Freude ist kein Götterfunken, sondern ein Gottesgeschenk: Dieser Choral wurde nach Philipper 4 verfasst. Im Kontrast zum „freudigen“ Liedtext steht eine eher sachliche Melodie.
1 In dem Herren freuet euch, freut euch allewege.
Der am Kreuz den Sieg errang, der ins Reich der Himmel drang,
ist nah auf eurem Stege.
2 Mag der Feind mit Finsternis euren Schritt umhüllen,
seid nur um den Herrn geschart, dessen Heil und Gegenwart
all Stund euch kann erfüllen.
3 Kündet eure Lindigkeit allen Augen, Ohren.
Keiner bannt den Sieger mehr, Christus mit dem lichten Heer
erscheint schon vor den Toren.
4 Werft das stolze Sorgen fort, bittet Gott mit Danken.
Sieh, es leuchtet seine Gnad über eurem schmalen Pfad,
führt euch durch alle Schranken.
5 Friede höher als Vernunft, Licht von höchster Zinne,
wird dir heut und jeder Frist hüten ganz in Jesus Christ
das Herz und alle Sinne.
6 O so freu dich in dem Herrn, Kirche, allezeiten.
Musst du dulden Kreuz und Not,
Gottes Sohn hebt aus dem Tod
sein Volk in Ewigkeite
O Ewigkeit, so schöne,
mein Herz an dich gewöhne,
mein Heim ist nicht in dieser Zeit.
Kurt Müller-Osten/Christian Lahusen
Eine Ode an die Freude
Am 7. Mai 1824 – vor zweihundert Jahren – wurde Beethovens Neunte Symphonie uraufgeführt: Berühmt ist vor allem der Schluss-Chor auf einen Text von Friedrich Schiller (1785) „Freude, schöner Götterfunken“. Das Lied „In dem Herren freuet euch, freut euch allewege“ ist in den 1940er Jahren entstanden, somit einiges jünger. Aber es hat eine andere Qualität und Autorität, weil es sich den biblischen Freuden-Text aus Philipper 4 zum Vorbild genommen hat. Hier skizziert der Apostel Paulus ein Modell für einen christlichen Lebensstil. Der setzt sich deutlich ab von dem, wie man sonst so gemeinhin lebt, damals wie heute.
Oder sehen Sie Grund zur Freude, wenn rings um Sie die Welt ins Wanken kommt? Sind Sie gütig zu Ihren Mitmenschen, auch wenn die es Ihnen nicht lohnen? Sind Sie bereit, unnützes Sorgen sein zu lassen? Oder noch herausfordernder: Es fehlt Ihnen etwas, Sie bitten im Gebet Gott darum – und sagen im gleichen Atemzug schon Danke dafür, als ob Ihre Bitte augenblicklich erfüllt würde. So kann es aussehen – aber nicht als anstrengende moralische Übung, sondern als quasi natürliche Folge – wenn man begriffen hat: Dieser Christus, nach dem die Christen benannt sind, der ist seinen Leuten ganz nahe – mit seiner Kraft und mit seinem Geist. Und er erfüllt sie mit seinem alles übersteigenden Frieden!
Diese Botschaft übermittelt auch das nach Philipper 4 gedichtete Lied. Darin klingen daneben auch noch die Herausforderungen an, die Christen in ihrem Leben zu bestehen haben. Es sei daran erinnert: Der Liedtext von „In dem Herren freuet euch, freut euch allewege“ entstand 1941 und die Melodie dazu nur wenige Jahre später. Da war die Welt voller Katastrophen, Ängste und Anfeindungen. Freude – ein Götterfunken? Nein, das wohl nicht. Vielmehr muss oder darf man sagen: Freude – ein Gottesgeschenk!
Sachlichkeit in der Melodie
Kurt Müller-Osten, der den Text nach der biblischen Vorlage geschrieben hat, lebte von 1905 bis 1980. Als Sohn eines Pfarrers geboren, studierte er evangelische Theologie und wirkte an vielen Orten innerhalb der Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck als Pfarrer. Im Laufe der Zeit übernahm er auch überregionale Ämter als Propst und Prälat. Während des Zweiten Weltkrieges – also in der Zeit, in der er den gesuchten Liedtext schrieb – war er Sanitätssoldat. Seit 1934 engagierte er sich in der Bekennenden Kirche (die gegen den Einfluss des Nationalsozialismus in der Kirche kämpfte) und gehörte zur Berneuchener Bewegung, einer innerkirchlichen Erneuerungsbewegung.
Der Komponist der Melodie, wie sie sich unter anderem im Evangelischen Gesangbuch findet, ist knapp eine Generation älter (Jahrgang 1886, gestorben 1975). Dass Christian Lahusen Komponist werden würde, war ihm nicht in die Wiege gelegt. Geboren wurde er in Argentinien in eine Kaufmanns- und Unternehmerfamilie hinein; diese zog um die Jahrhundertwende zurück nach Deutschland. Der junge Mann schloss seine schulische Ausbildung ab und ging dann zum Musikstudium nach Leipzig. Aber schon nach kurzer Zeit sagte er dem Studium Ade und widmete sich auf zahlreichen Reisen seinen autodidaktischen Studien. Auf dieser Grundlage fand er seinen beruflichen Weg: als Kapellmeister und Komponist. Als solcher schuf er vorwiegend geistliche und weltliche Vokalwerke. Die Melodie des Liedes ist schlicht: Sie bewegt sich ruhig voran, unterschreitet nie den Grundton und kommt in der Höhe nur bis zur Sexte. Eine gewisse Sachlichkeit zeichnet sie aus: Sie illustriert nicht die Freude, sondern trägt dem Ernst der Lage Rechnung, in dem sich die Freude durch Christus bewähren muss, bewähren kann.
Text: Dr. Ute Zintarra
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