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Keine „Beliebigkeit“: EKD veröffentlicht Grundlagentext zu „Christlicher Glaube und religiöse Vielfalt“

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat einen Grundlagentext zum Thema „Christlicher Glaube und religiöse Vielfalt in evangelischer Perspektive“ veröffentlicht. Die Kernaussagen: „Ja“ zu Dialog und religiöser Pluralität, „nein“ zu „religiöser Beliebigkeit“.

Mit „Christlicher Glaube und religiöse Vielfalt“ hat die EKD ihre Reihe der Grundlagentexte zum Reformationsjubiläum (Rechtfertigung und Freiheit, 2014) und zur Kreuzestheologie (Für uns gestorben, 2015) fortgesetzt. Wie die anderen Schrften auch ist der Text nach Angaben der EKD als „Impuls zum Gespräch“ und zur Verständigung über die geistlichen und theologischen Grundlagen der evangelischen Kirche gedacht. Erarbeitet wurde er von der EKD-Kammer für Theologie.

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„Ein positives Verständnis religiöser Vielfalt zielt letztlich auf eine Stärkung evangelischer Identität, die sich im Dialog und nicht in der Abkapselung entwickelt“, heißt es im Text. Mit dieser Offenheit sei jedoch keine Gleichgültigkeit gemeint: „Ein achselzuckendes Hinnehmen der bunten Vielheit der Kulturen und Religionen, das in gleichsam touristischer Wahrnehmung unbekümmert auf gewohnten Wegen bleibt, vermag jedoch nicht zu überzeugen.“ Evangelisches Leben sei zwar vielfältig, aber dies dürfe nicht damit verwechselt werden, alle Glaubensstandpunkte für „beliebig“ zu erklären. Die Behauptung, „alle glaubten im Grunde doch dasselbe“ lehnen die Autoren ab. Der Versuch, der Pluralität der Religionen dadurch zu begegnen, dass man diese auf das ihnen allen Gemeinsame, sozusagen auf ihren kleinsten gemeinsamen Nenner, reduziert, sei unzureichend. „Man riskiert damit, dass alles, was als das Besondere einer Religion gilt und was den Widerspruch anderer hervorrufen könnte, als nebensächlich erscheint.“

„Die Unterschiede zwischen den Religionen werden nicht kleingeredet“, so der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm. „Christlicher Glaube respektiert die Fremdheit des anderen; zugleich ist er sich seiner eigenen Besonderheit bewusst. Er kann auf das Bekenntnis zu Christus nicht verzichten, aber es wäre falsch, daraus eine prinzipielle Abwertung anderer Religionen abzuleiten.“ Ein positives Verständnis religiöser Vielfalt werde gerade dadurch erst möglich, dass Christen leidenschaftlich für ihre Glaubensüberzeugung einstehen und die innere Freiheit spüren, anstatt Identität aus Abgrenzung zu gewinnen, betont Christoph Markschies, Vorsitzender der Kammer für Theologie der EKD. Diese Freiheit sei eine der reformatorischen Grundmerkmale.

„Die Kirche sammelt sich im Glauben unter dem Namen Christi“

Offen für das Zusammenleben mit Menschen anderer Religionen und Weltanschauungen sei die Evangelische Kirche genau in dem Maße, so die Autoren, in dem sie selbst eine bestimmte Glaubensgewissheit vertrete und Gebetshaus und Räuberhöhle, Kirchenraum und Handelsplatz zu unterscheiden wisse. „Sie ruft nicht zu Gott im Allgemeinen oder zu irgendeiner Form von Frömmigkeit („Hauptsache religiös“), sondern sammelt sich im Glauben unter dem Namen Jesu Christi, den sie in allen ihren Gottesdiensten feiert und anruft. Sie benennt damit den Grund, dem sie Freiheit und Versöhnung verdankt.“

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Die Kirche nehme dabei die häufig geäußerte Kritik, die Vorherrschaft einer einzigen Religion, der Monotheismus der einen, allein gültigen Wahrheit oder die Absolutsetzung der eigenen religiösen Überzeugung führten zu Gewalt und Unfrieden, insofern ernst, als sie den religiösen Pluralismus als Konsequenz einer freiheitlichen Rechtsordnung begreife. „Das motiviert sie aber auch, an ihrem Bekenntnis und ihrer eigenen Bindung an das, was ihr als Wahrheit einleuchtet, festzuhalten.“

Glauben Christen, Juden und Muslime an denselben Gott?

Der Darstellung des Verhältnisses zum Islam und zum Judentum nimmt im Grundlagentext breiten Raum ein. Obwohl sich alle drei Religionen auf Abraham und einen gemeinsamen Kernbestand an Geschichten bezögen, stehe Abraham im Christentum, Judentum und Islam für verschiedene religiöse Grundüberzeugungen. „Die drei monotheistischen Religionen unterscheiden sich in dem, was sie verbindet“, heißt es. Entsprechendes gelte auch für das Verständnis Gottes, das ihr monotheistisches Bekenntnis unterschiedlich präge. Nicht einmal die gemeinsame Annahme der „Einzigkeit Gottes“ sei unter den monotheistischen Religionen unstrittig. Darum bleibe die Auffassung, alle drei glaubten an denselben Gott, eine leere Abstraktion, die von allem absehe, worauf es in Judentum, Islam und Christentum konkret ankomme.

Trotzdem, oder gerade deshalb, sei der Dialog unabdingbar: „In einer Situation, in der das Zusammenleben mit Angehörigen anderer Religionen immer mehr zur Alltagserfahrung wird, bedarf es für den Umgang miteinander interreligiöser Kompetenz“, unterstreicht Martin Hauger, Referent für Theologische Grundsatzfragen im Kirchenamt der EKD. „Interreligiöse Gemeinschaft darf aber nicht zum Bruch mit der eigenen Identität oder zur Verletzung der Integrität des anderen führen.“

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„Christlicher Glaube und religiöse Vielfalt“ spricht sich für eine öffentlich verantwortete Theologie aus. Dies sei die Grundlage für Verständigungsversuche und Übersetzungen zwischen den Religionen. Die Religionsgemeinschaften seien aufgefordert, ihre Rechte im Dialog weiterzuentwickeln und sich der Auseinandersetzung in einer offenen Gesellschaft zu stellen. „Ein aufgeklärter Protestantismus versteht das christliche Bekenntnis nicht als Herrschaftsanspruch in weltanschaulichen Fragen, sondern erkennt in jeder Verabsolutierung religiöser Formeln eine Verzerrung und Entstellung der Wahrheit, die frei macht“, heißt es.

Der Grundlagentext widmet sich darüber hinaus auch praktischen Fragen wie dem Zusammenleben in einer interreligiösen Ehe, der Möglichkeit gemeinsamen Betens und der Frage, wie die Kirche ihre diakonischen Angebote weiter für Angehörige fremder Religionen öffnen kann.
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Der vollständige Grundlagentext kann hier als PDF heruntergeladen werden.

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