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„Eltern haben es nicht in der Hand, ob ihr Kind auch glaubt“

Bettina Wendland und Marcus Beier sind nicht nur selbst Eltern, sondern auch Redakteure der christlichen Familienzeitschrift Family. Von ihnen wollen wir wissen: Wie hat die Geburt der Kinder ihr Glaubensleben verändert? Und sind sie besorgt, ob ihre Kinder auch zum Glauben finden?

Hallo Bettina und Marcus, die Geburt eines Kindes wirft vieles im Leben der Eltern durcheinander. Was ändert sich in Bezug auf das Glaubensleben und die Beziehung mit Gott?

Bettina: Sich eine halbe Stunde mit Bibel und Kaffee hinsetzen, um Stille Zeit zu machen, wird schwierig. Veranstaltungen in der Gemeinde zu besuchen, das ist ebenfalls herausfordernd.

Marcus: Ich bin dankbarer geworden. Dankbar Kinder und Familie zu haben. Und ich habe bewusster täglich um Schutz und Bewahrung gebetet. Ich kann ein Kind nicht wirklich 24 Stunden im Blick haben.

Habt ihr das Bibellesen und Gemeinde dann einfach sein gelassen?

Bettina: Wir haben versucht, weiterhin in die Gemeinde zu gehen. Unsere Gemeinde war sehr kinderfreundlich. Da gab es einen Eltern-Kind-Raum. Da konnten die Kinder dann schreien oder spielen und wir Eltern haben den Draht zur Gemeinde nicht verloren.

Gebetszeiten fand ich schon schwierig. Selbst wenn ich Zeit hatte, weil das Kind schlief, kam dabei nicht viel rum. Ich war einfach zu müde. Gerade in den ersten Monaten, Jahren sind es eher die kleinen Gebete zwischendurch, die Kraft geben.

Marcus: Ich bekomme morgens immer die Losungen aufs Handy geschickt. Auch wenn es nur zwei Minuten sind, einfach den Vers auf sich wirken lassen oder den Tag über im Herzen bewegen. Und ich würde dazu ermutigen, Anschluss in einer Gemeinde zu finden – aber sich auch nicht mega Stress machen, wenn nichts draus wird. Selbst wenn ich mit Kind im Arm im Lobpreis sitze, kann ich Gottes Gegenwart aufsaugen.

Im Normalfall hoffen gläubige Eltern, dass ihre Kinder ebenfalls den Glauben für sich entdecken. Wie kann in den ersten Lebensjahren das Fundament dafür gelegt werden?

Bettina: Das geht gut über Rituale. Als die Kinder kleiner waren, haben wir einen Mini-Ostergarten gebastelt. Da haben wir mit Playmobilfiguren die Ostergeschichte nachgespielt. In der Adventszeit bietet sich das Spielerische auch an.

Marcus: Ja, aber auch ebenso über alltägliche Rituale wie Tisch- und Abendgebet, Lieder singen oder einen Segen sprechen. Es sollte alles natürlich in den Alltag mitreingenommen werden und nicht verkrampft. Dadurch wirkt Gott nicht als Fremdkörper, sondern lebensnah. Es ist aber keine Garantie, dass das Kind auch den Weg des Glaubens einschlägt. Das haben wir nicht in der Hand.

Der Theologe Tobias Faix und der Pädagoge Tobias Künkler haben in einem Jesus.de-Interview vom Furcht-Freiheit-Dilemma christlicher Eltern gesprochen. Einerseits wollen sie ihren Kindern die Freiheit lassen, selbst zu entscheiden. Andererseits ist da die Angst, dass das eigene Kind aufhört zu glauben. Wie ist euer Umgang mit diesem Dilemma?

Bettina: Es ist schwer. Da muss ich mich dann etwas zurücknehmen und nicht drängen, sondern das in Gottes Hand legen. Ich kann gute Bedingungen für den Glauben meines Kindes schaffen – mehr aber auch nicht.

Als unsere Kinder ins Teeniealter kamen, haben wir die Gemeinde gewechselt. In unserer alten Gemeinde gab es kaum Kinder in ihrem Alter und wir wussten, dass Gleichaltrige in der Teeniezeit total wichtig sind.

Gottesdienstbesuch: Kindern die Freiheit lassen

Wenn deine Tochter keine Lust auf Gottesdienst hat, darf sie dann zu Hause bleiben?

Bettina: Ja, aber natürlich erst ab einem Alter, wo ich sie alleine zu Hause lassen kann. Bis 14, bis der Gemeindeunterricht vorbei war, fanden wir es sinnvoll, dass die Kinder jeden Sonntag mitkommen. Danach haben wir ihnen die Freiheit gelassen.

Wie sieht dein Umgang mit dem Furcht-Freiheit-Dilemma aus, Marcus?

Marcus: Bei uns ist das noch kein Thema, weil unsere Kinder noch so klein sind. Ich bete aber, dass sie Gott persönlich erleben und annehmen. Mich ermutigt der Gedanke, dass es nicht an mir hängt. Letztlich ist Gott derjenige, der den Glauben bewirkt und schenkt.

In einem ZEIT-Interview mit dem Onlinekinderarzt Andreas Busse sagt dieser: „Mich beunruhigt, dass die Eltern zunehmend unsicherer werden. Ich lese sehr viel Angst.“ Wie war das bei euch mit der Angst bezüglich Krankheiten oder anderen Schwierigkeiten?

Bettina: Als Christen haben wir den großen Vorteil, dass wir alle Sorgen ums Kind und alle Unsicherheiten bei Gott abgeben können. Als ich Kinder bekam, wurde ich auf einmal mit Ängsten konfrontiert, die kannte ich vorher gar nicht. Die in Gottes Hand legen zu können, ist eine große Hilfe.

Eltern haben heutzutage extrem hohe Ansprüche an sich selbst und erhalten von überall Ratschläge, wie ein Kind richtig zu erziehen sei. Das sorgt für Angst und Unsicherheit. Braucht es da eine zusätzliche Familienzeitschrift wie Family, die noch mehr Druck aufbaut?

Marcus: Die Abonnentinnen und Abonnenten lesen Family ja bewusst. Man bekommt natürlich auch eine ganze Reihe ungefragter Ratschläge. Da muss man rausfiltern, was für einen relevant ist.

Deswegen kommen wir nicht um die Ecke und sagen: Hier ist der perfekte Rat. Wenn du das so machst, wird dein Leben gelingen und auf ewig am Quell der Glückseligkeit verweilen.

„Wir verstehen uns nicht als Lehrmeister des Familienlebens.“

Wir bieten Anregungen, Möglichkeiten und Erfahrungsberichte, was bei anderen funktioniert hat. Dann kann ich mir überlegen, ob das auch bei mir klappen könnte. Wir verstehen uns nicht als Lehrmeister des Familienlebens.

Ihr habt beide selbst Kinder. Wie seid ihr mit Ratschlägen von anderen und euren eigenen Ansprüchen umgegangen?

Marcus: Ich habe Family gelesen. (lacht) Mein älterer Bruder hat mir mal gesagt: „Wenn du Vater wirst, dann wird es an vielem mangeln: Schlaf, Ruhe, Ausgeglichenheit. Aber eines wird mit Sicherheit nicht fehlen: gute Ratschläge, die meist ungefragt ins Haus flattern.“ Er hat mir dazu geraten, freundlich lächelnd zu nicken, sich zu bedanken und anschließend zu überlegen, ob das relevant ist.

Meiner Mutter habe ich zum Beispiel gesagt: Ich höre mir alles an, was du zu sagen hast, aber sei mir nicht böse, wenn ich es am Ende ignoriere.

Wie war das bei dir, Bettina?

Bettina: Nachdem mein zweites Kind ein Jahr alt geworden war, bin ich in die Family-Redaktion eingestiegen. Das war richtig cool. So konnte ich mich bezahlt mit allem rund um Kindererziehung intensiv beschäftigen.

Ich habe total profitiert von der Arbeit, von unseren Autorinnen oder irgendwelchen Experten. Ich habe natürlich gefiltert und auch mal versucht, auf mein Bauchgefühl zu hören.

„Man sollte sich als Eltern jeden Abend aufs Sofa setzen und auf seine Fehler des Tages anstoßen.“

Was ich wichtig finde, ist ein Satz, den ich mal gelesen habe: Man sollte sich als Eltern jeden Abend aufs Sofa setzen und auf seine Fehler des Tages anstoßen.

Marcus: Die Erwartungshaltung an mich, alles perfekt machen zu wollen, hat dazu geführt, dass ich gerade am Anfang sehr unsicher war. Meine Tante, die im Bereich Psychotherapie unterwegs ist, meinte zu mir, dass diese Unsicherheit sich schnell auf das Kind überträgt und dazu führen kann, dass es ein großes Sicherheitsbedürfnis entwickelt. Das kann ich bei meiner großen Tochter durchaus beobachten.

Bettina: Wenn Kinder das mitbekommen oder älter sind, kann man mit ihnen auch darüber sprechen, dass Eltern Fehler machen. Kinder bekommen sonst doch total den Frust, wenn sie denken, dass Mama und Papa perfekt sind.

Ich finde es auch wichtig, sich beim Kind zu entschuldigen, wenn man die Nerven verliert. Das ist für die Kinder total die Entlastung zu sehen, dass Mama mal etwas falsch macht.

Wo seht ihr noch Luft nach oben in christlichen Familien?

Bettina: Ehrlich zu sein fällt Christen schwer. Wenn ich als Mutter Glaubenszweifel habe, sage ich das dann meinem Kind oder nicht? Einer Dreijährigen sage ich natürlich nicht, dass ich über die Theodizee-Frage nachsinne. Teenies dagegen schon eher.

Oder wenn jemand gestorben ist. Da kann man ruhig sagen: Das macht mich total fertig. Da verstehe ich jetzt auch Gott nicht, warum er das zugelassen hat. Das ist besser, als den Kindern vorzuspielen, dass Gott alles in der Hand hat. Gerade wenn die Kinder selbst anfangen zu glauben und zu zweifeln.

Marcus: Genau. Kinder nicht mit billigen Antworten abspeisen, sondern eingestehen, wenn man selbst noch am Antworten suchen ist und dann gemeinsam suchen. Kinder müssen lernen, Ratlosigkeit auszuhalten.

Bettina: Ja, es gilt, Kinder ernst zu nehmen in dem, wie sie die Welt und auch Gott wahrnehmen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Pascal Alius.

Family ist eine Zeitschrift des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört.


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1 COMMENT

  1. Angst vor Gott ist völlig falsch

    Das Kasus Knacksus dieses Textes scheint darin zu liegen, dass wir in Gott zu wenig den Erlöser dieser Welt, und damit des gesamten Kosmos – sehen, sondern mehr einen Hinrichter. Also keinen gerechten Richter, der alles wieder richtet, also in Ordnung bringt. Will sagen: Der Kern des Problems könnte sein, dass wir uns selbst und auch unseren Kindern Angst vor Gott machen. Man muss sich einfach mal auf der Zunge zergehen lassen, wieviel Milliarden Menschen seit Anbeginn der Menschheit, und die auch heute neben uns leben, als durchaus freundliche Nachbarn, und leider alle überhaupt mit Jesus und mit Gott nichts am Hut haben. Ich freue mich sehr über jede Christin und jeder Christ, auch über jedes Kind das anfängt zu glauben. Aber wenn Gott unendliche Liebe und Barmherzigkeit ist, und wie Martin Luther glaubte, schon gnädig zu uns war als wir noch nicht geboren waren, dann können wir es der Liebe Gottes überlassen was er mit uns tut, wenn wir ihn nicht finden oder ihm weggelaufen sind. Das Gleichnis vom Verlorenen Sohn ist für mich eines der wichtigsten Sinngeschichten der Bibel. Es drückt eigentlich aus, dass wir immer Kinder eines Gottes bleiben, weil wir eben um unserer selbst willen geliebt sind. Und dass Gott jeden Menschen liebt um seiner selbst willen. Dies will ja wirklich motivieren, in die Nachfolge Jesu einzutreten. Ich erinnere mich noch lebhaft an eine 16jährige Freundin meiner Jugendjahre, mit der ich sonntags am Vormittag zwei Stunden mit dem Auto durch die Gegend gefahren bin, weil wir partout nicht in die Kirche gehen wollte, zu dem sie ihre Eltern leider zwingen wollten. Aus diesem Trotz ist entstanden was sie nie wollten: Sie hat ihre diplomatischen Beziehungen zu allem Christlichen abgebrochen, obwohl sie ein liebenswerter Mensch blieb. Liebe kann man nicht erzwingen, auch nicht zu einem Gott der reine Liebe ist. Und eigentlich geht es im christlichen Glauben nicht darum irgend einen Gehorsam zu erfüllen, sondern Gott, die Mitmenschen und sich selbst zu lieben. Die Dynamik der Liebe (ist von Gott her gesehen) Selbstlosigkeit. Es ist die gleiche Selbstlosigkeit, mit der Jesus freiwillig sein Leben für uns gab. Und dieser Jesus Christus ist für alle Menschen gestorben – und nicht nur für die Frommen, zu denen ich mich allerdings rechne.

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