschenke.

Ich wollte so gerne an Heiligabend auch in die Kirche gehen; ich war in unserer Gemeinde als Ministrantin tätig. Dieser liturgische Dienst und der Glaube an Gott hielten mich in all den Jahren am Leben. Aber gerade an Festen wie Weihnachten und Ostern verbot es mir mein Vater, in die Kirche zu gehen.

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Also war das Weihnachtsfest für mich nur durch die vielen Geschenke präsent, die mir allerdings kaum Freude bereiteten. Oftmals gehörte zu den Geschenken auch eine Wochenendreise mit meinem Vater, und was mir da blühen würde, konnte ich mir denken!

Von zu Hause weglaufen

Mit fünfzehn lief ich von zu Hause weg und kam nach langem Hin und Her in eine Pflegefamilie. Dort ging es mir wirklich gut. Aber es war eine spanisch-rumänische Familie, die mit der Kirche und dem Glauben nichts am Hut hatte. So war auch dort Weihnachten für mich wenig präsent. Wenigstens durfte ich in der neuen Kirchengemeinde, in die ich ging, wieder ministrieren – auch zu den kirchlichen Festen. So wurde zumindest die Gottesbotschaft wieder etwas spürbar und das Staunen über das Kind in der Krippe erreichte mich ganz langsam wieder.

Mit achtzehn musste ich von der Pflegefamilie weg, denn das Jugendamt zahlt diese Maßnahme nur bis zur Volljährigkeit. Zum Glück fand ich zum 1. Dezember im selben Ort ein Zimmer zur Untermiete.

Meine mütterliche Freundin, Helene, half mir beim Umzug und war auch fortan für mich da. Sie nahm mich mit zum Einkaufen, da ich noch keinen Führerschein hatte, und auch sonst konnte ich immer auf sie zählen. Sogar zwei Adventssonntage durfte ich bei ihr und ihrer Familie (sie hat zwei Söhne, die damals vierzehn und zwölf Jahre alt waren) verbringen, wofür ich ihr sehr dankbar war. Ansonsten verbrachte ich die Adventszeit mit Lernen und Arbeiten und war dadurch abgelenkt von den Gedanken an Weihnachten. Hin und wieder kamen ein paar heimwehähnliche Gefühle in mir hoch, wonach genau, wusste ich nicht.

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Eine Familie sitzt in Weihnachtsklamotten am Lagerfeuer.
Symbolbild (Foto: svetikd / E+ / gettyimages)

Nicht allein an Heiligabend

Doch dann, einen Tag vor Heiligabend, fragte Helene mich in der Kirche: „Magst du morgen Abend kommen?“ „Nein, das kann ich nicht annehmen“, erwiderte ich. „Ich kann euch doch nicht auch noch an Heiligabend auf die Nerven gehen!“ „Doch, natürlich! Mein Mann hat auch noch mal gesagt, dass ich dich fragen soll!“ Ich heulte vor Glück. Was hat mir Gott da nur für eine Familie geschickt? Ich freute mich so sehr, dass ich den Heiligen Abend nicht alleine sein musste!

Am 24. Dezember musste ich vormittags noch beim Bäcker arbeiten und dafür schon um drei Uhr morgens aufstehen. Nachmittags wollte ich deshalb schlafen, um abends einigermaßen fit zu sein. Aber ich konnte nicht, weil ich so voller Vorfreude und Aufregung war, wie es wohl abends bei Helene sein würde. So vertrieb ich mir den Nachmittag mit Fernsehen und Lesen.

Abends lief ich dann fast einen Kilometer durch die dunkle, kühle Nacht zu Helene und ihrer Familie. Sie hießen mich willkommen, so, als würde ich schon immer zur Familie gehören. Helene und ihr Mann empfingen mich, als wäre ich ihre Tochter; die Söhne so, als wäre ich eine Schwester; und Helenes Mutter, als wäre ich ihre Enkeltochter.

Angekommen

Zunächst gab es Abendessen: Würstel mit Sauerkraut. Vor dem Essen wurde ein Tischgebet gesprochen. Da durchfuhr mich schon so ein Gefühl wie Angekommensein! Wir saßen in gemütlicher Runde beisammen, aßen, lachten, redeten und schwiegen. Nach dem Essen ging Helene raus und läutete das Glöckchen, als Zeichen, dass das „Christkind“ nun da gewesen ist.

Wir gingen zusammen ins Wohnzimmer und stellten uns alle vor den schön geschmückten Baum und die große Krippe und sangen zwei Weihnachtslieder. Na ja, eher sangen die anderen, denn ich musste einfach weinen – aber nicht vor Traurigkeit, sondern vor Freude, endlich DAS Weihnachten gefunden zu haben, nach dem ich mich, bewusst oder unbewusst, immer gesehnt hatte! Nach dem Gesang haben wir uns alle umarmt und „frohe Weihnachten“ gewünscht. Bei der Umarmung mit Helene musste ich schon wieder weinen und sie auch. Es war unendlich schön. Geschenke wurden verteilt, und ich bekam von Helene eine Kette mit einem Kreuz, die ich heute noch habe und oft trage, weil sie mir sehr viel bedeutet.

Ein wahres Weihnachtswunder

Bis wir zur Christmette aufbrachen, saßen wir gemütlich im Wohnzimmer, hörten Weihnachtsmusik, unterhielten uns, lachten und aßen Plätzchen. Es war so schön und ich fühlte mich so geborgen. Mich erfüllte eine unendliche Dankbarkeit für Helene und ihre Familie, dass ich mit so einer Selbstverständlichkeit bei ihnen sein durfte! Gemeinsam gingen wir dann zu vorgerückter Stunde in die Christmette, die ich diesmal ganz anders erlebte als zuvor. Denn ich hatte soeben ein wahres Weihnachtswunder erlebt. Nur beim Schlusslied „Stille Nacht, heilige Nacht“ kamen mir doch die Tränen.

Den ersten Feiertag und einen Teil des zweiten Feiertags verbrachte ich auch bei Helene und ihrer Familie. Nachmittags fuhren wir dann alle zur Familie ihres Bruders. Ich schwebte vor Glück! Familienanschluss und Geborgenheit, was für ein Geschenk! Ich fühlte mich so reich beschenkt, nicht materiell, sondern emotional.

Ich kann Gott nur unendlich danken für diese Familie, die er mir in dieser Zeit an die Seite gestellt hat und die bis heute für mich da ist, in guten wie in schlechten Zeiten! DANKE!


Diese Geschichte erschien bei Gerth Medien im Buch „Im Dunkel scheint dein Licht“ von Andi Weiss. Gerth Medien gehört wie Jesus.de zur SCM Verlagsgruppe.

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