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Diskussion: Reformation im Islam

Was macht Reformation aus – und vor allem: Lässt sie sich auf den Islam übertragen? Darüber diskutierten Wissenschaftler am vergangenen Wochenende miteinander in Düsseldorf.

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Der Essener Kulturwissenschaftler Professor Jörn Rüsen sprach sich nach einer gemeinsamen Pressemitteilung der Veranstalter dafür aus, die Reformation nicht ausschließlich als ein religiöses Phänomen zu betrachten. Vielmehr sei die Reformation ein gesamtgesellschaftlicher Prozess der Erneuerung und Herauslösung aus erstarrten, autoritären Strukturen gewesen. Die Vernunft diente dabei als Motor der geistigen Erneuerung, ohne jedoch den Glauben zu vernachlässigen. Die Reformation habe den Menschen aufgefordert, seine ganz eigene Beziehung zu Gott zu suchen, statt auf die Vermittlung durch einen Klerus zu vertrauen.

In diesem Zusammenhang sprach der Münsteraner islamische Theologe Mouhanad Khorchide von einer „dialogischen Beziehung zwischen Gott und Mensch“. Im Laufe der Entwicklung der islamischen Orthodoxie habe sich jedoch ein monologisches Gottesbild durchgesetzt, das durch eine enge Orientierung am koranischen Text geprägt sei.

„Reformation aus dem christlichen Kontext nicht übertragbar“

Der Islambeauftragte der Evangelischen Kirche im Rheinland, Kirchenrat Rafael Nikodemus, betonte, dass eine Reformation im Islam allein von Muslimen ausgehen müsse. Eine einfache Übertragung reformatorischer Ansätze aus dem christlichen Kontext auf den Islam sei nicht zielführend und entspreche auch nicht den Erwartungen der Mehrheit der Muslime.

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Reformbestrebungen unter Muslimen

Dass es durchaus islamische Reformer gegeben habe, wie z.B. der Ägypter Muhammad Abduh (1849-1905), der die Reformation in Europa rezipiert und versucht habe, die Moderne mit dem Islam zu versöhnen, hob der Marburger Islamwissenschaftler Dr. Assem Hefny hervor.

Der Salafismus sei zum Teil eine Reaktion auf die Reformbestrebungen unter den Muslimen, sagte der Islamismus-Experte Dr. Marwan Abou Taam. Die Konstruktion von Feindbildern und die Abwertung Andersdenkender ersticke jeden reformatorischen Ansatz jedoch im Keim.

Eine andere Perspektive stellte die Migrationsforscherin Dr. Dana Fennert vor, die über das reformatorische Potenzial der Frauenbewegung in den islamisch geprägten Gesellschaften sprach. Durch neue hermeneutische Zugänge zu Koran und Sunna versuchten muslimische Frauen die Gleichstellung mit dem Mann zu erreichen.

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Zukünftige Rolle der Muslime in der Gesellschaft

Muslime in Deutschland müssen sich mit der Frage auseinandersetzen, welche Rolle sie künftig in der Gesellschaft spielen wollen, sagte Jörgen Klußmann, Studienleiter der Evangelischen Akademie im Rheinland. Es fänden sich bei einigen muslimischen Intellektuellen zeitgemäße demokratische und rechtsstaatliche Ansätze, die positiv auf das gegenwärtige und künftige Zusammenleben in der deutschen Gesellschaft wirken könnten.

Dr. J. Christian Koecke, Konrad-Adenauer-Stiftung wies darauf hin, dass es in Zeiten einer zunehmend undifferenzierten und emotionalen Debatte über den Islam von großer Bedeutung ist, wenn die Vielfalt muslimischen Glaubens und die Ansätze zu einem modernen Denken erkennbar werden.

Reformen brauchen freiheitlich-demokratischen Kontext

Alle Referenten und Diskutanten seien sich einig gewesen, dass Reformen einen freiheitlich-demokratischen und pluralistischen Kontext brauchen. Ein Rechtsstaat wie Deutschland biete einen solchen Rahmen, der von den Muslimen genutzt werden sollte.

Zu dem Symposium luden die Evangelischen Akademie im Rheinland, das Muslimische Forum Deutschland (MFD) und die Konrad Adenauer Stiftung (Politisches Bildungsforum NRW) ein. Die Organisatoren werden die Beiträge und die Diskussion in Form eines Sammelbandes im Reformationsjahr 2017 veröffentlichen.

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