Von Oliver Gierens
Vor vier Jahren hat die katholische Pfarrei in Hettstedt in Sachsen-Anhalt ihr Kirchengebäude aufgegeben. Ein passender Käufer hat sich nicht gefunden. Daher probiert die Gemeinde einen anderen Weg: Kirche und Pfarrhaus sollen versteigert werden.
Auf der Internetseite der Sächsischen Grundstücksauktionen AG aus Leipzig findet sich derzeit ein nicht alltägliches Angebot. Eine «denkmalgeschützte, neogotische Kirche mit Pfarrei» auf einem rund 4.963 Quadratmeter großen Grundstück wird dort angeboten. Am 30. August soll das katholische Gotteshaus, das 2020 vom Bistum Magdeburg aufgegeben wurde, unter den Hammer kommen. Mindestgebot: 149.000 Euro. Der Zusatz «mit Pfarrei» ist dabei nicht wörtlich zu verstehen:
Die Gemeinde in Hettstedt im Landkreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt wird nicht bei der Auktion angeboten, sondern das ehemalige Pfarrhaus. Das Angebot liest sich durchaus interessant: Das Objekt befinde sich in südlicher Zentrumsrandlage, circa 800 Meter vom Markt entfernt. Der Bahnhof Hettstedt sei in circa 400 Metern zu erreichen. Versorgungseinrichtungen, Arztpraxen, Schulen und Kindertagesstätten sowie Geschäfte des täglichen Bedarfs seien in wenigen Minuten zu Fuß erreichbar.
Über 100 Jahre bot die Kirche «Unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Maria», kurz Marienkirche, mit ihren 150 Plätzen den Katholiken in der Bergbauregion eine Heimat. War das heutige Sachsen-Anhalt nach der Reformation komplett evangelisch geworden, zogen Ende des 19. Jahrhunderts katholische Bergarbeiter etwa aus Polen oder Italien in die Region, erzählt Meinolf Thorak aus der örtlichen Pfarrei St. Georg. 1892 habe man mit dem Kirchenbau begonnen. «Das Famose war, dass er damals in vier Monaten hochgezogen wurde», erzählt er im Gespräch. Das Dach sei zwar noch nicht fertig gewesen, aber den Dachstuhl habe man in so kurzer Zeit fertiggestellt.
Strukturwandel sorgt für leere Kirchenbänke
Nach der Wiedervereinigung habe dann der Strukturwandel die Region erwischt. Das Mansfeld Kombinat als größter Arbeitgeber wurde abgewickelt und aufgespalten, viele Arbeitsplätze gingen verloren.
Viele junge Menschen seien der Arbeit hinterhergezogen, erzählt Thorak. «Aus einer guten Gemeinde fehlt eine ganze Generation», berichtet der Katholik. Die Pfarrei habe in Hettstedt noch eine erheblich kleinere Kapelle, die für die verbliebene Gemeinde ausreiche. Am 19. Juli 2020 wurde die Marienkirche profaniert, also entwidmet.
Die Marienkirche sei bereits das dritte Gotteshaus, von dem sich die Pfarrei trenne. Das meiste Inventar habe die Gemeinde nach Polen gegeben; die Orgel sei ins nahe gelegene Helbra umgezogen. Doch für das Gebäude selbst habe sich kein passender Käufer gefunden. «Es gab schon viele Interessenten, aber man braucht auch eine gute Idee, etwa eine Kultur- oder Kletterkirche», sagt Thorak. Daher habe man sich entschlossen, die Kirche versteigern zu lassen. Es gebe aber Beschränkungen: So seien etwa eine Kneipe, ein Bordell oder auch eine Nutzung durch andere Religionen nicht erlaubt.
Verkauf von Kirchen keine Seltenheit
Dass eine Kirche unter den Hammer kommt, ist mittlerweile gar nicht mehr ungewöhnlich, meint Andreas Blum von der Niederlassung Leipzig der Sächsischen Grundstücksauktionen AG. «Das kommt immer mal Schwung-mäßig», sagt Blum: «In den 2000er-Jahren gab es noch das Dogma, die Kirche verkauft nicht. Irgendwann waren die wirtschaftlichen Zwänge dann doch so, dass man sich von dem einen oder anderen Objekt getrennt hat.» Da sei alles dabei, von Friedhofskapellen über Pfarrhäuschen, Gemeindehäuser bis hin zu Kirchen, sowohl evangelische als auch katholische.
Dass es in der näheren Vergangenheit eine stärkere Kontaktaufnahme wegen der Versteigerung kirchlicher Objekte gegeben habe, sieht Thomas Engel von der Westdeutschen Grundstücksauktionen AG in Köln allerdings nicht. Das Unternehmen ist Mitglied im Bundesverband deutscher Auktionatoren und hat nach eigenen Angaben schon mehrfach kirchliche Gebäude versteigert. Bei den Bietern handle es sich fast ausschließlich um Privatpersonen. Der größte Teil der Interessenten hatte laut Engel ein wohnwirtschaftliches Interesse an den architektonisch interessanten Kirchengebäuden.
An Kirchen sparen aber nicht kaputtsparen
Die Diskussion kann eigentlich nicht widerlegen, dass wirklich der Verkauf noch die Versteigerung größerer Kirchen (nur in Ausnahmefällen ) auch funktioniert. Jeder der die Praxis kennt kann ein Lied davon singen, dass jede Kirchengemeinde für die laufende Instandhaltung von Gebäuden und vorallem Kirchen Unsummen aufwenden muss. Dazu kommt, dass Kirchen häufig unter Denkmalschutz stehen und so gut wie garnichts in ihnen verändert werden darf. Eine größere Kirche ist wie eine Burg, die man selbst für 1,- € nicht übernehmen kann, wenn man nicht nach zwei Woche potentiell pleite sein will.
Schon seit den 1960er Jahren werden evangelisch keine Kirchtürme mehr gebaut, wenn überhaupt neue Kirchen entstehen. Man ist gut beraten, dabei auch bei sehr schönen Kirchengebäuden vorzusehen, dass sie heute aus Mehrzweckräumlichkeiten bestehen, ohne antike Bänke und leicht transportable Stühle. In Kaiserslautern besteht ein Dilemma, auch wie andernorts, durch das Wegbrechen vieler Kerngemeinden. Die Kirchen sind dort zudem schlecht besucht, weil der Nachkriegskirchenbau neuer Gotteshäuser ohne Vorausdenken geschah und jetzt 2-3mal mehr Kirchen als in Vorkriegszeiten bespielt werden müssen. Dies war einfach wesentlich zu kurz gedacht. Allein sogar der Küsterdienst ist finanziell Drahtseilakt.
Der schöne Innenraum einer Kirche kann aber auch Inspiration sein, die Einladung zum Inne- und Stillwerden. Ich würde da also nicht überzogen technisiert denken. Sicher steht weder das ganz normale Kirchengebäude, oder ein Dom oder Kathedrale in der Bibel, noch nicht einmal die Orgel als Königin der Instrumente. Aber wie gesagt: Viele schöne Gebäude stehen schlicht unter Denkmalschutz und sie können und müssen (immer noch gerne) unterhalten werden. Denn wunderbare Konzerte mit unterschiedlichster Musik und/oder Chöre kann man logischerweise nicht auf einen Marktplatz oder in triste Bahnhofshallen stellen. Kultur ist zwar nicht das Grundnahrungsmittel unserer Kirche, sondern das Evangelium, aber auch Kultur geschieht nicht im luftleeren Raum, sondern in vielen Chören, die manchmal für Kirchen aussergewöhnliche Programme und neue Zielgruppen ansprechen. Geöffneten Gotteshäuser sind zur Andacht auch auf evangelischem Terrain nötig. Nicht alle kulturellen Aktivitäten dürfen rigeros weggespart werden. Kultur bindet auch Zielgruppen in einer bestimmten Form auch neuer Angebote. Etwa Citykirchenarbeit, die Menschen erreicht, die auf der Ebene der Sonntagsgottesdienste so nicht angesprochen werden könnten. Oder wenn 80 Kinder und Jugendliche duch eine Singschule bzw. unterschiedliche Teilchöre erreicht werden, die potentiell die Gottesdienstgemeinde der Zukunft sind. Man sollte nicht jeden Ast absägen, auf dem man gebäudemäßig sitzen muss. Kirche als Licht der Welt könnte auch an liebloser Einsparsucht abhanden kommen, denn auf Apfensinenkisten zu sitzen und im Winter zu frieren kann – wie beim normalen Zuhause von Menschen – kann niemand emotional wirklich binden. Die schönen Vorhallen des Heils sind nicht nur Ausschmückung, sondern auch ein Wert an sich. Christlichkeit kommt nicht ohne Medium daher, sondern auch in Schönheit der Umgebung und in dem Verhalten der dortigen Menschen. Das geistliche Gebäude der Kirche durch die Menschen muss sein Sitzfleisch auch irgendwo unterbringen. Dazu sind solche Bauwerke aus Stein und Kultur allemal sinnstiftend.
Nach dem Zeugnis des Neuen Testaments ist die christliche Gemeinde das Haus Gottes.
Es gibt kein steinernes „Gotteshaus“ …
christlich hast du Recht, biblisch allerdings nicht.
Gottes Haus ist der Tempel, dessen Neuerrichtung gemäß jüdischen Glaubem eines der Zeichen/Aufgaben des Messias ist.
Zwischen christlich und biblisch ist kein Unterschied.
Der Tempel, den Jesus der Messias errichtet, ist seine Gemeinde, das Haus Gottes auf Erden.
„Das schreibe ich dir, obwohl ich hoffe, möglichst schnell zu dir zu kommen. Wenn es sich aber verzögert (habe ich es dir geschrieben), damit du weißt, wie man im Haus Gottes verfahren muss, das ist die Gemeinde des lebendigen Gottes,“ (1 Tim 3,14-15).
Natürlich darf der jüdische Glaube glauben, was er will, aber biblisch ist er dann in diesem Fall nicht.
Du hast behauptet, es gäbe kein steinernes Gotteshaus.
Nun steht auch in Deiner Bibel (und damit kann man es wohl zu recht als biblisch bezeichnen) sehr viel über die Wichtigkeit und Bedeutung des früheren Tempels als Haus Gottes.
Das entfernt ja nicht der 1. Tim. aus der Bibel, es deutet es nur für das Christentum anders.
Daher christlich richtig, biblisch falsch.
Es gab in Gestalt des Tempels ein steinernes Gotteshaus. Dieses ist zerstört, es existiert nicht mehr.
Stattdessen baut Gott das neue Gotteshaus, die Gemeinde des Messias Jesus.
So ist die biblische und christliche Botschaft.
Um dieser Gemeinde anzugehören, muss man sich zum Messias Jesus bekehren – du bist herzlich eingeladen!
Die biblisch-christlichen Dinge sind keine Theorie, sondern Realität und Praxis …
> Es gab in Gestalt des Tempels ein steinernes Gotteshaus.
Nun, zumindest darüber sind wir einig.
> Dieses ist zerstört, es existiert nicht mehr.
Und soll wieder errichtet werden
> Um dieser Gemeinde anzugehören, muss man sich zum Messias Jesus bekehren – du bist herzlich eingeladen!
Zum Christentum gehört auch meines Erachtens zwingend das Bekenntnis zu Jesus als Messias und Gott (im Sinne der Trinität). Ich bin immer wieder erstaunt, wenn ich Christen treffe, die das anders sehen. Ich finde da Deine Klarheit übrigens positiv (z.B. im Vergleich zu Bernd).
Aber für mich ist das keine Option. Ich war Christ, habe mich mit der Lehre und dem Glauben ausführlich auseinander gesetzt und bin zu dem Schluss gekommen, dass die christliche Lehre irrt. Weder glaube ich, dass Jesus Gott (im Sinne der Trinität) ist noch dass er der Messias ist.
(ich war allerdings überrascht, wie viele Christen überrascht waren, dass ich mich nicht mehr als Christ sehe. Sie sahen in der Ablehnung von Jesus als Messias und Gott da kein großes Hindernis)
Denn och bin meines Erachtens (und die zählt hier) trotz Taufe und Glauben an Gott kein Christ. Und das ist meines Erachtens auch gut so und wird so bleiben. Denn alles andere wäre ein glauben und handeln gegen meine Überzeugung.
Dennoch habe ich im richtigen Leben sehr positiven Umgang mit Christen (auch in Gemeinschaft) Wir können den anderen dort aber ohne Probleme so akzeptieren wie er/sie ist. Das ist für mich aber immer auch noch ein Lernprozess. Auch hier auf jesus.de. Ein Grund, warum ich hier bin.
Im Auktionskatalog stehen die Nutzungsbeschränkungen leider nicht drin und für die ausführliche Objektbeschreibung muss man sich registrieren.
Schade, mich hätte interessiert, ob der Nutzungsausschluss durch andere Religionen näher definiert ist. Schließt das z.b. auch Freikirchen aus?